Kuss mich kuss mich nicht
wahrscheinlich in ihr Schlafzimmer zurückgekehrt.
Jack wehrte die ausgetreckten Hände seiner Gäste ab und war bereits auf dem Weg zur Treppe, als plötzlich Gray wie aus dem Nichts vor ihm erschien.
»Wir müssen uns um diese Sache kümmern. Jetzt sofort.« Und bevor er etwas sagen konnte, fragte ihn der Freund: »Wusstest du, dass sie das machen würde?«
»Nein, verdammt, natürlich nicht.«
In diesem Augenblick klingelte Grays Handy, und er zog es aus der Tasche und blickte stirnrunzelnd auf das Display. »Wir müssen eine Presseerklärung vorbereiten, und dann müssen wir sämtliche Mitglieder des Sondierungskomitees – auch die, die heute Abend nicht hier sind – zusammenrufen. Denn die Leute, die dir geholfen haben, vor den Kopf zu stoßen ist das Letzte, was du brauchst. Keiner von ihnen hat mit dieser Ankündigung gerechnet.«
Dann ging es den Leuten wie ihm selbst.
Jack war außer sich vor Zorn. Einzig, weil seine Mutter einen übertriebenen Geltungsdrang besaß, hatte er auf einmal diesen Mist am Hals. Aber er wollte sich nicht um diese Sache kümmern, sondern musste Callie finden, die ihm wichtiger als alles andere war.
Als die Menge nach den Worten von Jacks Mutter in Begeisterungsstürme ausgebrochen war, hatte Callie unglücklich die Augen zugeklappt.
»Ich kann es einfach nicht glauben«, hatte Grace gerufen. »Wie aufregend!«
Callie hatte ein gezwungenes Lächeln aufgesetzt. »Er will tatsächlich kandidieren.«
Und zwar so sehr, dass er noch nicht mal ihre Antwort abgewartet hatte, hatte sie gedacht.
Sie hatte Gray in einer Ecke stehen sehen. Er hatte sein Handy aus der Tasche seines Jacketts gezogen und eilig eine Nummer eingetippt.
Eins hatte sie Jack und seinem Kumpel lassen müssen. Es war ein brillanter Schachzug der beiden gewesen, Mrs Walker die Kandidatur ankündigen zu lassen, während sie unter einem Porträt ihres verstorbenen Mannes stand. Perfekt kalkulierte Spontaneität, durch die den Leuten seine Herkunft und die Dienste, die seine Familie dem Staat und dem gesamten Land bereits erwiesen hatte, in Erinnerung gerufen worden waren. Und die Erklärung auf einer privaten Party ohne Journalisten abzugeben war ebenfalls ideal. Denn auch wenn keine Reporter in der Nähe waren, würde sich die Nachricht dank der vielen Handys umgehend herumsprechen, und dann wären die Reporter gezwungen, sich an Jack zu wenden, um Einzelheiten zu erfahren, und böten ihm auf diese Weise die Gelegenheit, großmütig Interviews zu gewähren und wie der große Gönner dazustehen. Eine wirklich perfekte Strategie.
Ein wirklich gelungener Coup.
Als Jack lächelnd die Hände über seinen Kopf gehoben hatte, hatte sie sich abgewandt. Sie hatte kein Interesse mehr daran gehabt, ihm zuzuhören.
Sie konnte einfach nicht glauben, dass er nicht bis zum nächsten Tag gewartet hatte. Er hatte es ihr versprochen, aber jetzt war es vorbei. Er würde kandidieren. Und hatte sie dadurch aus seinem Leben verbannt.
Sie hatte mit halbem Ohr gehört, wie die Leute gehorsam verstummt waren, wie Jack mit tiefer Stimme zu ihnen gesprochen hatte und erneut tosender Applaus ausgebrochen war.
»Callie?«, hatte Grace über den Lärm hinweg geschrien.
Sie war aus ihrer Trance erwacht. »Ja?«
»Wollen wir jetzt nach oben gehen und miteinander reden?«
Das war nicht mehr nötig, hatte sie gedacht. Oder zumindest hatte sich das Thema erledigt, um das es ihr ursprünglich gegangen war.
»Ich wollte dir nur zeigen, was ich gefunden habe«, hatte sie deshalb gesagt.
»Etwa noch einen Brief?«
» Den Brief, der das Rätsel löst.«
Dann war sie der Halbschwester in deren Schlafzimmer gefolgt, und jetzt saß sie auf einer chintzbezogenen Chaiselongue, streifte ihre Schuhe ab, zog ihre Beine unter sich und reichte Grace den Brief.
Sie war bereit gewesen, es zu wagen, dachte sie. Jack alles zu erzählen und ihn dann zu bitten, einen Weg zu finden, damit sie zusammenbleiben könnten. Und obwohl es Grace nicht recht gewesen wäre, wenn Jack von ihrer Vergangenheit erführe, hätte das keine Rolle mehr für sie gespielt. Sie hatte ihm auf jeden Fall die Wahrheit sagen wollen, denn er war ihr wichtiger als die fortgesetzte Wahrung des Geheimnisses, das ihre Abstammung umgab. Und auch wichtiger als die kleine Familie, die ihr nach dem Tod der Eltern noch geblieben war.
Nur war es jetzt zu spät. Oder vielleicht hatte er es auch nie wirklich ernst damit gemeint, nicht zu kandidieren, wenn ihm Callie gegenüber völlig
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