Kuss der Sünde (German Edition)
selbst ins Rollen gebracht. Es ist doch offensichtlich, weshalb du hier bist. Du trägst eine ungewollte Frucht in dir. Das ist die richtige Umgebung für ein Mädchen, das ein Mal zu oft herumhurte.“
Die Härte in seinem Tonfall überzeugte ihn beinahe selbst. Seine Gefühlswelt versteinerte mehr und mehr. Scharfkantige Splitter schnitten durch sein Herz, seinen Verstand und sogar seinen Magen.
„Ich bin keine …!“
Olivier ließ sie nicht zu Wort kommen. In sein Lächeln legte er alle Verachtung, die er vor den Pompinelles und auch vor sich selbst empfand.
„Wenn du das Kind loswerden willst, wird Adrienne dir helfen. Wenn du es behalten willst, hat niemand etwas dagegen. Fest steht, dass du vorübergehend hierbleiben wirst, bis sie nicht mehr nach dir suchen. Denn sie werden natürlich nach dir suchen. Glaube mir, es ist ganz in deinem Sinn, wenn deine Eltern dich nicht finden. Du hast ihnen Schande bereitet und solltest ihnen nicht mehr unter die Augen kommen. Sobald Gras über die Sache gewachsen ist, helfe ich dir, Paris zu verlassen. Ich gebe dir Geld und bezahle deine Überfahrt nach England.“
„England?“, stotterte Juliette. „Aber ich will nicht nach England.“
Nein, und er hatte auch nicht vor, sie tatsächlich dorthin zu bringen. In einigen Monaten würde er sie mit dickem Bauch zu ihren Eltern zurückbringen. An einem ihrer opulenten Besuchstage, wenn sie Freunde und Bekannte in ihrem Palais empfingen, damit jeder die Schande ihrer Tochter sehen und davon sprechen konnte. Bis dahin würde Adrienne sich gut um das Mädchen kümmern. Aber um das zu verwirklichen, musste Juliette Vertrauen zu ihm fassen, sich ihm überlassen und einen Freund in ihm sehen.
Er ließ sich neben ihr auf dem Bett nieder. Berührte ihre Wange, strich von ihrer Schläfe zu ihrem Kinn. Eine täuschend liebevolle Geste, bei der die Erinnerung an Viviane in ihm aufstieg. Seine Augen begannen zu brennen.
„Dummchen, du hast kein Zuhause mehr. Es ist Zeit, dass du erwachsen wirst. Für dich beginnt ein neues Leben, und wenn du auf mich hörst, kann dir nichts zustoßen.“
Ängstlich wich sie vor seiner Berührung zurück. Da er sich jedes Wort mühsam abringen musste, zweifelte sie daran und fühlte sich bedroht.
„Weshalb bist du so gemein zu mir? Ich habe dir nichts getan.“
„Tja, das ist eine lange Geschichte. Deine Mutter könnte es dir erklären.“
„Meine Mutter? Was hat meine Mutter damit zu tun?“ Ihre Stimme versiegte. Am ganzen Körper begann sie zu zittern. „Bitte, lass mich gehen, Olivier.“
Im Augenblick machte er alles falsch und verängstigte sie, anstatt sie zu beruhigen. Es lag an seinen Aussagen und mehr noch an seiner Berührung. Seine Fingerspitzen schienen zu Eis gefroren. Er zog die Hand zurück. Viviane hatte das warme Leuchten bewusst hervorgerufen. Durch Konzentration und Willenskraft. Wenn sie es konnte, konnte er es auch. Gleichzeitig fragte er sich, was er hier machte. Was hätte sein Vater gesagt, würde er ihn jetzt vor sich sehen? Er war und blieb tot, gleichgültig, ob sein Sohn Rache nahm oder darauf verzichtete. Juliettes zunehmende Verstörung schien auf ihn überzuspringen. Langsam ließ er den Atem über seine Lippen fließen, bis er ein Prickeln in den Fingern spürte und dazu imstande war, ein Lächeln um seine Mundwinkel zu zaubern. Seine Fingerknöchel strichen über ihre Wange. „Hast du dich nicht nach einem ganz neuen Leben gesehnt? Einem Leben voller Abenteuer?“, raunte er. „Einem Leben an meiner Seite. Das hast du dir doch von Anfang an gewünscht, oder etwa nicht? Oder wünschst du etwa, Alain wäre hier? Er ist der Vater deines Kindes, aber was würde er dir einbringen? Zumal er dich geschwängert hat. Er hätte vorsichtiger sein müssen.“
„Nichts ist er wert!“, stieß sie aus. „Aber ich … ich bin eine Pompinelle. Ich verdiene etwas anderes, etwas Besseres!“
„Ganz genau“, stimmte er zu und senkte den Kopf, um in ihr Ohr zu flüstern. „Du bist eine Pompinelle und wirst das erhalten, was dir gebührt. Das verspreche ich dir.“
„Ja“, hauchte sie und schmiegte sich an ihn.
Seine Einflüsterungen hatten sie besänftigt. Widerstrebend legte er die Arme um sie, hielt sie fest und dachte an eine andere.
„Du hilfst mir doch, Olivier, nicht wahr? Du wirst mir beistehen und mich nicht im Stich lassen.“
„Sicher, ich bin ja schon dabei, dir zu helfen, Herzchen“, bestätigte er und verstärkte seine Umarmung. „Du kannst
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