Kuss des Feuers
dass ihr Busen an seiner Brust flachgepresst wurde. »Fühl mein Herz«, forderte er sie mit belegter Stimme auf. Unter ihrer geballten Faust spürte sie das rasende Pochen. »Glaub mir, wenn ich sage, dass es nur allzu menschlich ist und genauso schwach.«
Er packte ihren Hals von hinten und zog sie so nah an sich, bis ihre Nasen sich berührten. »Du kannst glauben, was du willst.« Seine Lippen strichen über ihre, während er sprach. »Aber wenn du meinst, dieser Wahnsinn würde aufhören, wenn du hinter alle Geheimnisse kommst und den Mörder demaskierst, dann bist du eine Närrin.«
Sie schloss die Augen. Sein raues Kinn kratzte über ihre zarte Haut, und sein heißer Atem überwältigte ihre Sinne. »Dir bleibt nur eine Möglichkeit.« Seine Stimme senkte sich zu einem Flüstern, während seine Arme sie festhielten und jeden Widerstand unmöglich machten. »Und zwar deinem lügenden Blödmann von Ehegatten zuzutrauen, für deine Sicherheit zu sorgen.«
Es wäre so leicht nachzugeben, sich an ihn zu schmiegen und von ihm verhätscheln zu lassen. Ein Teil von ihr sehnte sich mit kindlicher Verzweiflung danach. Doch was wurde dann aus ihm? Sie legte den Kopf in den Nacken, um ihn wütend anzusehen. »Du kannst nicht von mir erwarten, dass …«
Er presste seine Lippen mit einer Heftigkeit auf ihren Mund, dass zartes Fleisch gegen harte Zähne gedrückt wurde. Sie wimmerte, als seine Hände ihren Kopf festhielten, sodass sie sich nicht bewegen konnte, und er einen kurzen Moment lang an ihren Lippen knabberte und saugte. Dann war sie wieder frei.
Archers Brust hob und senkte sich, während er Miranda voller Wut ansah. »Ich will dich nicht sterben sehen!«, rief er. Erschreckt stob ein Schwarm Krähen unter wildem Flügelschlag und lautem Geschrei von den nahe gelegenen Bäumen auf.
Mit fliegenden Rockschößen machte er auf dem Absatz kehrt und stapfte über den Rasen davon, wobei der gefrorene Boden unter seinen Stiefeln knirschte. Sie zuckte zusammen, als seine letzten Worte wie Kanonendonner über die Rasenfläche zu ihr dröhnten.
»Ich werde es nicht zulassen!«
27
»Mylord?«
Archer zuckte zusammen. Er hatte Gilroy nicht in die Bibliothek kommen hören. Der Mann stand nur ein Stück entfernt von seinem Schreibtisch und hielt ein silbernes Tablett in der Hand, auf dem normalerweise Briefe lagen.
»Die Post?«, fragte Archer und war überrascht, wie erschöpft seine Stimme klang, als er die Briefe entgegennahm.
Der Butler zögerte. In letzter Zeit wirkten seine Augen wässrig. Archer wandte den Blick ab. Er glaubte nicht, dass er es ertragen könnte, auch Gilroy dahinschwinden zu sehen.
»Gibt’s noch was?«
Gilroy presste die dünnen Lippen aufeinander. Ja, da war etwas, das er unbedingt sagen wollte, eindeutig. Nur jahrelange Übung hinderte den Mann daran, freiheraus zu sprechen. Gilroy richtete sich zu seiner vollen Größe auf.
»Lady Archer hat es abgelehnt, zu Abend zu essen«, erklärte er ohne den leisesten Anflug von Kritik. Wodurch Archers Verfehlung nur noch deutlicher hervorgehoben wurde. »Soll ich für eine Person decken? Oder vielleicht ein Tablett hierher bringen lassen?«
Der Klumpen in Archers Magen wurde größer. Miri wollte nicht mehr mit ihm zusammen essen. Er litt. Jeder Muskel schmerzte, das Herz tat ihm weh, und jeder Atemzug war mit Qualen verbunden.
Trotzdem entflammte sie ihn nach wie vor. Allein ihr honigsüßer Duft oder wie sie eine Augenbraue hochzog, wenn sie mit etwas, das er gesagt hatte, nicht einverstanden war, weckte sein Begehren.
Archer kratzte sich die Wange. Gilroy wartete immer noch auf eine Antwort.
»Ich stelle gerade fest, dass ich auch keinen Hunger habe. Geben Sie das Abendessen den Angestellten.«
»Sehr wohl, Mylord.«
Archer sah nicht von seinem Tisch hoch, als Gilroy den Raum verließ, sondern ging langsam seine Post durch, und sei es auch nur, um seine Hände zu beschäftigen. Bei einem dünnen Brief hielt er inne. Obwohl es Jahre her war, dass er sie das letzte Mal gesehen hatte, kannte er die Handschrift noch gut.
Fahrig und etwas unbeholfen riss er den Umschlag auf. Er wusste bereits, was er gleich lesen würde.
Es ist möglich.
Sein Blick schweifte zu dem Mondkalender auf seinem Tisch. Noch zwei Tage, bis Neumond und Wintersonnenwende zusammenfielen. Im Grunde nur noch diese Nacht und ein Tag. Mehr Zeit, um sie mit Miranda zu verbringen, blieb ihm nicht. Er hob den Kopf und lauschte gebannt. Miri. Ganz schwach konnte er ihre
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