Kuss mich kuss mich nicht
ehrlich war.
»Das ist einfach unglaublich.« Grace hatte den Brief studiert und sah sie wieder an. »Wir haben tatsächlich recht gehabt.«
Callie blickte auf das Blatt. » Du hast recht gehabt.«
»Hast du den Brief schon Jack gezeigt?«
Sie schüttelte den Kopf. »Damit werde ich bis morgen warten. Er hat jetzt auch so schon alle Hände voll zu tun.«
»Das hat er auf jeden Fall.« Grace legte das Schreiben auf den Tisch neben dem Bett. »Wie viel Arbeit hast du noch mit dem Porträt?«
»Die Reinigung habe ich heute Nachmittag abgeschlossen. Jetzt brauche ich nur noch eine frische Lackschicht aufzutragen, und dann ist mein Werk vollbracht.«
Grace setzte sich ans Fußende der Chaiselongue und betastete die schweren Diamantohrringe, die sie trug. »Und wie wird es dann für dich weitergehen?«
Callie lachte leise auf. »Dann kehre ich wieder nach New York zurück.«
In diesem Augenblick wurde die Tür geöffnet, Ross betrat den Raum und riss sich die Krawatte ab, als wäre ihm das Ding verhasst. Dann blieb er plötzlich wieder stehen, als er Callie sah.
»Störe ich?«
Callie stand auf und nahm den Brief vom Tisch. »Ganz im Gegenteil. Ich sollte langsam gehen, schließlich ist es schon ganz schön spät. Wann reist ihr beide morgen ab?«
Grace brachte sie noch bis zur Tür. »Gleich nach dem Frühstück.«
»Dann sehen wir uns morgen früh. Gute Nacht, Grace. Nacht, Ross.«
Morgen würde sie Jack das Schreiben zeigen, das Porträt lackieren und dann wäre es vorbei, ging es ihr auf dem Weg in Richtung ihres eigenen Zimmers durch den Kopf.
Doch zu ihrer Überraschung freute sie sich richtiggehend darauf, bald wieder in New York zu sein. Obwohl sie dort bescheiden hauste, gehörten in der kleinen Wohnung dort sämtliche Dinge ihr. Und auch wenn sie keine Ahnung hatte, wie es in New York für sie beruflich weitergehen sollte, täten sich ihr sicher irgendwelche Möglichkeiten auf.
Sie zog die Tür hinter sich zu und drehte nach kurzem Zögern den Schlüssel im Schloss herum.
Denn sie hatte das Gefühl, dass Jack noch zu ihr käme, aber sie hatte einfach nicht die Energie für ein Gespräch mit ihm. Sie wollte nur noch ihre Ruhe haben.
Und die fände sie ganz sicher nicht, solange er ein Teil von ihrem Leben war.
24
E s war zwei Uhr nachts, bis Jack endlich aus seinem Arbeitszimmer kam. Mitglieder des Sondierungskomitees und Gray hatten eine Kommandozentrale aus dem Raum gemacht und Stunden an den dortigen Telefonen zugebracht. Journalisten, Senatoren und Geschäftspartner von Jack – sie alle hatten angerufen, um zu fragen, ob er sich tatsächlich um das Amt des Gouverneurs bewerben würde, und er hatte schon vor Mitternacht acht Interviews gegeben.
Auch wenn es bisher kaum etwas zu sagen gab.
Entgegen den Wünschen aller anderen im Raum hatte er weiterhin darauf bestanden, keine konkrete Erklärung abzugeben. Sogar Gray hatte ihm hitzig widersprochen und erklärt, sie nutzten die Gelegenheit besser nach Kräften aus.
Doch er hatte sich geweigert, die Ankündigung seiner Mutter zu bestätigen, solange er nicht mit Callie gesprochen hätte. Denn selbst wenn es nicht einfach würde, wäre es für einen Rückzieher noch nicht zu spät, und schließlich hoffte er noch immer, sie würde sich ihm morgen anvertrauen. Auch wenn diese Chance durch das Verhalten seiner Mutter nicht wirklich vergrößert worden war.
Er bedankte sich bei Gray und den beiden Beratern, die noch nicht heimgefahren waren, und ging in den ersten Stock.
Auf dem Weg den Flur hinab dachte er, er hätte wissen müssen, dass Mercedes ein solches Manöver zuzutrauen war. Weil eine Frau, die es geschafft hatte, ihre gesamte Identität zu wechseln und ihre Familie – Mutter, Vater, Schwestern, Brüder – zu verlassen, ohne sich auch nur noch einmal umzudrehen, einfach zu allem fähig war.
Und sie hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, wie viel ihr an einem Sohn im höchsten Amt des Staates lag.
Nun, gleich morgen früh würde er ihr die Quittung für ihr selbstherrliches Vorgehen präsentieren, dachte er erbost.
Vor der Tür von Callies Zimmer blieb er stehen und bereitete sich innerlich darauf vor, was möglicherweise gleich geschah. Er klopfte leise an, und als sie keine Antwort gab, versuchte er, den Knauf zu drehen. Doch der gab nicht nach.
Unfähig zu verstehen, was das bedeutete, zerrte er fluchend an dem Messingknopf.
Zog dann aber langsam seine Hand zurück.
Er konnte es nicht glauben. Callie hatte ihn
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