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Kuss mich kuss mich nicht

Kuss mich kuss mich nicht

Titel: Kuss mich kuss mich nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bird Jessica
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die Hand. »Wir sprechen uns später, Callie.«
    Damit wandte er sich wieder zum Gehen, und erst, nachdem er verschwunden war, wurde ihr klar, dass sie kaum eines Blickes von ihm gewürdigt worden war. Sie war derart in ihre Gedanken versunken, weshalb sie überrascht zusammenfuhr, als Beauvais seine Tweedjacke auszog, ihre Werkzeuge beäugte und fröhlich von ihr wissen wollte: »Was ist, fangen wir an?«
    Vier Stunden später ließ Beauvais sie wieder allein. Er hatte Callie angeboten, so lange zu bleiben, bis Jack wiederkäme, um sich das Gemälde anzusehen, aber sie hatte dankend abgelehnt. Schließlich war es ihr Projekt, und deshalb wäre es nur richtig, wenn sie selbst mit dem Besitzer des Gemäldes über dessen Zukunft sprach.
    Sie starrte auf die Arbeit, die Beauvais und sie geleistet hatten. Sie hatte Erstaunliches enthüllt.
    Im Spiegel war das winzige Porträt einer dunkelhaarigen Frau zu sehen. Der Kollege und sie waren darin übereingekommen, dass das Bild eindeutig Copley zuzuordnen war. Erstens, weil die Pinselführung ganz eindeutig seinem Stil entsprach, und zweitens, weil die bloßgelegte Farbschicht mit dem Rest der für das Porträt benutzten Ölfarben identisch war.
    Genauso interessant war es gewesen zu entdecken, dass auch die Farbe, die sie von dem Bild hatten entfernen müssen, ungefähr genauso alt wie die anderen verwendeten Farben war. Woraus man schließen konnte, dass das Spiegelbild der Frau von Copley selbst gemalt und kurz darauf zum Verschwinden gebracht worden war.
    Beauvais war hocherfreut gewesen über diesen Fund. Er freute sich wie ein Schneekönig, hatte er ihr erklärt.
    Auch Callie hatte die Entdeckung fasziniert, denn sie wusste von den Briefen und war deswegen geneigt, eine Verbindung zwischen der geheimnisvollen Frau und der Liebesaffäre zu ziehen, die in den alten Schreiben angedeutet worden war. Copley hatte das Porträt 1775 angefertigt, also vielleicht zu der Zeit, in der Nathaniel mit der wunderschönen Mrs Rowe in Verbindung gestanden hatte, kurz bevor er in die Schlacht von Concord gezogen war. Um herauszufinden, ob das Gesicht auf dem Porträt tatsächlich Mrs Rowe gehörte, bräuchte sie nur noch das Bild im Spiegel mit einem Gemälde zu vergleichen, das es von der Generalsfrau gab.
    Was die weitere Behandlung des Porträts betraf, musste sie Jack das Bild der Frau im Spiegel zeigen, damit er ihr sagte, ob sie es so lassen oder das Porträt wieder in den Zustand versetzen sollte, in dem es bisher immer gewesen war. Vielleicht lag ihm etwas daran, den tadellosen Ruf seines Ahnen zu bewahren, und dann würde Callie tun, worum er sie bat. Schließlich konnte sie sehr gut verstehen, falls jemand unter den Teppich kehren wollte, wenn von einem Familienmitglied gegen die guten Sitten verstoßen worden war. Angesichts der Opfer, die sie selbst zum Schutz des Vaters brachte, könnte sie es Jack wohl kaum verdenken, ginge er denselben Weg wie sie.
    Während sie darauf wartete, dass er wieder erschien, sah sie aus dem Fenster in den Hof. Bereits seit dem frühen Morgen hielten ständig irgendwelche Lieferwagen an der Küchentür und luden Speisen und Getränke für die abendliche Party aus. Wahrscheinlich kämen ziemlich viele Leute auf das Fest, aber all die Dinge, die den Weg in Thomas’ Küche fanden, hätten mühelos für die Beköstigung einer ganzen Armee genügt.
    Sie warf einen Blick auf ihre Uhr, trat vor die Kiste mit den letzten Dokumenten und machte sich erneut ans Werk. Sie hatte die Papiere ungefähr zur Hälfte durchgesehen, und wenn sie mit dem Sortieren fertig werden wollte, ehe sie das Haus wieder verließ, müsste sie sich ein wenig beeilen, weil die Arbeit an dem Bild beinahe beendet war.
    Es war kaum zu glauben, aber ein paar Finger von Nathaniel waren alles, was es noch zu säubern gab. Abhängig von dem, was sie mit dem Gesicht der Frau anstellen sollte, könnte sie morgen oder übermorgen bereits fertig sein. Wenn sie nichts mehr übermalen müsste, bräuchte sie nur noch eine frische Lackschicht aufzutragen, und das ginge sicherlich recht schnell.
    Sie setzte sich aufs Sofa und ging die verbliebenen Dokumente eins nach dem anderen durch. Gerade als sie eine Bürgschaft aus dem Jahre 1929 in den Händen hielt, betraten Jack und Grace das Atelier. Eilig legte sie das Schreiben beiseite und stand auf.
    »Also, was haben wir?«, fragte Jack sie brüsk.
    Er trug noch immer seine Anzughose, hatte aber das Jackett und die Krawatte abgelegt, und von dem

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