Kuss des Tigers - Eine unsterbliche Liebe
Kells.«
Nach einer Sekunde des Zögerns sagte ich: »Vielen Dank. Vielen Dank, dass du mich gerettet hast.«
Er zog mich näher an sich, und ich gestattete mir eine Minute, nur eine klitzekleine Minute, um mich an ihn zu schmiegen und seine Berührung zu genießen.
Immerhin bin ich beinahe gestorben. Nun, wo ich überlebt habe, verdiene ich wohl eine kleine Belohnung, oder etwa nicht?
Nachdem meine Minute verstrichen war, wand ich mich aus seiner Umarmung. Widerwillig ließ er mich los und ich drehte mich um und begegnete ihm mit einem nervösen Lächeln. Ich testete meine Beine aus, die stark genug waren, mich zu tragen.
Als ich glaubte, im Sterben zu liegen, wollte ich Ren offenbaren, dass ich ihn liebte, doch jetzt, da ich wusste, dass ich überlebt hatte, war es das Letzte auf der Welt, was ich getan hätte. Mein felsenfester Entschluss, ihn auf Abstand zu halten, kehrte zurück, aber die Versuchung, mich einfach seiner Umarmung hinzugeben, war stark, schrecklich stark. Ich drehte ihm den Rücken zu, straffte die Schultern und hob den Rucksack auf.
»Nun komm schon, Tiger. Wir sollten los. Ich bin fit wie ein Turnschuh«, log ich.
»Ich denke wirklich, du solltest es ruhig angehen lassen und dich noch etwas ausruhen, Kells.«
»Nein. Ich habe schon zwei Tage geschlafen. Ich bin bereit, ein paar Meilen zu wandern.«
»Zumindest solltest du warten, bis du etwas gegessen hast.«
»Wirf mir einen Müsliriegel zu und ich esse ihn unterwegs.«
»Aber Kells …«
Meine Augen verwoben sich für einen kurzen Moment mit seinen kobaltblauen, und ich sagte leise: »Ich muss hier weg.« Ich drehte mich um und begann, unsere Sachen aufzusammeln. Er saß einfach reglos da und beobachtete mich genau. Seine Blicke brannten sich in meinen Rücken. Ich wollte unbedingt von hier verschwinden. Je länger wir zusammen waren, desto mehr wankte mein Entschluss. Ich war beinahe an dem Punkt angelangt, ihn zu bitten, für immer hier mit mir zu bleiben und zwischen den Nadelbäumen und den Kappa zu leben. Bekäme ich den Tiger nicht bald zurück, könnte ich dem Mann wohl nicht mehr lange widerstehen.
Schließlich sagte er bedächtig, beinahe traurig: »Sicher. Was auch immer du willst, Kelsey.« Er stand auf, streckte sich und löschte dann das Feuer.
Ich ging zu Fanindra, die zu einem Armreif zusammengerollt war, und starrte auf sie hinab.
»Sie hat dir das Leben gerettet. Ihr Biss hat dich geheilt«, erklärte Ren.
Meine Hand glitt zu meinem Hals, wo der Kappa mich gebissen hatte. Die Haut war unversehrt, ohne eine Schramme oder Narbe. Ich ging in die Hocke. »Anscheinend hast du mich schon wieder gerettet, hm, Fanindra? Vielen Dank.« Ich hob sie auf und schob sie meinen Oberarm hoch, packte meinen Rucksack und ging dann ein paar Schritte voraus. »Kommst du, Superman?«
»Bin genau hinter dir.«
Wir betraten den Schlund der schwarzen Höhle. Ren streckte die Hand aus. Ich ignorierte sein Angebot und ging den Tunnel hinab. Er hielt mich auf und starrte eindringlich auf seine ausgestreckte Hand. Seufzend umschloss ich einige seiner Finger mit meinen.
Wir hasteten durch die Tunnel. Die anderen Rens und Kelseys wehklagten und flehten noch aggressiver als zuvor. Ich schloss die Augen und ließ mich von Ren führen. Ich keuchte auf, als die Gestalten näher kamen und versuchten, uns mit ihren geisterhaften Händen zu berühren.
Ren flüsterte: »Sie können erst Gestalt annehmen, wenn wir ihnen Aufmerksamkeit schenken.«
Wir eilten so rasch wie möglich weiter. Boshafte Schatten und vertraute Menschen beschworen uns lautstark, sie zu beachten. Mr. Kadam, Kishan, meine Eltern, meine Pflegefamilie, selbst Mr. Maurizio schrien, bettelten, heischten und befahlen.
Wir durchwanderten die Tunnel viel schneller als beim ersten Mal. Ren hielt meine Hand auch weiterhin fest umschlossen, nachdem wir wieder draußen waren, und ich versuchte sanft und unbemerkt, meine Finger aus seinen zu lösen, doch er verstärkte nur den Griff. Schließlich musste ich die Hand mit einem Ruck wegreißen, damit er sie losließ.
Schon bald erreichten wir wieder den Nadelwald. Die Gada fest schwingend, bewegte Ren sich langsam vorwärts und schlug eine Schneise, durch die ich unbeschadet hindurchgehen konnte. Die Äste misshandelten ihn schwer und zerrissen ihm das Hemd. Er warf es beiseite, und ich kam nicht umhin, erst das Muskelspiel seiner Arme und seines Rückens fasziniert zu beobachten und dann seine Schnittwunden, die sich vor meinen Augen
Weitere Kostenlose Bücher