Kuss des Feuers
leisen, regelmäßigen Atemzüge und das Rascheln ihrer Röcke hören, wenn sie sich bewegte. Archer stand auf. Es war feige und selbstsüchtig, aber er brauchte sie, wie er die Luft zum Atmen brauchte.
Sie befand sich im Salon und saß mit leerem Blick vor dem Backgammonbrett. Der Anblick versetzte Archer einen Stich. Der Kerzenschein betonte die seidige Glätte ihrer Wangen und ließ ihr rötliches Haar schimmern. Einen kostbaren Moment lang konnte er nicht atmen. Alles verschwamm vor seinen Augen, und er musste blinzeln.
»Miri.«
Sie drehte sich um und erstarrte ob seines unerwarteten Auftauchens. »Ja, Archer?«
Mit einem dicken Kloß im Hals schluckte er und deutete mit dem Kopf auf das Brett. »Spielst du eine Partie mit mir?«
Miranda war sich sicher, dass er sie gewinnen ließ. Der Mann schenkte dem Spiel fast keine Aufmerksamkeit, sondern saß einfach nur schweigend da und sah sie mit grauen Augen, die hinter der schwarzen Seidenmaske glitzerten, an.
Als sie vom Brett aufblickte, stellte sie fest, dass er sie immer noch beobachtete.
»Du starrst mich an«, murmelte sie und rückte mit einem Stein vor.
»Ja. Du siehst wunderschön aus.«
Hitze stieg in ihre Wangen. Sie konnte nur dankbar sein, dass es im schwachen Kerzenschein nicht zu erkennen war. »Du hast mir einmal gesagt, es wäre dir egal, wie ich aussehe.«
Archer beugte sich auf seinem Sessel leicht vor. »Ich bin ein Mistkerl, Miri. Das weißt du. Ein unverzeihlicher Flegel.«
Sie musste lächeln. »Solange
du
das weißt, ist ja alles gut.« Ihre Stimme wollte ihr nicht recht gehorchen. Sie reichte ihm den Becher mit den Würfeln, aber er griff nicht danach. Archer rückte noch ein Stückchen näher und nahm mit seiner großen Gestalt den gesamten Raum des Spieltisches ein.
»Ich wusste, dass deine Schönheit mir die Sinne rauben würde.« Archers wohlgeformte Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Ich sehe dich an, und aus meinem Mund kommt nur noch Schwachsinn. Dein Anblick in diesem goldenen Kleid lässt meine Zehen taub werden. Ich möchte Monsieur Falle Rosen schicken, so dankbar bin ich.«
Sie lachte, und als er so unbeschwert mit in dieses Lachen einfiel, flatterte in ihrem Bauch auf einmal alles. »Siehst du?«, sagte er. »Nur noch völliger Schwachsinn.«
In seinen Augenwinkeln bildeten sich Lachfältchen, und sie musste erneut lachen. »Dann werde ich dich vor dir selber retten«, erklärte sie. »Ich bin besänftigt. Rede nicht mehr von meiner Schönheit, und erspare dir damit jede weitere Peinlichkeit.«
Sie berührte seine Hand. Das Lächeln auf seinen Lippen bröckelte und verschwand. Sein Blick ging zu ihrer Hand, die auf seiner lag, und ein Beben durchfuhr seinen Körper. Miranda riss ihre Hand weg, als hätte sie sich verbrannt.
»Archer, was ist?« Ihre Finger verkrampften sich. »Bist du krank?«, flüsterte sie, als sich seine Brust mühsam hob und senkte.
»Krank?«, würgte er plötzlich lachend hervor. Sein Blick ging zu ihren Lippen, ehe er wieder erstarrte und sein Mund zu zucken begann. Er drehte den Kopf und sah ins Feuer. »Ist Verlangen eine Krankheit?«, murmelte er, als würde er mit sich selber reden. »Wohl ja.«
»Archer«, sagte sie scharf, weil sein seltsames Verhalten sie allmählich aufbrachte. In ihrem Innern machte sich Unruhe breit, denn sie spürte den bevorstehenden Ausbruch.
Plötzlich ruckte sein Kopf hoch, als wäre ein Seil gerissen, und ihr stockte der Atem, als sie unverhüllt erkannte, was in seinem Blick lag.
»Miri.«
Ein Wort, nur ihr Name, und doch sagte ihr das alles, was sie wissen musste … über seinen Schmerz, sein Verlangen. Worum er bat. Sie erhob sich vom Tisch und wusste nicht wohin, nur dass sie sich bewegen musste.
»Wir waren beide so gut darin, auf Abstand zu bleiben, nicht wahr?«, meinte sie, als auch er sich erhob und langsam auf sie zukam. Sie wollte ihn so sehr, dass ihre Arme vor Verlangen bebten, ihn zu umfassen.
Er versuchte, ihre Wange zu berühren, doch Miranda wich aus. »Und bist du glücklich?«, fragte er leise.
Glücklich? Vielleicht. Befriedigt? Nein. Tränen brannten in ihren Augen, und sie holte stockend Luft. »Warum jetzt, Archer?«
Vor Verlangen wurde sein Mund ganz schmal, und plötzlich war seinem Gesicht jede Regung anzumerken. »Weil mir heute erst klar geworden ist, dass ich dich jeden Augenblick verlieren könnte.« Er ging einen kleinen Schritt auf sie zu. »Dass das Leben keine lange Straße ist, die sich vor mir auftut,
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