Kuss mich kuss mich nicht
war.
Und vielleicht hatte ihr Vater in dem winzigen Apartment das Gelächter, die Gefühle und die Leidenschaft gefunden, die ihm in dem Herrenhaus, in dem er offiziell daheim gewesen war, nicht vergönnt gewesen waren.
Callie schüttelte den Kopf. Sie würde es nie erfahren. Vielleicht hatte er all diese Dinge auch in Graces Haus gehabt.
Artie stieß sie mit dem Kopf an, aber als sie anfing, ihn zu kraulen, sah er bedeutsam in Richtung des Picknickkorbs.
»Genau.« Sie richtete sich wieder auf, öffnete den Korb, warf dem treuen Vierbeiner ein Stück gebratenes Hähnchen hin und begann selbst mit dem Salat. Vielleicht sollte sie erst mal eine Pause machen, überlegte sie. Vielleicht sollte sie etwas spazieren gehen.
Dann aber fielen ihr die Dokumente in der Abstellkammer ein, und als sie mit dem Essen fertig war, zerrte sie die oberste Kiste aus dem Regal, schleppte sie zur Couch und klappte den Deckel auf. Es hätte keinen Sinn zu leugnen, dass sie in Gedanken bei dem Abendessen war, aber das Sortieren von Papieren bekäme sie wahrscheinlich trotzdem hin.
Mit dem kostbaren Gemälde und mit Chemikalien hingegen hantierte sie am besten erst mal nicht.
12
A bends starrte Callie in den Badezimmerspiegel und spielte mit ihren roten Strähnen. Waren sie hübscher offen oder hochgesteckt?
Sie ließ sie über ihre Schultern fallen und sagte sich, es sollte ganz egal sein, wie sie ihre Haare trug.
Zwei Minuten später schob sie ihre Haarpracht abermals auf ihren Kopf. Sie konnte sich nicht helfen, es ging ihr um ihren Stolz. Sie wollte Jack entgegentreten und dabei möglichst gefasst, kultiviert und elegant aussehen.
Nur war das in ihrem Outfit alles andere als leicht. Sie hatte sich für einen schwarzen Rock entschieden, der ihr weich über die Knie fiel, eine unscheinbare weiße Bluse sowie einen schwarzen Pulli, der um ihre Schultern lag. Auch die schwarze Strumpfhose und die Schuhe sahen total langweilig aus. Als sie sich im Spiegel sah, erkannte sie, ohne ihre roten Haare hätte sie praktisch wie eine Nonne ausgesehen.
Sie würde ihr Haar also auf alle Fälle offen tragen, überlegte sie. Und die Oma-Strumpfhose zöge sie am besten sofort wieder aus.
Sie rasierte sich die Beine, zog ein Paar durchsichtiger Strümpfe an und glitt in ein Paar Schuhe, die wenigstens mit kleinen Absätzen gesegnet waren.
Dann zog sie ihren Mantel an, schnappte sich ihre Handtasche und stürzte los, denn Thomas wartete bereits auf sie. Gerade, als sie die Treppe hinunterlaufen wollte, hielt Mrs Walkers Stimme sie zurück.
»Gehen Sie heute Abend aus?« Die Frau kam durch den Flur und unterzog sie einer eingehenden Musterung.
»Allerdings.«
»Mit meinem Sohn?«
Callie reckte das Kinn. Regel Nummer zwei im Umgang mit Tyrannen: Man durfte sie nie merken lassen, wenn man ängstlich war.
»Ja.«
»Nun. Sie haben eindeutig Eindruck auf ihn gemacht. Ich nehme an, dass Sie das sehr zufrieden macht.«
Als hätte Callie von Beginn an vorgehabt, ihren Auftraggeber zu verführen.
»Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden. Ich möchte Jack nicht warten lassen.« Damit machte sie auf dem Absatz kehrt und wandte sich zum Gehen.
»Täuschen Sie sich nicht, Ms Burke. Mein Sohn ist bis über beide Ohren in seine Verlobte verliebt. Machen Sie sich also besser keine falschen Hoffnungen.«
Regel Nummer drei im Umgang mit Tyrannen: Wenn man sie in ihre Schranken verweisen musste, musste man es ganz entschieden tun. Denn jede noch so kleine Schwäche wurde gnadenlos von ihnen ausgenutzt.
Callie blickte über ihre Schulter und erwiderte in ruhigem Ton: »Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, aber Sie stellen ohne Grund eine Reihe wirklich abenteuerlicher Vermutungen an. Gute Nacht, Mrs Walker.«
Sie zwang sich, nicht zu rennen, während sie die Treppe hinunterging. Denn es hätte ihr gerade noch gefehlt, wenn sie vor dieser Frau gestolpert wäre, und ihre Beine fühlten sich schon jetzt ganz wackelig an.
Sie atmete erleichtert auf, als Thomas abfahrbereit in seiner Motorradjacke in der Küche stand.
»Das Nico’s wird Ihnen gefallen«, meinte er und hielt ihr die Küchentür auf. »Der Besitzer ist ein Freund von mir. Er macht das beste Ossobuco von ganz Little Italy.«
Draußen stand der Pontiac GTO , den sie vorher schon einmal in der Einfahrt gesehen hatte. Der Motor brummelte bereits.
»Hübscher Wagen«, lobte sie beim Einsteigen.
»Sie haben einen ausgezeichneten Geschmack.«
Zwanzig Minuten später lenkte Thomas
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