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Kuss der Sünde (German Edition)

Kuss der Sünde (German Edition)

Titel: Kuss der Sünde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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Ninon auf einen Lauchstängel ein. Sein würziger Geruch füllte die Küche und mischte sich mit dem Bratenduft der Gans im Ofen.
    „Was du mit ihr machen wirst?“, wiederholte sie bissig und strich mit dem Handrücken eine tizianrote Strähne aus ihrer Stirn. „Letztendlich wirst du sie gehen lassen müssen. Du kannst sie hier nicht ewig festsetzen.“
    „Sobald ich sie freilasse, wird sie alles ausplaudern.“
    „Tja, wenn du das verhindern willst, musst du sie umbringen. Nah genug warst du ja schon dran mit diesem verfluchten Laudanum.“
    „Herrgott, ich habe nicht vor, sie umzubringen“, zischte er zunehmend gereizt.
    „Ist das etwa ein Hauch von Gewissen? Das wäre ja völlig neu.“
    Stumm ging er über ihren Sarkasmus hinweg. Trotz aller Schandtaten hatte er noch nie einen Mord begangen oder jemals auch nur daran gedacht. Er stand auf, lehnte sich an die Hintertür und blickte in den Sonnenuntergang. Ein honigfarbenes Licht überzog das Grundstück und das Stallgebäude. Er wusste selbst, dass er Viviane gehen lassen musste, doch trotz der verfahrenen Situation konnte er sich zu diesem Schritt nicht überwinden. Sie gab ihm etliche Rätsel auf, und der mit ihr getauschte Kuss war schlichtweg … Zum Teufel, allein die Erinnerung daran raubte ihm den Schlaf. Schon mehrmals hatte er mitten in der Nacht vor ihrer Zimmertür gestanden, kurz davor, mehr von ihr zu fordern. Es glich einem Fieber. Einer süßen, gefährlichen Droge, nach der er verlangte, obwohl er wusste, was er sich damit einhandelte. Die schöne Marianne hatte seinen Vater verrückt gemacht, und ihre Tochter versuchte dasselbe bei ihm, obwohl sie überhaupt nichts tat, genau genommen.
    „Mademoiselle Pompinelle ist unschuldig“, sagte Ninon in seinem Rücken. „Ihre Familie wird gegen dich vorgehen wie einst gegen deinen Vater, und im Gegensatz zu ihm hast du jede Menge Dreck am Stecken, Olivier. Lass die Vergangenheit ruhen, ehe sie dich einholen kann.“
    Seine Zähne trafen so hart aufeinander, dass die Kiefernmuskeln schmerzten. Abrupt drehte er sich zu ihr um, leugnete seine eigenen Gedanken. „Ich bin nicht mein Vater“, presste er hervor. „Keine Frau wird mir jemals so übel mitspielen wie diese Hure von Babylon ihm mitspielte.“
    „Ho!“, rief Ninon, als gälte es, ein durchgehendes Pferd zu bändigen. „Die Hure von Babylon! Was für ein Titel für eine Frau, die sich durch nichts von anderen Damen ihres hohen Standes unterscheidet. Es war nichts weiter als eine Affäre, die verhängnisvoll für deinen Vater endete. Weder solltest du das vergessen, noch, dass dort oben nicht Marianne de Pompinelle sitzt, sondern ihre Tochter, die an dieser unseligen Geschichte keine Schuld trägt.“
    „Die Töchter dieser Frau unterscheiden sich kaum von ihrer Mutter. Sie sind von ihrem Fleisch und ihrem Blut und haben dieselbe Niedertracht schon mit der Muttermilch in sich aufgenommen“, bemühte er Ninon und vor allem sich selbst zu überzeugen.
    Ungläubig lachte Ninon auf. „Mein Lieber, in jenen Kreisen nähren die Mütter ihre Kinder nicht an der eigenen Brust.“
    Diese Antwort trieb ihn aus dem Haus und zurück zu den Ställen. Sein Wallach reagierte störrisch, als ihm Sattel und Zaumzeug angelegt wurden und er seinen Futtertrog verlassen sollte. Olivier sprang in den Sattel, bändigte das stampfende Tier und preschte in gestrecktem Galopp aus dem Hoftor. Seine drei Hunde folgten dichtauf, begeistert von diesem unerwarteten Ausflug in den Wald.
     

     
    Während Viviane hinter verschlossenen Türen schmorte, kam sie zu zwei Ergebnissen. Zum einen war eine Flucht zu gefährlich, solange bissige Hunde frei auf dem mauerumgrenzten Grundstück herumliefen. Zum anderen war das kein Hindernis, wenn es darum ging, die Zimmertür zu öffnen, die Briefe an sich zu nehmen und diese ins Feuer zu werfen.
    Nachdem sie stundenlang am Fenster gesessen und in die hohen Bäume geblickt hatte, die in großer Zahl das Grundstück bestanden, ging sie davon aus, dass alles schlief. Die goldene Uhr auf dem Kaminsims zeigte kurz nach Mitternacht an. Sogar die durch die Nacht huschenden Schatten der Hunde waren längere Zeit nicht mehr unter ihrem Fenster aufgetaucht.
    Sie schlüpfte aus den geliehenen Pantoffeln, schlich auf nackten Sohlen an die Tür und legte die Hand über das Schloss.
    Konzentration war alles.
    Unter der Handfläche spürte sie nicht allein hartes Holz, sondern nach einer Weile den Baum, aus dem es geschlagen worden war.

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