Kuss der Wölfin 03 - Die Begegnung
sie und drehte sich wieder nach vorne. Doch dann heulte der Motor des Wagens unter ihnen auf und kam direkt auf sie zu.
„Verdammte Scheiße! Ist der verrückt geworden?“, schrie Vera und legte den Rückwärtsgang ein, doch während sie noch versuchte, auszuscheren, rammte der Mercedes sie mit voller Wucht in die Seite, schob sie rückwärts und hinauf in die Autos, die hinter ihr parkten. Ohrenbetäubender Lärm explodierte in Sams Kopf. Der Airbag war aufgeknallt. Scheiben zersprangen und flogen ihm ins Gesicht. Und plötzlich war es still. Der Motor war abgesoffen, seine Mutter hing grotesk über dem Airbag. Sam schluckte.
„Mama?“
Er schnallte sich ab, versuchte nach vorne zu kommen, doch das Innere des Autos war zusammengeschoben, seine Mutter von Blech eingezwängt. Keine Antwort.
„Mama!“, schrie er. Immer und immer wieder.
Kapitel 28
Frankfurt, Herbst 2012
«Er würde sie niemals alleine nach New York gehen lassen.»
Sam grub sein Gesicht in das Kissen, er biss die Zähne zusammen, um diesen grässlichen Moment von damals loszuwerden. Es hatte sich nie aufgeklärt, wer in dem Mercedes gesessen hatte. Sam vermutete allerdings, dass es dieser Typ mit der Narbe gewesen sein musste. Die Polizei hatte ihn befragt und natürlich hatte er ihnen von seinen Beobachtungen berichtet. Natürlich hatten sie seine Aussage aufgenommen und gegen einen Mann mit einer Narbe mit ermittelt. Schließlich jedoch hatte die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Unbekannt einstellen müssen. Sein Vater sprach nicht mit ihm darüber und er zog sich emotional zurück. Sam hatte keinen Zugang mehr zu ihm. Mit niemandem konnte er sich in seiner Trauer nterhalten. Nur mit Alexa. Dieses kleine pummelige Mädchen aus seiner Klasse. Sie fragte nicht, wollte keine Erklärungen, sie hörte ihm einfach nur zu. Gemeinsam saßen sie in ihren Zimmern, durchforsteten Zeitungen nach dem Typ mit der Narbe, suchten im Internet nach Ähnlichkeiten. Sie war für ihn da. Sie erklärte ihn nicht für verrückt. Sie war immer für ihn da gewesen.
Schließlich griff er wieder zum Handy.
Sam. Bitte ruf mich an. Wir müssen nach New York. Marcus ist dort … und Jo. Bitte melde dich.
Verflucht. Er würde sie niemals alleine nach New York gehen lassen.
Kapitel 29
Frankfurt, Herbst 2012
«Nein! Das kann doch nicht wahr sein! Verflucht!»
„Wo seid ihr?“, fragte Sam durchs Telefon. Er klang aufgeregt, aber auch traurig.
„Auf dem Weg zum Flughafen. Wir nehmen die nächste Maschine nach New York.“
„Okay, wir treffen uns in Frankfurt, Terminal 1, Halle A.“
Ich legte auf, schnappte meinen Rucksack und folgte den anderen nach draußen. Sie waren mit dem Fahrstuhl bereits nach unten gefahren. Nur Adam und ich blieben vor Alexas Tür stehen. Ob es eine gute Idee war, sie mitzunehmen? Adam ließ sich nicht davon abhalten.
„Ich werde sie nicht alleine lassen“, hatte er gesagt.
„Wenn die anderen sie sehen, werden sie wissen, was passiert ist“, erwiderte ich, aber eigentlich wollte ich sie auch nicht alleine lassen. Die Zeit hatte nicht mehr ausgereicht, mit Rosa zu sprechen. Zum Glück hatten wir die wichtigsten Personen dabei, die Alexa, falls nötig, helfen konnten: Rosa und Mattis.
„Das ist mir egal.“ Adam betrat Alexas Wohnung, während ich vor der Tür wartete.
Es dauerte keine zehn Minuten, da waren sie beide abreisebereit im Treppenhaus. Alexa knuffte mich in die Seite, als sie mein besorgtes Gesicht sah.
„Jetzt guck nicht so grimmig. Hey, ich find‘s cool, jetzt können wir gemeinsam als Wölfe durch den Wald rennen.“ Verdattert starrte ich sie an.
„Okay, sorry. Tut mir leid. Komm, lass uns gehen.“ Ich lächelte sie gezwungen an.
Mit mehreren Großraumtaxis fuhren wir zum Flughafen. Vor der Abflughalle stand schon Sam. Ich rannte auf ihn zu, aber er trat einen Schritt zurück, so dass ich langsamer wurde. Er wirkte traurig und gleichzeitig distanziert. Mich plagten Gewissensbisse und ich wollte ihm einen Kuss geben, doch er drehte den Kopf weg.
„Hey. Alles okay?“, fragte ich besorgt. Sam nickte, sah mich dabei nicht an, sondern starrte über mich hinweg. Etwas hatte seine Aufmerksamkeit gefesselt - oder jemand.
„Was ist mit Alexa passiert?“, frage er, dann sah ich, wie die Erkenntnis in ihm dämmerte.
„Nein! Das kann doch nicht wahr sein! Verflucht!“, zischte er mich wütend an. „Willst du mich verarschen, Anna?“
„Kann ich was dafür? Bin ich Alexas
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