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Kuss im Morgenrot: Roman

Kuss im Morgenrot: Roman

Titel: Kuss im Morgenrot: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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oder wen auch immer er in der Bow Street antrifft, und ihn über die jüngsten Ereignisse unterrichten. Hembrey kann schon mal jemanden zu Latimers Haus schicken. Sag Valentine, dass ein Mord in Vorbereitung ist.«
    »Leo wird Lord Latimer nicht umbringen«, versicherte Poppy mit bleichem Gesicht.
    »Wenn er es nicht macht«, erwiderte Harry mit eiskalter Gewissheit, »dann ich.«
    Catherine erwachte in einer sonderbar euphorischen Stimmung, benommen, apathisch und froh, dass der Albtraum endlich vorbei war. Doch als sie die Augen aufschlug, war der Albtraum gar nicht vorbei. Sie befand sich in einem Raum, der von einem ekelhaft süßlichen Rauch erfüllt war, und vor den Fenstern hingen schwere Vorhänge.
    Sie brauchte eine ganze Weile, um sich zu sammeln, und strengte die Augen an. Ihr Kiefer war wund, ihr Mund unerträglich trocken. Sie sehnte sich verzweifelt nach einem Schluck Wasser, einem Atemzug frischer, sauberer Luft. Die Handgelenke waren auf ihrem Rücken gefesselt. Sie befand sich halb liegend, halb sitzend auf einem Sofa, noch immer in ihrem Nachthemd. Mit der Schulter versuchte sie ein paar lose Haarsträhnen aus ihrem Gesicht zu schütteln.
    Catherine kannte diesen Raum, so verschwommen er auch war. Und sie kannte die alte, streichholzdürre und ganz in Schwarz gekleidete Frau, die neben ihr auf dem Sofa saß. Die Hände der Frau bewegten sich mit dem Feingefühl einer Insektenzange, als sie einen dünnen Lederschlauch hochhob, der mit einer Wasserpfeife verbunden war. Sie führte den Schlauch an ihre Lippen, atmete tief ein, hielt inne, und stieß dann eine Wolke weißen Rauchs aus.
    »Großmutter?«, fragte Catherine mit rauer Stimme, und ihre Zunge fühlte sich dick und pelzig an.
    Die Frau rückte näher zu ihr heran, bis sich ihr Gesicht in Catherines beschränktem Sichtfeld befand. Ein blass gepudertes Gesicht mit zinnoberroten Lippen. Ein paar harte, mit Kajal umrandete, vertraute Augen. »Sie ist tot. Das hier ist jetzt mein Haus. Mein Geschäft.«
    Althea , begriff Catherine mit dumpfem Entsetzen. Eine totenbleiche, ausgezehrte, schrumpelige Version ihrer einst so attraktiven Tante. Der Puder bedeckte ihre Haut nur oberflächlich, war noch nicht in die Tiefe der Falten vorgedrungen, die ihr Gesicht wie ein Netz überzogen. Ihr Teint erinnerte daher an eine krakelierte Glasur auf Porzellan. Tatsächlich war sie noch viel Furcht einflößender als ihre Großmutter. Und sie sah mehr als nur ein bisschen verrückt aus mit ihren hervorquellenden, glasig-blauen Augen, die an die eines Vogeljungen erinnerten.
    »William hat mir erzählt, dass er dich gesehen hat«, erklärte Althea. »Und ich habe zu ihm gesagt: ›Wir sollten sie einfangen, damit sie uns einen längst überfälligen Besuch abstattet, oder?‹ Ein bisschen Planung hat es ihn gekostet, aber er hat sich nicht dumm angestellt.« Sie starrte in eine schattige Ecke des Raumes. »Du bist ein guter Junge, William.«
    Er antwortete mit einem unverständlichen Murmeln. Oder zumindest war es für Catherine unverständlich durch den unregelmäßigen Puls, der in ihren Ohren pochte. Es war, als hätte sich das innere System ihres Körpers neu geordnet, als wären die Kanäle und Nerven nicht auf den Rest abgestimmt.
    »Könnte ich etwas Wasser bekommen?«, fragte sie heiser.
    »William, gib unserem Gast ein Glas Wasser.«
    Er gehorchte unbeholfen und schenkte ihr ein Glas Wasser ein. Dann beugte er sich über Catherine, hielt ihr das Glas an die Lippen und sah zu, wie sie vorsichtig daran nippte. Die Flüssigkeit wurde sofort von den ausgetrockneten Lippen, ihrer Mundhöhle und Kehle aufgenommen. Das Wasser schmeckte staubig, brackig, oder vielleicht war es auch nur der Geschmack in ihrem Mund.
    William zog sich zurück, und Catherine wartete schweigend, während die Tante nachdenklich ihre Wasserpfeife rauchte.
    »Mutter hat es dir nie verziehen«, sagte Althea, »dass du einfach weggerannt bist. Lord Latimer war jahrelang hinter uns her und wollte sein Geld zurück … oder dich. Aber dir ist es völlig gleichgültig, was für einen Ärger du angerichtet hast. Du hast nie auch nur einen Gedanken daran verschwendet, was du uns schuldig warst.«
    Catherine bemühte sich, den Kopf oben zu halten, aber er kippte immer wieder zur Seite weg. »Ich schuldete euch nicht meinen Körper.«
    »Du hast geglaubt, du seiest zu gut dafür. Du wolltest einen Untergang wie meinen verhindern. Du wolltest eine Alternative.« Althea hielt inne, als wartete sie

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