Kuss des Tigers - Eine unsterbliche Liebe
bringen, dem großen Tiger-Schutzgebiet. Mr. Kadams denaro reicht aus, um unsere Zirkus zwei Jahre über die Wasser zu halten! Mr. Davis ist d’accordo mit mir und glaubt ebenfalls, dass der Tiger dort glücklicher ist.«
Ich blickte zu Mr. Davis, der feierlich nickte.
»Es ist abgemacht, dass wir diese Woche noch Vorstellungen geben, und dann wird der Tiger mit Mr. Kadam con l’aereo, mit dem Flugzeug, nach Indien reisen, während wir zu unserer nächsten Stadt weiterziehen. Dhiren wird diese letzte Woche noch bei uns bleiben, bis wir nächste Samstag unsere große Schlussvorstellung geben!«, beendete der Zirkusdirektor seine Ansprache und klopfte Mr. Kadam auf die Schulter.
Die beiden Männer nickten der verblüfften Menge zu, drehten sich um und verschwanden aus dem Gebäude.
Mit einem Schlag sprangen alle von den Stühlen hoch und begannen wild durcheinanderzureden. Schweigend beobachtete ich, wie sie hektisch von einer Gruppe zur anderen huschten, hin und her, und nach jedem noch so kleinen Informationsfetzen pickten. Sie redeten aufgeregt durcheinander und klopften sich gegenseitig auf den Rücken, beglückwünschten sich in lebhaftem Gemurmel, dass ihr Zirkusdasein für die nächsten zwei Jahre gesichert war.
Abgesehen von mir waren alle glücklich.
Ich saß da und hielt die Reste meines Muffins in der schlaffen Hand. Mein Mund stand immer noch offen und ich war wie festgefroren auf meinem Stuhl. Nachdem es mir endlich gelungen war, meine Fassung halbwegs wiederzugewinnen, wandte ich mich an Matt. »Was bedeutet das für deinen Vater?«
Er zuckte mit den Schultern. »Dad hat noch die Hunde und er hat sich schon immer für die Arbeit mit Ponys interessiert. Jetzt, da der Zirkus mehr Geld hat, kann Dad Mr. Maurizio vielleicht überreden, zwei zu kaufen.«
Was bedeutet das für mich? Ich war … erschüttert. Ich hatte ja gewusst, dass der Job beim Zirkus ohnehin bald enden würde, doch ich hatte diesen Gedanken erfolgreich verdrängt. Bis jetzt. Ich würde Ren wirklich vermissen. Erst in diesem Augenblick merkte ich, wie sehr. Dennoch war ich froh für ihn. Ich seufzte und ärgerte mich gleichzeitig, derart gefühlsduselig zu sein. Zur Ablenkung hielt ich mich den restlichen Tag auf Trab. Matt und ich arbeiteten den ganzen Nachmittag fleißig, und ich hatte erst nach dem Abendessen Zeit, Ren zu besuchen.
Ich hastete zu meinem Zelt, schnappte mir meine kleine Steppdecke, das Tagebuch sowie einen Roman und rannte hinüber zur Scheune. »Hallo, Ren. Ganz schön große Neuigkeiten, nicht wahr? Du kommst zurück nach Indien! Ich hoffe wirklich, dass du dort glücklich wirst. Vielleicht findest du sogar ein hübsches Tigerweibchen?«
Ein missbilligendes Knurren drang aus dem Käfig.
»Hm, ich hoffe, du weißt immer noch, wie man auf die Jagd geht und all das Zeug. Na ja, du kommst zum Glück in ein Reservat, da werden sie schon ein wachsames Auge auf dich haben, damit du nicht verhungerst.«
Ich vernahm ein Geräusch im hinteren Teil des Gebäudes und drehte mich um. Mr. Kadam war eingetreten. Ich setzte mich auf meinem Strohballen gerade hin und war ein wenig verlegen, weil er mich ertappt hatte, wie ich mit dem Tiger redete.
»Verzeihen Sie, dass ich Sie gestört habe«, sagte Mr. Kadam. Er blickte von dem Tiger zu mir, beäugte mich aufmerksam und erklärte dann: »Sie scheinen … dem Tiger zugeneigt zu sein. Liege ich mit meiner Vermutung richtig?«
»Ja«, antwortete ich sorglos. »Ich verbringe gerne Zeit mit ihm. Und Sie reisen um die Welt und retten Tiger? Das muss ein interessanter Job sein.«
Lächelnd erwiderte er: »Oh, das ist nicht meine Hauptaufgabe. Meine wahre Arbeit besteht darin, ein großes Anwesen zu verwalten. Der Tiger ist für meinen Arbeitgeber von Interesse, und er ist derjenige, der Mr. Maurizio das Angebot gemacht hat.« Er nahm einen Hocker, stellte ihn auf den Boden und setzte sich mir gegenüber, wobei er seinen hochgewachsenen Körper mit einer geschmeidigen Eleganz auf dem kleinen Schemel balancierte, die ich von einem älteren Mann nicht erwartet hätte.
»Sind Sie Inder?«, fragte ich ihn.
»Ja«, sagte er. »Ich bin in Indien geboren und habe viele Jahre meiner Kindheit dort verbracht. Der größte Teil des Landbesitzes, den ich verwalte, liegt ebenfalls dort.«
Ich hob einen Strohhalm auf und wand ihn um meinen Finger. »Warum ist Ihr Arbeitgeber an Ren interessiert?«
Seine Augen funkelten, als er dem Tiger einen raschen Blick zuwarf und dann fragte: »Sind
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