Kuss des Feuers
amüsierten Laut von sich, sagte aber nichts mehr. Miranda musterte ihn vorsichtig aus den Augenwinkeln. Melancholie umgab ihn wie ein Schleier. »Warum kommen Sie jeden Mittwoch hierher, Archer?«
Einen Moment lang dachte sie, er hätte ihre leise Frage nicht gehört, doch dann bewegte er die Schultern mit einem stummen Seufzer. »Das habe ich schon mit meiner Mutter getan. Als kleiner Junge.« Er sah sie mit seinen grauen Augen an. »In der Kunst fand sie inneren Frieden.« Er richtete den Blick wieder auf das Portrait. »Und jetzt geht es mir genauso.«
Sie schwiegen eine Weile, dann griff er nach ihrem Ellbogen und führte sie aus der Galerie. Sein Benehmen wirkte zwar entspannt, doch sein schneller Schritt verriet seine wahre Gemütsverfassung. Nicht zum ersten Mal wünschte sie sich, sie könnte seinen Gesichtsausdruck sehen, und spürte eine mächtige Woge des Hasses gegen die feste Maske, die sein Gesicht verbarg, in sich aufsteigen. Er war so viel mehr, als er von sich zeigen wollte. Verdammt! Victoria hatte gesehen, was sich hinter der Maske verbarg. Warum durfte sie es nicht sehen?
»Wo bringen Sie mich hin?«, fragte Miranda.
»Ich dachte eigentlich, das wäre offensichtlich.«
Sie sah ihn ungeduldig an, und er zeigte mit einer kleinen Verbeugung, dass er es bemerkt hatte. »Da Sie ganz offensichtlich vor Langeweile vergehen, muss ich es mir zur Pflicht machen, Sie zu unterhalten.«
Sie öffnete den Mund, schloss ihn aber sofort wieder, als ein ausgesprochen elegantes Paar vorüberschwebte und Archer geflissentlich übersah.
Archer führte sie einen anderen Gang entlang, der sie zur zoologischen Sammlung brachte.
»Sie haben gar nicht gefragt, warum ich Ihnen gefolgt bin«, sagte sie, als sie wieder allein waren.
Sie blieben vor einer mit Käfern gefüllten Vitrine stehen. »Zu fragen würde den Anschein erwecken, als wüsste ich die Antwort nicht.« Er sah sie an. »Sie sind mir gefolgt, weil Sie das sturste, unüberlegteste und neugierigste Geschöpf sind, das mir je untergekommen ist.«
Eine eher unfeine Bemerkung kam ihr über die Lippen, und in seinen Augenwinkeln bildeten sich Fältchen. Sie wandte sich von ihm ab und musterte eine Wand voller aufgespießter Schmetterlinge.
Archers resignierter Seufzer beendete die Pattsituation zwischen ihnen. »Na gut. Dann spiele ich eben mit. Warum verfolgen Sie mich?« Trotz seiner scherzenden Art schwang leichte Verärgerung in seiner Stimme mit.
»Wegen der Morde an den beiden Peers«, sagte sie, ohne nachzudenken.
Bevor sie Archer kennengelernt hatte, wäre sie nie auf die Idee gekommen, Stille als etwas Explosives zu betrachten. Die schwarze Maske blickte sie an, und die Augen dahinter waren so ausdruckslos wie Zinn, während seine breite Brust zu Stahl zu erstarren schien. Vor Furcht schlug ihr das Herz bis zum Hals. Warum hatte sie diese Unterhaltung überhaupt angefangen? Ihre Neugier würde sie eines Tages noch umbringen.
»Sie meinen also, ich hätte etwas damit zu tun«, stellte er mit schrecklich ausdrucksloser Stimme fest.
»Nein!« Sie umklammerte den Griff ihres Sonnenschirms. »Nein. Aber alle stellen aufgrund Ihrer Erscheinung Vermutungen an, und solch eine verquere Logik ärgert mich maßlos. Schuld oder Unschuld sollte mit Beweisen untermauert werden, nicht mit Gerüchten.«
Sein Arm streifte sie, als er an ihr vorüberging. »Dann treibt Sie also Ihre unendliche Neugier dazu, meine Unschuld nachzuweisen«, sagte er über die Schulter. »Oder suchen Sie nach Beweisen, die meine Schuld belegen?«
Miranda ging schneller, um ihn wieder einzuholen. »Ich würde gern glauben, dass Sie unschuldig sind.«
»Warum? Sie wollen wohl nicht auf die Sicherheit verzichten, die Ihnen mein Vermögen gewährt?«
»
Unser
Vermögen.«
Er schnaubte verächtlich. »Dann ist es doch besser, mich hängen zu sehen und sich alles einzuverleiben, Schätzchen.«
»Um Himmels willen!« Sie klopfte mit dem Sonnenschirm auf den Boden, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. »Ich kann nicht glauben, dass Sie es waren.«
»Warum?«
»Ich habe meine Gründe.«
Ruckartig blieb er stehen und nagelte sie mit seinem Blick fest. »Und die wären?«
Sie hielt seinem Blick stand. »Ich dachte eigentlich, das wäre mein Text. Gibt es einen Grund für all diese Ausflüchte, Archer? Oder genießen Sie es einfach, mich in den Wahnsinn zu treiben?«
Kampflustig schob er das Kinn vor. »Vor meiner Frau sollte ich keine Erklärungen abgeben müssen.«
»Und ich
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