Kuss Mit Sosse
vor mir beinahe in Ohnmacht gefallen. Ich brach unwillkürlich in ein nervöses Kichern aus, doch unterdrückte es auf der Stelle. Reiß dich zusammen, sagte ich mir. Das ist eine ernste Angelegenheit. Lula könnte ihre Beine verlieren.
»Vielleicht rufe ich besser den Pannendienst an«, sagte ich. »Oder die Feuerwehr.«
»Ich glaube, mir wird schlecht«, sagte Lula und ließ einen Furz.
»Ach, du liebe Güte«, sagte ich. »Kannst du dich nicht beherrschen? Das ist schließlich nicht unser Porsche.«
»Ich kann nichts dafür. Ich bin ein einziger großer Gasballon. Alles noch übrig von dem Barbecuegas.« Sie kniff die Augen zu und furzte eine geschlagene Minute lang. »Entschuldigung«, sagte sie.
Ich war entsetzt. Und beeindruckt. Der Furz war rekordverdächtig. Nicht mal an meinen besten Tagen gelangen mir solche Darmwinde.
»Jetzt geht es mir schon besser«, sagte Lula. »Guck mal. Ich habe sogar ein bisschen Bewegungsspielraum gewonnen.« Sie wand sich hin und her und glitt zurück auf die Polsterbank des SUV . »Ganz so dick bin ich dann doch nicht«, sagte sie. »Nur aufgedunsen.«
Mein Handy klingelte, und das Display zeigte Morellis Nummer an.
»Hast du mich eben angerufen?«, wollte er wissen.
»Ja. Marco und sein Partner standen eben vor der Kautionsagentur. In einem schwarzen Lincoln Town Car. Ihr Nummernschild konnte ich nicht erkennen. Ich habe sie bis zur Olden Street verfolgt, dann sind sie mir entwischt.«
»Ich gebe es über Funk raus.«
»Danke.«
Zehn Minuten später liefen wir mit den Schweinekoteletts im Büro ein und standen Joyce Barnhardt gegenüber.
Als Kind war Joyce ganz schön pummelig gewesen, aber mit dem Älterwerden hatte eine Umschichtung in ihrem Körper stattgefunden, und die Fettpolster waren genau an die richtigen Stellen gerutscht. Außerdem hatte sie sich hier und da Fett absaugen beziehungsweise Silikon einsetzen lassen. Ihre ursprünglichen Formen waren radikal verändert worden, doch selbst ich musste zu meinem Ärger zugeben, dass das Endergebnis einigermaßen spektakulär war. Joyce hatte eine flammendrote Haarmähne, die sie in künstliche Wellen und Locken legen ließ, und auch hier war es schwer zu sagen, was an ihr Natur und was Staffage war. Aber eigentlich war das auch egal, wenn sie in hautengen tiefsitzenden Jeans, schwarzem Lederbustier und auf Pfennigabsätzen ihren Arsch die Straße entlang spazieren führte. Sie klatschte mehr Make-up in ihre Visage als ein Zirkusclown, und ihre Lippen waren bis zum Bersten botoxiert.
»Hallöchen, Joyce«, begrüßte ich sie. »Lange nicht gesehen.«
»Das gilt wohl auch für Morelli«, erwiderte sie.
Lula sah mich schräg von der Seite an. »Soll ich sie umlegen? Wirklich, es wäre mir ein Vergnügen. Ich habe noch ein paar Kugeln in meiner Pistole übrig.«
»Danke für das Angebot«, sagte ich. »Heute lieber nicht. Vielleicht ein anderes Mal.«
»Du brauchst nur Bescheid zu sagen.«
Ich wandte mich an Joyce. »Und, was treibt dich in die Slums von Trenton?«
»Frag Connie.«
»Vinnie hat sie engagiert«, sagte Connie. »Er meinte, du würdest die Ausreißer nicht schnell genug einfangen, deswegen hat er Joyce wieder mit ins Boot geholt, damit sie die Lücke ausfüllt.«
»Ich fülle keine Lücke aus«, sagte Joyce. »Ich picke mir die Rosinen heraus.«
Joyce hatte schon vorher immer wieder mal für Vinnie gearbeitet, hauptsächlich, weil sie ganz gut mit der Peitsche umgehen konnte, und Vinnie brauchte gelegentlich ein paar Schläge aufs Fell, immer dann, wenn er sich wie ein unartiger Junge vorkam.
»Was ist denn in der Schüssel?«, fragte sie neugierig.
Ich hob den Deckel an. »Schweinekoteletts. Hat Grandma Mazur für mich gekocht. Ist ein Spezialrezept.«
Joyce spuckte in den offenen Topf. »Ganz wie in alten Zeiten«, sagte sie. »Früher habe ich dir auch immer ins Schulessen gespuckt, weißt du noch?«
»Was ist?«, fragte mich Lula. »Soll ich sie jetzt umlegen?«
»Nein!«
Joyce riss mir die Schüssel aus der Hand. »Hm, lecker«, sagte sie. »Brauche ich kein Essen mehr zu kochen.« Sie rauschte aus dem Büro, stieg in ihren schwarzen Mercedes, schmiss den Motor an und röhrte mit den Koteletts davon.
»Jetzt bin ich in der Zwickmühle«, sagte Lula. »Soll sie die neue Barbecuesauce nun mögen, oder soll sie Dünnpfiff davon kriegen?«
Die Tür zu Vinnies Büro öffnete sich, und Vinnie steckte den Kopf durch den Spalt. »Wo ist sie? Ist sie schon weg? Sie kann einem wirklich
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