Kuss mich kuss mich nicht
nur schwer ertrug – zog sich mit dem Versprechen, pünktlich zum Beginn des Abendessens wieder da zu sein, in ihr Schlafzimmer zurück.
Jack stellte den Jaguar seiner Mutter ab, schaltete den Motor aus und starrte die Rückwand der Garage an. Plötzlich war er hundemüde, wollte aber nicht die Augen schließen, denn dann tauchten nur Szenen aus der Synagoge und vom Friedhof in seinen Gedanken auf. Er konnte sich noch so sehr bemühen, trotzdem bekam er das Bild des kleinen Sargs einfach nicht mehr aus dem Kopf.
Als er schließlich ausstieg und über den Hof zur Hintertür des Hauses ging, sah er durch das Küchenfenster Grace und Nate. Lachend kippte sein Bruder das Dressing an den Salat, und die Freundin rührte um. Während er im Dunkeln stand und zwei der Menschen sah, die er auf der Welt am meisten liebte, war er dankbar, dass er endlich zuhause war. Dankbar, dass seine Lieben nicht so hatten leiden müssen wie die Familie des kleinen Mädchens. Und die Kleine selbst. Er öffnete die Tür und runzelte die Stirn, weil er Callie nirgends sah.
»Da ist er ja!«, rief Grace, lief auf ihn zu, blieb aber plötzlich wieder stehen, als sie seinen Gipsarm sah. »Ich habe von deinem Autounfall gehört und bin nur froh, dass du in Ordnung bist.«
»Und jetzt, wo ich dich sehe, geht es mir noch besser«, gab er charmant zurück, nahm sie eilig in den Arm und gab ihr einen Kuss. Er wollte wieder einen Schritt nach hinten machen, doch sie hielt ihn an seinem gesunden Arm zurück.
»Und wie geht es dir wirklich?«, fragte sie im Flüsterton und sah ihn forschend an. »Ich habe auch von Blair und dir gehört. Es tut mir leid.«
»Danke.« Lächelnd nickte Jack in Richtung des schweigsamen Hünen, der in einer Ecke saß. »John Smith, richtig?«
»Mein Verlobter heißt Ross«, verbesserte ihn Grace.
Jack zog die Augenbrauen hoch, denn er war sowohl von dem plötzlichen Namenswechsel als auch von der Bezeichnung Verlobter überrascht.
»Aber hallo, gratuliere.« Er schüttelte dem Mann die Hand und freute sich über die Art, wie Smith den Arm um seine Freundin legte und sie an sich zog.
»He, Bruderherz, geh bitte Callie holen, ja?«, bat Nate vom Herd her. »Sie ist in ihrem Zimmer, aber in zehn Minuten steht das Essen auf dem Tisch.«
Jack stellte seine Aktentasche ab, ging in den ersten Stock, und als er bei ihr klopfte, bat sie ihn leise herein, und er betrat den Raum.
Callie saß, ein Kissen vor dem Bauch, auf ihrem großen Bett und sah ihn lächelnd an. »Ich hatte gehofft, dass du es bist.«
Während fröhliches Gelächter aus der Küche drang, machte er die Tür hinter sich zu. »Ich kann es dir nicht verdenken, dass du ein bisschen Ruhe haben wolltest. Unten ist ganz schön was los.«
Er setzte sich neben sie, und es war Balsam für seine Seele, als sie seine Hand ergriff.
»Wie war es?«, fragte sie.
»Der Gottesdienst war wunderbar, aber zugleich unglaublich traurig. Danach bin ich in das Hospiz-Zentrum gefahren und habe ihnen einen Scheck überreicht.«
»Wofür sie sicher wirklich dankbar waren.«
»Ja, das waren sie.« Er legte ihre Hand auf seinem Oberschenkel ab und strich zärtlich über ihre Haut.
Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch er schüttelte den Kopf.
»Ich habe mit Gray gesprochen.« Er spürte die plötzliche Anspannung in ihren Fingern und fuhr fort: »Langsam muss ich mich entscheiden, ob ich kandidieren will.«
»Und was wirst du tun?«
Er sah ihr in die Augen, als ob ihr das helfen würde, seine nächsten Worte besser zu verstehen.
»Weißt du, als ich heute durch das Hospiz gelaufen bin, wurde mir klar, weshalb ich kandidieren will. Ich will damit nicht sagen, dass ich eine mystische Erfahrung hatte oder so. Tatsächlich war alles furchtbar nüchtern. Am Ende habe ich mir im Büro der Leiterin die Bilanzen angesehen, und während ich die Zahlen durchgegangen bin, konnte ich deutlich sehen, was sie alles verbessern könnten, um besser dazustehen. Mir war einfach klar, was alles verändert werden müsste. Ich wusste ganz genau, wie ich ihnen helfen könnte, hätte ich die Macht dazu.«
Sie hörte ihm ruhig zu, doch ihr war deutlich anzusehen, dass ihr Herz bei seinen Worten brach.
»Meine Vision für diesen Staat nimmt allmählich Gestalt an, Callie. Von all den Möglichkeiten, die Ausgaben zu reduzieren und die Einnahmen zu erhöhen, schwirrt mir regelrecht der Kopf. Ich weiß, was verändert werden muss. Natürlich ist mir klar, dass ich nicht jedes Ziel
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