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Kuss der Sünde (German Edition)

Kuss der Sünde (German Edition)

Titel: Kuss der Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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Zusammenbruch seines Vaters hatte er hautnah miterlebt. Verwirrung. Zornesausbrüche. Der Verlust jeglicher Kontrolle. In betrunkenem Zustand hatte Antoine Favre wüste Drohungen ausgestoßen. Gut möglich, dass diese nicht innerhalb der eigenen vier Wände geblieben waren.
    Was darauf folgte, konnte er nur vermuten. Die Marquise hatte ihren Einfluss genutzt und zurückgeschlagen. Zuerst kamen infame Gerüchte über seinen Vater in Umlauf, dann blieben die Fechtschüler aus. Zuletzt wurde er verhaftet und in die Conciergerie verbracht. Vier Wochen im Gefängnis, und Antoine Favre brachte nur noch für eine Tat die nötige Energie auf. Er setzte sich eine Pistolenmündung zwischen die Augen und drückte ab.
    Fest rieb Olivier über seine Stirn, um die Erinnerungen an diese Zeit zu vertreiben. Nachdem er an Juliette ein Mindestmaß an Gerechtigkeit für seinen Vater geübt hatte, fiel ihm nun eine zweite Tochter dieser Intrigantin in die Hände. Er zwang ein Lächeln um seine Lippen. Eine weitere Chance, Schande über diese Familie zu bringen und den alten Namen seines Glanzes zu berauben.
     
    Im Morgengrauen schlug Viviane die Augen auf und sah ihm ins Gesicht. In Erwartung weiterer Schmähungen aus ihrem Mund erwiderte er stumm und reglos ihren Blick. Nach einer durchwachten Nacht war er exakt in der richtigen Stimmung, darauf zu erwidern.
    „Oh“, hauchte sie.
    Während ihre rosigen Lippen rund blieben und er zu einer Bemerkung ansetzte, die sie aus ihrem seligen Rauschzustand reißen würde, schob sie den Bettvorhang beiseite und setzte sich auf. Verwirrung huschte über ihre Miene, ausgelöst vom Laudanum oder ihrem Sturz auf den Hinterkopf. In ihre blauen Augen trat ein fiebriger Glanz. „Dann ist es also wahr“, murmelte sie. „Alles. Süßer Elfenprinz aus Brocéliande, wie heißt Ihr?“
    Süßer was? Sie halluzinierte, genau wie er damals, nur sah sie keine Hasen, sondern einen Elfenprinzen. Ihrer Anrede nach zu urteilen war sie davon schwer beeindruckt. Formidabel. „Ich bin Olivier Favre.“
    Kaum hatte er es gesagt, kippte sie nach vorn, landete mit dem Oberkörper auf seinen Beinen und schlang die Arme um seine Kniekehlen. Perplex starrte er auf die mokkabraune Lockenflut, die sich über seinen Schoß und die Beine ergoss. Warmer Atem drang durch den Stoff seiner Hose. Bevor er wusste, wie er darauf reagieren sollte, sprudelte es aus ihr hervor.
    „Ich habe gefehlt und lange gegen meine Natur gelebt. Das verleitete mich zu Fehlern. Vielleicht habe ich es mit dem Ausleben meiner Begabung übertrieben. Es wird nie wieder vorkommen. Jetzt weiß ich damit umzugehen. Keine Einbrüche mehr. Bitte vergebt mir diesen Fehltritt. Es war ein Missverständnis“, nuschelte sie in seinem Schoß.
    Der Griff um seine Kniekehlen verstärkte sich, als wollte sie ihm zur Not mit Gewalt seine Vergebung abringen. Da er schwieg, folgte eine Beichte ohne verständlichen Sinn. Sie sprach von Schmuckstücken, einer Schnupftabakdose, Spieldosen und Silberlöffeln und schloss mit einem goldenen Fingerhut. Obwohl sie ohne Unterlass redete, war er es, der sich atemlos fühlte. Vor allem, weil die Rundungen ihrer Brüste auf seinen Knien ruhten und er sich ihrer immer deutlicher bewusst wurde.
    Sie hob den Kopf und ließ von ihm ab. Ihr Haar fiel über ihr Gesicht, bewegte sich unter ihrem Atem. „Habe ich gefehlt? Erscheint Ihr mir deswegen?“
    Hastig legte er den Finger an ihre Lippen. In Panik starrte sie durch ihren Schleier aus Haar. Ihre Lippen bewegten sich, als wollte sie seinen Finger ertasten. „Ich …“
    „Schweigen Sie einen Moment, bitte. Es ist alles gut“, fiel er ihr gepresst ins Wort. Himmel, diese Augen. So blau wie ein Kornblumenfeld, in das er hineinstürzen wollte. In seiner Erinnerung war der Blick ihrer Mutter kalt, der ihre hingegen strahlte bar jeglichen Kalküls. Sie war vollkommen anders als die schöne Marianne.
    „Alles gut“, murmelte sie.
    Aus Panik wurde Erleichterung. Sie lächelte ihn vertrauensvoll an. Weil ihre umnebelten Sinne dich für ein Märchenwesen halten, rief er sich zur Räson.
    „Ist mir vergeben?“
    „Sicher.“ Er musste sich räuspern. „Legen Sie sich wieder hin und schlafen Sie noch ein wenig.“
    Mit einem Stoßseufzer sank sie zurück und zog die Bettdecke zu ihrem Kinn hinauf. Ein rötlicher Sonnenstrahl stahl sich durch einen Spalt der Vorhänge. Jäh schoss ihr Blick zum Fenster, von dort über die Möbel, zur Tür und schließlich zu ihm. Allmählich wurde

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