Kuss mich kuss mich nicht
sein Gefährt durch ein Labyrinth aus engen Gassen bis zu einer leuchtend roten Tür.
»Danke fürs Fahren.« Sie stieg aus und winkte, während er bereits mit quietschenden Reifen die Straße hinunterschoss.
Sie betrat das Restaurant, und als sich ihre Augen an das Halbdunkel gewöhnten, sah sie Dutzende von Kellnern, die, Tabletts auf ihren Schultern balancierend, zwischen zahlreichen winzigen Tischen herumtänzelten. Das Restaurant war gut besucht, und die Leute unterhielten sich und lachten, während irgendeine phänomenale Opernarie im Hintergrund erklang. Nein, einen Augenblick, es war einer der Kellner, der da sang.
»Willkommen.« Ein Mann trat lächelnd auf sie zu. »Ich bin Nico. Bitte hier entlang, Ms Burke.«
»Woher …«
»Er hat wie immer recht. Ihr rotes Haar ist wirklich wunderschön.«
Verwundert folgte Callie Nico an einer Gruppe Leute vorbei, die offenbar auf Tische warteten, und blickte sich suchend in der Menge um.
Doch Jack war nirgendwo zu sehen, und sie wurde auch nicht an einen Tisch geführt. Nico marschierte durch den Raum direkt auf die Küche zu, und dort saß Jack an einem mit einer Leinendecke hübsch gedeckten Tisch und lachte über die scherzhafte Bemerkung eines Kochs.
»Mr Walker ist ein guter Freund von mir«, klärte Nico sie mit einem Lächeln auf. »Deshalb bekommt er immer einen besonderen Platz.«
Genau in dem Moment, in dem Jack seinen Kopf drehte und sie erblickte, nahm der Restaurantbesitzer ihr den Mantel ab. Er hörte auf zu lachen, hielt den Atem an, und plötzlich erstarben sämtliche Geräusche in der Küche, und das gesamte Personal starrte sie an.
»Gehen Sie zu ihm, ja?«, drängte Nico gut gelaunt. »Er erwartet Sie bereits.«
Jack stand auf und unterzog sie einer eingehenden Musterung. Er trug einen schwarzen Anzug, ein gestärktes weißes Hemd, einen leuchtend roten Schlips und erschien ihr aus irgendeinem Grund noch größer als in ihrer Erinnerung.
Oh Gott, ging es ihr durch den Kopf. Ja, sie wollte zu ihm gehen.
Als sie durch die Küche lief, wandten sich die Köche wieder ihrer Arbeit zu, was ihr auch lieber war. Denn Jacks Blick reichte ihr völlig aus.
»Hallo.« Er trat neben den Tisch, zog einen Stuhl für sie zurück und wollte sich gerade wieder setzen, als er plötzlich das Gesicht zu einem breiten Grinsen verzog.
»Gray! Du hast es tatsächlich geschafft.« Die Erleichterung war seiner Stimme deutlich anzuhören.
Callie blickte auf den Tisch und sah das dritte Gedeck. Dann war das also der Grund für die spontane Einladung. Er wollte sie mit seinem Freund verkuppeln und versuchte es erneut.
Richtig. Gut.
Sie setzte ein freundliches Lächeln auf und drehte sich um.
Nun, zumindest war Gray Bennett keine Beleidung fürs Auge, dachte sie, als sie ihn sah.
Jacks Freund war groß und hatte an den Schläfen leicht ergrautes Haar. Seine hellen Augen waren scharf, sein Nadelstreifenanzug maßgeschneidert, die Krawatte tadellos gebunden, und sie konnte sofort sehen, weshalb er sich anscheinend derart gut mit Jack verstand.
»Jack hat mir schon sehr viel von Ihnen erzählt«, erklärte er und reichte ihr die Hand.
»Oh, wirklich?« Sie spürte nichts, als ihre Finger sich berührten, und war etwas enttäuscht.
Aber der Abend war schließlich noch jung.
Als sie sich setzen wollte, streckten Jack und Gray gleichzeitig die Hände nach der Rückenlehne ihres Stuhles aus, doch mit einem rauen Lachen trat Jack einen Schritt zurück und überließ es seinem Freund, ihr behilflich zu sein.
Gray nahm ihr gegenüber Platz und lächelte sie an. »Ich habe gehört, Sie hätten zusammen mit Micheline den de Kooning restauriert. Sie ist eine gute Freundin von mir und hat zwei meiner Familienporträts konserviert.«
Natürlich. Bennett wie in der Bennett Trust Company. Und wie in der zur Universität von Harvard gehörenden Bennett School of Private Industry.
Sie runzelte die Stirn, denn auch irgendwo außerhalb des Finanzsektors hatte sie den Namen Gray Bennett schon mal gehört. Nur wo?
»Möchten Sie etwas Wein?« Gray hielt die Rotweinflasche über ihr Glas.
»Sie trinkt nur weißen«, klärte Jack ihn auf und griff nach der Flasche Chardonnay, die in einem Kühler stand.
Während sie die Vorspeisen genossen, stellte Callie fest, dass das Gespräch mit Gray überraschend mühelos verlief. Er interessierte sich für alles, was sie sagte, fragte sie nach ihrer Arbeit und danach, woher sie kam, drang aber anders als sein Freund nicht weiter in
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