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Kuss mich kuss mich nicht

Kuss mich kuss mich nicht

Titel: Kuss mich kuss mich nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bird Jessica
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Gedränge am Büffet, schloss sich in seinem Arbeitszimmer ein, griff nach einem Zettel, der auf seinem Schreibtisch lag, und schnappte sich das Telefon.
    Die Stimme am anderen Ende der Leitung klang etwas gequält.
    »Hallo?« Es folgte ein gedämpftes Geräusch und dann: »Nein, nein, Schätzchen, Daddy ist am Telefon.«
    Es folgten lautes Heulen und das Knallen einer Tür.
    »Bryan McKay?«
    »Ja.« Der Mann stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus. »Hören Sie, ich möchte weder etwas kaufen noch …«
    »Hier spricht Jack Walker.«
    Stille und nach einem Augenblick: »Oh mein Gott. Ah … hallo, woher haben Sie meine Privatnummer? Egal, Sie haben sicher Leute, die – oh mein Gott. Was kann ich für Sie tun?«
    »Holen Sie erst mal Luft«, riet Jack und lachte, als der Arzt das wirklich tat.
    »Dr. McKay, ich werde in Ihr Unternehmen investieren. Ich werde sämtliche in den nächsten drei Jahren anfallenden Kosten, bis hin zu denen für Glühbirnen undWischmopps, übernehmen.«
    Wieder folgte Stille und danach: »Oh mein Gott – oh mein Gott »
    Jack lächelte und fühlte sich plötzlich pudelwohl.
    »Hören Sie, natürlich müssen wir noch ein paar Einzelheiten klären«, sagte er in geschäftsmäßigem Ton. »Aber ich werde nicht nur in Ihr Unternehmen investieren, sondern Ihnen helfen, den großen Durchbruch zu erzielen. Ihre Familie und ich werden in Zukunft Geschäftspartner sein.«
    Als Callie das nächste Blatt Papier aus dem Container zog, fiel es ihr aus der Hand, segelte unter die Couch, und fluchend rutschte sie auf Händen und auf Knien auf dem Fußboden herum und schob ihren Arm in die Dunkelheit.
    Schließlich fühlte sie das Papier unter ihren Fingerspitzen, zog es unter der Couch hervor, setzte sich wieder auf und strich das vergilbte, halb zerrissene Blatt vorsichtig glatt.
    Dann stockte ihr der Atem, als sie sah, wie alt der Zettel war. Vorsichtig hielt sie die beiden Seiten aneinander, auf denen die verblichene Tinte kaum noch zu erkennen war, beugte sich ins Licht und versuchte zu entziffern, was dort stand.
    Lieber Nathaniel,
erfüllt von größter Trauer muss ich Sie davon in Kenntnis setzen, dass meine geliebte Tochter Anne das Zeitliche gesegnet hat. Der Herr hat sie in seiner großen Güte am fünfzehnten September zu sich heimgeholt. Mein Leid ist grenzenlos und befällt mich sowohl des Nachts als auch im hellsten Sonnenschein. Unter ihren Dingen habe ich Ihre Briefe an sie gefunden und sende Sie Ihnen hiermit zurück. Hätte ich gewusst, was Sie beide füreinander empfinden, hätte mich der Gedanke an eine Heirat überglücklich gemacht. Ich habe sie mehr geliebt als alles andere auf Erden, hätte ihr aber gestattet, sich in Ihre Obhut zu begeben, weil ich weiß, was für ein Ehrenmann Sie sind. Dass ich Sie beinahe als Sohn hätte bezeichnen dürfen, verdoppelt meinen Verlust.
Unser Engel ist jetzt bei den anderen.
Ich verbleibe in geteiltem Leid,
Ihr J.J. Rowe
    Callie blickte über den Rand des Blatts hinweg auf das Porträt, strich vorsichtig mit den Fingerspitzen über Nathaniels Gesicht und starrte auf das Spiegelbild der jungen Frau, die von ihm geliebt und allzu früh verloren worden war.
    Am fünfzehnten September.
    Die Schlacht von Concord hatte Anfang September stattgefunden, also hatte Anne ihren Geliebten nur wenige Wochen zuvor gegen Mitternacht versetzt. Aus Angst vor der Reaktion desVaters hatte sie die letzte Chance, den von ihr geliebten Mann zu sehen, vertan. Und das völlig ohne Grund. Denn wenn stimmte, was der General Nathaniel geschrieben hatte, hätte er nichts gegen die Verbindung der beiden gehabt.
    Callie blickte in Nathaniels Augen und schüttelte mitleidig den Kopf.
    Großer Gott, was hatte er verloren aus einer Angst heraus, die völlig unnötig gewesen war.
    Wahrscheinlich wäre Anne trotzdem kurz darauf gestorben, aber vielleicht hätte er ihr auch bei ihrem Treffen einen Heiratsantrag gemacht, sie irgendwohin mitgenommen, und sie hätte sich nicht mit Typhus angesteckt.
    Und wie bitter hatte wohl Anne selber die verpasste Chance bereut? Als sie krank geworden war, war es zu spät gewesen, um Nathaniel zu informieren, weshalb ihr noch nicht einmal ein allerletztes Lebewohl vergönnt gewesen war. Ihr Vater und ihr Liebster hatten fern von ihr gekämpft, und selbst wenn sie nach Nathaniel hätte schicken lassen, hätte ihn die Nachricht aufgrund der erschwerten Kommunikationsbedingungen und der Wirren des Krieges sicher nicht mehr rechtzeitig erreicht.

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