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Kuss im Morgenrot: Roman

Kuss im Morgenrot: Roman

Titel: Kuss im Morgenrot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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drang in ihre Lungen. Sie hustete und wurde gezwungen, noch einmal an der Pfeife zu ziehen. Dann sank sie zu einem schlaffen, beinahe bewusstlosen Häuflein zusammen.
    »Bring sie hinauf, William«, befahl Althea. »In ihr altes Zimmer. Und nachher schaffen wir sie rüber ins Bordell.«
    »Ja, gnä’ Frau.« William hob Catherine behutsam vom Sofa auf. »Gnä’ Frau … darf ich ihr die Handgelenke losbinden?«
    Althea zuckte mit den Schultern. »Mit eigener Kraft wird sie ganz sicher nirgendwo hingehen.«
    William trug Catherine die Treppe hinauf, setzte sie auf das kleine, modrige Bett in ihrem alten Zimmer und band ihr die Hände los. Er drapierte ihre Arme so, dass sie sich in der Körpermitte berührten, wie bei einer Leiche im Sarg. »Es tut mir leid, Miss«, murmelte er und blickte in ihre halb geöffneten, leeren Augen. »Sie ist alles, was ich habe. Ich muss tun, was sie sagt.«

Dreißigstes Kapitel
    Guy, Lord Latimer, wohnte in einem der neueren Bezirke auf der Westseite Londons mit malerischem, friedlichem Gemeindeland und einer Reihe von Häusern mit Stuckfassade, die in eine bewaldete Senke gebaut waren. Leo hatte das Haus schon bei mehr als einer Gelegenheit besucht. Aber das war Jahre her. Obwohl die Straße und das Haus sauber und ordentlich gehalten wurden, war der Ort mit abscheulichen Erinnerungen derart schmutzig, dass ihm die Elendsviertel im East End vergleichsweise wie ein Pfarrhaus vorkamen.
    Leo sprang von seinem Pferd ab, bevor es überhaupt stehen geblieben war, rannte zum Hauseingang und hämmerte mit den Fäusten gegen die Tür. All seine Gedanken verliefen in zwei parallelen Strömen. Einer konzentrierte sich darauf, Catherine zu finden, bevor man ihr irgendwelchen Schaden zufügen würde. Oder, sollte ihr schon etwas zugestoßen sein – Gott behüte! –, sie zu trösten und wiederherzustellen.
    Der andere Strom richtete sich auf das einzige Ziel, Latimer in Metzgereiabfälle zu verwandeln.
    Von Harry keine Spur. Leo war sich zwar sicher, dass er nicht weit hinter ihm sein konnte, aber er hatte nicht die Absicht, auf ihn zu warten.
    Ein verstört dreinblickender Butler öffnete die Tür, und Leo drängte sich an ihm vorbei ins Haus. »Sir …«
    »Wo ist der Hausherr?«, fragte Leo schroff.
    »Bitte entschuldigen Sie, aber er ist nicht …« Der Butler unterbrach sich mit einem erstaunten Aufschrei, als Leo ihn am Mantel packte und ihn gegen die nächstgelegene Wand schob. »Guter Gott. Sir, ich flehe Sie an …«
    »Sagen Sie mir, wo er ist.«
    »In der … der Bibliothek … aber es geht ihm nicht gut …«
    Leos Lippen kräuselten sich zu einem bösen Lächeln. »Ich habe genau die richtige Medizin für ihn.«
    Ein Lakai kam in den Flur, und der Butler begann um Hilfe zu stammeln, doch da hatte Leo ihn schon wieder losgelassen. In wenigen Sekunden hatte er die Bibliothek erreicht. Sie war dunkel und überhitzt. Ein für die Jahreszeit unangemessen großes Feuer brannte im Kamin. Latimer lümmelte in einem Sessel, das Kinn auf der Brust, eine halbleere Flasche in der Hand. Mit seinem aufgedunsenen Gesicht, das von den gelben und roten Flammen beleuchtet wurde, wirkte er wie eine verdammte Seele. Langsam richtete er den gleichgültigen Blick auf Leos scharfes Profil. An der Anstrengung, die es ihn kostete, seinen Blick zu fokussieren, erkannte Leo, dass Latimer sturzbetrunken war. So betrunken, dass er nicht mehr geradeaus schauen konnte. Es musste ihn mehrere Stunden gekostet haben, sich in diesen Zustand zu bringen.
    Die Erkenntnis erfüllte Leo mit rasender Verzweiflung. Denn das Einzige, was noch schlimmer war, als Catherine bei Latimer zu finden, war, sie nicht dort zu finden. Er sprang dem Bastard an die Kehle, umklammerte den dicken, feuchtkalten Hals und zwang ihn, aus dem Sessel aufzustehen. Die Flasche fiel zu Boden. Latimers Augen quollen hervor, und er würgte und spuckte, während er versuchte sich aus Leos Griff zu befreien.
    »Wo ist sie?«, fragte Leo und schüttelte ihn heftig. »Was hast du mit Catherine Marks gemacht?« Er lockerte den Griff gerade so weit, dass Latimer antworten konnte.
    Der Bastard hustete und keuchte und starrte ihn verwirrt an. »Du gottverdammter Wahnsinniger! Wovon zum Teufel redest du?«
    »Sie ist verschwunden.«
    »Und du glaubst, dass ich sie habe?« Latimer stieß ein ungläubiges Gelächter aus.
    »Überzeuge mich vom Gegenteil«, erwiderte Leo und umklammerte seine Kehle noch fester, »und ich lasse dich vielleicht am

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