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Kuss des Feuers

Kuss des Feuers

Titel: Kuss des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Callihan
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war aschfahl. Schweißperlen bedeckten seine Wange und liefen unter der Maske heraus. Doch sein Blick war fest. »Es sind nur ganz einfache Nadelstiche.«
    »Aber ich steche dich dabei«, erwiderte sie mit schwacher Stimme.
    Seine Hand sank auf ihre. »Ich verspreche, nicht zu weinen.«
    Seine Mundwinkel zuckten, und plötzlich war sie wieder voller Selbstvertrauen. Sie unterdrückte ein Lächeln und beugte den Kopf tief über die Wunde.
    »Denk daran, in einem Neunzig-Grad-Winkel einen halben Zentimeter tief einstechen, bogenförmig hindurchführen und dann wieder im Neunzig-Grad-Winkel raus.« Er nahm erneut einen großen Schluck Laudanum.
    Sein Fleisch leistete Widerstand und gab dann plötzlich nach. Archer erstarrte, gab aber keinen Laut von sich, während sie ihre Arbeit fortsetzte. Nach dem ersten Stich wurde ihr Griff fester und die Bewegungen sicherer. Die ganze Zeit lauschte sie auf Archers flache Atemzüge.
    »Glaubst du wirklich, dass du meinen Vater ruiniert hast?«, fragte sie, während sie den Faden vorsichtig durch sein Fleisch zog. Der Muskel um die Wunde zuckte, dann verharrte er wieder regungslos.
    »Nein«, gestand er mit leiser Stimme. »Das ist eine Sünde, die ich nicht auf dem Gewissen habe.«
    Sie korrigierte ihren Griff und achtete darauf, die Wundränder nicht zu fest oder zu wenig zusammenzudrücken. Hier war sanfte Festigkeit gefordert. »Nein«, versicherte sie. »Die Sünde habe ich begangen.«
    Archer schwieg, doch Miranda spürte seinen Blick auf sich ruhen. »Ich dachte«, meinte er nach einer Weile, »Ellis hätte sein Vermögen auf dem Meer verloren.«
    »Mmm …« Die Nadel bohrte sich in das rote, nässende Fleisch und kam auf der anderen Seite wieder heraus. »Aber wenn er die Hälfte seines Vermögens nicht bereits bei einem Lagerhausbrand verloren hätte, wäre er in der Lage gewesen, den Verlust zu verschmerzen.«
    Ihre Nacken- und Schultermuskeln schmerzten. Archers durchdringender Blick war da auch keine große Hilfe.
    »Es ist passiert, als ich zehn war«, erzählte sie. Die Wunde war fast geschlossen, und es fehlten nur noch ein paar Stiche. »Ich habe mich häufig ins Lagerhaus geschlichen. Ich nannte es meine Schatztruhe.« Sie hatte den letzten Stich genäht und machte einen kleinen Knoten. Dann nahm sie einen mit Jod getränkten Bausch und tupfte die komplett Wunde ab.
    »Ich … ich habe einen Trick gezeigt, den ich einem Freund beibringen wollte …« –
sie hatte sich wie ein aufgeblasener Trottel aufgeführt
– »ich wollte kein Feuer entfachen.«
Zumindest hatte sie nicht gewollt, dass es außer Kontrolle geriet
. Ihre Hände fielen wie Bleigewichte in ihren Schoß. Unter gesenkten Wimpern sah sie Archer vorsichtig an, dessen Blick unergründlich schien.
    »Du warst erst zehn«, erklärte er. Wie immer wusste er, worum es ihr ging.
    »Jetzt weiß ich das auch.«
    Er hielt ihren Blick fest. »Gut.«
    So einfach war das. Ein kleines Wort, und die ganze Last wich von ihren Schultern. Sie überprüfte ihre Handarbeit. Es sah schrecklich aus … geschwollen und rot, mit widerlichen schwarzen Stichen, die das Gewebe verunstalteten.
    Archer hob den Kopf und reckte den Hals, um an der Nase entlang einen Blick auf die Wunde zu werfen. Ein Mundwinkel zuckte. »Gut«, sagte er mit einer Mischung aus Überraschung und Bewunderung. Er sah auf, und sein Lächeln vertiefte sich. »Sehr gut, schöne Miranda.«
    Sie machte ein bekümmertes Gesicht. »Es sieht schrecklich aus.«
    Archer ließ sich wieder zurücksinken, während sie alles wegpackte. »Das tut es am Anfang immer. Die Schwellung wird zurückgehen. Reinige die Nadel mit Alkohol«, fügte er hinzu, während er sie bei ihrem geschäftigen Treiben beobachtete.
    Ein angenehmes Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus, während sie sich um seine Gerätschaften kümmerte.
    »Ähm, du erinnerst mich an sie.«
    Als sie ihn ansah, bemerkte sie, dass er die Stirn runzelte, als hätte er das gar nicht sagen wollen.
    »An wen?«, fragte sie mit leiser Stimme. Er wirkte so verhalten, dass sie das Gefühl hatte, nur flüstern zu dürfen.
    Seine Lippen verzogen sich zu einem traurigen Lächeln. »Eine meiner Schwestern. Ich hatte vier. Wunderschöne Mädchen mit glänzendem schwarzem Haar und warmen grauen Augen. Claire war mit fast zehn die Jüngste, dann Karina, die sich mit achtzehn auf ihre Einführung in die Gesellschaft vorbereitete, Rachel, die ein Jahr zuvor ihre erste Saison mitgemacht hatte – eine wunderschöne

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