Kuss mich kuss mich nicht
ihren Koffer und die Kiste langsam ab. Angesichts der Freude in ihrem Gesicht schwoll ihm vor lauter Glück die Brust, weil es ihm endlich gelungen war, etwas zu tun, damit sie glücklich war.
Der Raum war dunkelrot und goldfarben dekoriert. In der Mitte stand ein riesengroßes Himmelbett im Jakobinischen Stil, das von seiner Ururgroßmutter auf einer englischen Burg erstanden worden war. Der aus rötlichem Marmor gehauene Kamin war mit frischem Feuerholz bestückt, und über seinem Sims hatte man ein Gemälde der Madonna mit dem Jesuskind aus dem sechzehnten Jahrhundert aufgehängt. Das prachtvollste Detail jedoch war das wunderbare Buntglasfenster, durch das man hinunter in den Garten sah. Auf der von dicken roten Seidenvorhängen gerahmten eingebauten Bank unter dem Fenster luden weiche Kissen in allen Größen und Formen zum gemütlichen Verweilen ein.
»Meine Güte«, hauchte sie, ging vom Kamin zum Fenster und von dort weiter zum Bett, wo sie ehrfürchtig mit ihren Fingern über die Teaksäulen und die dicken samtenen Quasten strich. »Was für ein prachtvoller Raum.«
Während ihre Hände den kostbaren Stoff liebkosten, prägte Jack sich ihr Gesicht beim Anblick seines Lieblingsraumes ein.
»Rot steht Ihnen«, murmelte er.
Sie trat wieder vor den Kamin, betrachtete das Bild und riss die Augen auf. »Ist das etwa ein Caravaggio?«
Er nickte. »Wie finden Sie ihn?«
Sie schwieg einen Moment, aber als sie etwas sagte, dachte Jack mit einem vergnügten Lächeln, dass sie mit derselben Souveränität über Gemälde sprach wie er selber über Mezzanine-Kapital und Zinssätze.
»Es ist einfach wunderbar, eindeutig aus seiner besten Phase. Aber wie konnten Sie ihn nur an diese Wand hängen? Wird der Kamin jemals benutzt?«
»Nein. Ich habe ihn versiegeln lassen.«
»Gut. Weil nämlich wiederholte radikale Temperaturveränderungen der Tod jedes Ölgemäldes sind.« Sie lenkte ihren Blick von dem Bild auf ihn. »Sie sollten es konservieren lassen. Wann wurde es zum letzten Mal gereinigt?«
»Meine Urgroßmutter hat das Bild in den Neunzehnhundertzwanzigern in Italien gekauft. Ich wüsste nicht, dass seither etwas daran gemacht worden wäre.«
Sie stieß ein missbilligendes Knurren aus und sah sich das Werk genauer an. Sie war total darin versunken und hielt praktisch den Atem an. Wahrscheinlich könnte in diesem Augenblick sogar eine Stinkbombe im Raum gezündet werden, und sie nähme es gar nicht wahr.
Die Frau war regelrecht fantastisch, dachte er.
»Also, Callie, vielleicht sollten wir zusammen durch das ganze Haus gehen, damit Sie mir sagen können, was noch alles aufVordermann gebracht werden muss.«
»Gern.« Als sie zum Fenster ging, um durch die kleinen durchsichtigen Scheiben links und rechts des Buntglases zu sehen, lief ihr Artie wie ein Bewacher hinterher, stellte seine beiden Vorderpfoten auf den Kissen ab, reckte seinen Kopf und war, als er auf den Hinterbeinen stand, fast so groß wie sie. Geistesabwesend schlang sie den Arm um seinen Hals und tätschelte sein zotteliges Fell.
Jack starrte die beiden an und wusste, er sollte gehen. Weil der Anblick, den die beiden boten, viel zu reizvoll war.
»Die Ankunft des Porträts hat sich verzögert«, meinte er. »Aber bevor es morgen kommt, kann ich Ihnen das Atelier über der Garage zeigen, wenn Sie wollen«, schlug er vor.
Sie blickte über ihre Schulter. »Gern.«
»Das Badezimmer ist gleich nebenan.« Er wies auf eine holzverkleidete Tür. »Und ich bin direkt gegenüber, falls Sie irgendetwas wollen.«
Sie blickte eilig fort und richtete sich auf. Wieder einmal hatte er den Eindruck, als würde sie warten, bis das Haus in Flammen stand und sie kein Wasser mehr hätte, bevor sie zu ihm kam.
Was müsste er tun, um sie zu öffnen?, überlegte er.
»Brauchen Sie jetzt noch irgendwas?« Als sie mit einem Kopfschütteln verneinte, knöpfte er seine Jacke auf und lockerte seinen Schlips. »Hören Sie, es tut mir leid, dass ich nicht hier war, als Sie angekommen sind.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Kein Problem.«
»Meine Mutter …«
»Ist eine reizende Person.« Bei diesem Satz zog sie herausfordernd die Augenbrauen hoch. Es war offensichtlich, dass sie sich jede Beschwerde verkneifen würde, und dafür bewunderte er sie.
Aber solange sie sein Gast war, ginge niemand respektlos mit ihr um.
»Falls Sie Probleme mit ihr haben, geben Sie mir einfach Bescheid.«
»Weshalb sollte das nötig sein?«, fragte sie in ruhigem Ton.
Ob sie
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