Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kuss der Sünde (German Edition)

Kuss der Sünde (German Edition)

Titel: Kuss der Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
Vom Netzwerk:
Kretins warten.
    Auf die sich entfernenden Schritte lauschend zog er sich in einen Hauseingang zurück. Kurz darauf näherte sich das Trappeln der Stiefel wieder an. Das angestrengte Keuchen des Burschen drang bis zu ihm.
    Die Kirchenglocken von Paris läuteten die zweite Morgenstunde, und Olivier setzte zum Final an. Mit geballter Faust schnellte er aus seiner Deckung und schlug zu. Im Mondschein erkannte er ein erschrocken geweitetes Augenpaar, eine schmale Nase und die vollen Lippen einer Frau, auf die seine Faust zuraste.
    Es blieb keine Zeit, den Schlag abzubremsen.
    Im Reflex lenkte er ihn zur Seite, streifte ihr Kinn, hörte das Aufeinandertreffen von Zähnen und schlug in ihre Schulter. Der Hieb warf sie um. Lautlos ging sie zu Boden und traf mit dem Hinterkopf auf das Pflaster. Eine Kappe fiel in die Gosse, ein langer Zopf entrollte sich.
    Verflucht, er hatte eine Frau geschlagen!
    Hastig ging er in die Hocke und berührte ihr Kinn. Es war zu dunkel, um mehr zu sehen als eine Gestalt in schwarzer Männerkleidung und die Konturen eines blassen Gesichts.
    „Olivier?“, kam ein Wispern um die Ecke.
    „Ich bin hier, Lazare.“
    Der gedrungene Körper seines Freundes schälte sich aus der Nacht. Obwohl er Schmiere gestanden hatte, war ihm das Eindringen eines weiteren Diebes in das Palais des Kardinals entgangen. Verdutzt sah er nun auf die ohnmächtige Frau und kratzte über seine Narbe.
    „Himmel, wer ist das denn?“
    „Das ist eine Frau“, zischte Olivier. „Ein echtes Miststück von einer ausgebufften Diebin. Sie tauchte plötzlich im Palais auf und hat mir die Briefe geklaut.“
    „Die Briefe geklaut. Dir? Übrigens, du blutest am Kopf.“
    „Weil sie mich niedergeschlagen hat.“
    Lazares Auflachen erinnerte an das Bellen eines heiseren Hundes.
    „Das ist nicht lustig, Mann“, fauchte Olivier.
    „Das glaub ich dir gern“, röhrte Lazare, verschluckte sich und begann zu husten.
    Trotz des Lärms, den er veranstaltete, kam sie nicht zu sich. Behutsam betastete Olivier ihren Hinterkopf. Er fand eine Beule, doch kein Blut. „Ich brauche mehr Licht“, forderte er.
    „Seit wann trage ich ein Licht auf so einer Tour bei mir?“, konterte Lazare.
    Aus seiner Stimme war unterdrücktes Lachen herauszuhören. Mit einem Fluch suchte Olivier nach seinem Steinschlossfeuerzeug. Als er es nicht fand, hätte er am liebsten unbeherrscht aufgebrüllt. Einfach alles ging in dieser Nacht schief. Er mäßigte sich und atmete tief durch. Schließlich rühmte er sich einer eisernen, unnachahmlichen Ruhe. Jedenfalls solange ihm keine frechen Weiber in die Quere kamen.
    „Was machen wir mit ihr?“, fragte Lazare.
    „Hol die Pferde, wir nehmen sie mit.“
    Glucksend trollte sich sein Freund. Für ihn war dieses Missgeschick ein Heidenspaß. Während Olivier auf seine Rückkehr wartete, legte er die Finger an ihre Halsschlagader. Der Puls ging ruhig. Anschließend folgte er dem Verlauf ihres Halses zum Schlüsselbein, schob den Kragen zur Seite und legte ihre Haut frei. Im Mondlicht schimmerte sie wie das Innere einer Perlmuschel. Zuletzt berührte er sacht ihre Brust. Zweifelsohne eine Frau in schwarzen Kniehosen und hohen Stiefeln. Er nahm ihren Zopf auf. Kraus und weich. Er stutzte. Viviane Pompinelle war in Hosen geritten. Und sie besaß eine auffallende Körpergröße. Beinahe wie ein Mann. Aber weshalb sollte sie, die Tochter eines Höflings und Marquis, mitten in der Nacht in ein Palais einbrechen? Die Briefe waren einzig für ihn und die de La Motte von Interesse. Er richtete sich auf. Was immer sie wollte, er würde es herausfinden.
    Als Lazare mit den Pferden bei ihm ankam, hob er ihren schlaffen Körper in den Sattel und saß hinter ihr auf. Schwer sank sie gegen seinen Brustkorb. Ein warmes, kaum spürbares Gewicht.
    „Wohin mit ihr? In die alte Dachkammer?“, fragte Lazare.
    „In mein Haus.“ Abermals prüfte er ihren Puls. „Wir sollten uns eilen. Sie kann jeden Augenblick zu sich kommen, und ich habe wenig Lust, mich mit diesem widerborstigen Frauenzimmer auseinanderzusetzen, solange wir auf der Straße sind.“
    „Sag bloß, du kennst sie?“
    „Ich nehme stark an, dass ich ihr schon begegnet bin.“
     

     
    Was war es? Bestimmung, ein Naturgesetz oder schlichtweg ein dummer Zufall? Die Frage, weshalb alles, was sie in Angriff nahm, scheiterte, stellte sich Viviane nicht zum ersten Mal, doch nie hatte sie sich so hartnäckig in ihrem Hinterkopf festgesetzt und Schmerzen

Weitere Kostenlose Bücher