Kuss Mit Sosse
gemacht hast, war dir ständig eine Hundemeute auf den Fersen. Du musst lernen, kleinere Portionen zu essen. Mehr ist gar nicht nötig. Halte dich von Donuts fern, und iss nur ein Stück Brathähnchen oder ein Kotelett oder einen Hamburger pro Mahlzeit.«
»Das ist doch lächerlich«, sagte Lula. »Keiner isst nur ein einziges Kotelett. Ich würde vom Fleisch fallen und immer schwächer werden und schließlich sterben.«
»Es gibt viele Menschen, die nur ein Kotelett essen.«
»Wer?«
»Ich zum Beispiel.«
»Hunh«, sagte Lula. »Das ist unamerikanisch. Wie soll ich die Wirtschaft ankurbeln, wenn ich nur ein einziges Kotelett zu mir nehme? Wahrscheinlich soll ich auch noch auf Sauce verzichten.«
Lula stieg aus, und ich wartete, bis sie auch wirklich heil im Büro angekommen war. Danach holte ich den Stadtplan aus meiner Handtasche und fuhr nochmals Rangers Kunden ab.
Kurz nach vier meldete sich Morelli. »Wir haben das Auto gefunden«, sagte er. »In einer Seitenstraße in der Nähe des Bank-Centers. Nicht zu übersehen, es ist von Kugeln durchsiebt. Kein Blut im Innern. Wie schafft Lula es bloß immer, ihr Ziel zu verfehlen? Ist mir ein Rätsel.«
»Kennt man den Besitzer?«
»Der Wagen wurde von einem Autoverleih als gestohlen gemeldet. Die Spurensicherung gibt sich alle Mühe, aber halb Jersey hat schon an seinem Steuer gesessen.«
»Danke. Ich sag Lula Bescheid.«
»Ist sie gerade bei dir?«
»Nein. Ich habe sie eben am Büro abgesetzt. Ich fahre gerade Rangers Objekte ab.«
»Es geht das Gerücht, dass seine Kunden abspringen. Sind die Sicherheitssysteme von Rangeman jetzt zu einem Sicherheitsrisiko geworden?«
»Das will er ja gerade verhindern.«
Ich hatte meine Runde erst zur Hälfte geschafft, als mir auffiel, dass es schon fast sechs Uhr war. Ich fuhr die Olden entlang bis zur Hamilton, bog ab nach Burg und kam um Punkt sechs vor dem Haus meiner Eltern zum Stehen.
Kaum hatte ich den Flur betreten, roch ich auch schon den Schinkenbraten. Es war ein betörender Duft, ein herrlich würziger Wohlgeschmack, ein Festtagsschmaus. Mein Vater saß bereits am Tisch und wartete darauf, dass er seine Gabel in die erste Scheibe Schinken stechen konnte. Meine Oma saß ebenfalls am Tisch, neben ihr ein fremder Mann.
»Darf ich vorstellen?«, sagte meine Mutter, als sie aus der Küche kam und die Schüssel mit grünen Erbsen auf den Tisch stellte. »Das ist Milton, Madelyn Mooneys Junge. Er ist gerade nach Trenton gezogen.«
»Genau«, sagte Grandma. »Wir haben uns gedacht, dass wir dich mit ein paar heißen Typen bekannt machen, weil doch deine Beziehung mit Morelli jetzt kaputt ist.«
»Ich will nicht verkuppelt werden«, sagte ich.
»Du wirst auch nicht jünger, meine Liebe«, sagte Grandma. »Wenn du zu lange wartest, sind die Guten vergeben.«
Milton war ein Schlaffi, das sagte mir mein erster Blick. Übergewichtig, wie ein Mehlsack saß er auf seinem Stuhl, käsig, blass, schlechter Teint, rotblondes, schütteres Haar. Mitte dreißig. Ohne abwertend zu sein, aber der liebe Gott hatte ihn nicht gerade reich beschenkt, als er seine Gaben verteilte.
»Milton hat in der Autoindustrie gearbeitet«, sagte Grandma. »Er hatte einen echt guten Fließbandjob in der Fabrik.«
»Ja«, sagte Milton. »Es war wirklich cool. Bis sie mich auf die Straße gesetzt haben. Dann kam die Bank und hat mir das Haus gepfändet. Meine Frau hat mich verlassen und den Hund mitgenommen. Und jetzt verfolgen mich die Inkassobüros.«
»Das ist ja schrecklich«, sagte ich. »Und was machen Sie jetzt?«
»Gar nichts.«
»Er wohnt bei seiner Mutter«, sagte Grandma. »Bis er wieder auf eigenen Füßen stehen kann.«
»Ist bestimmt nicht einfach heutzutage, einen Job zu finden.«
»Eigentlich suche ich zurzeit gar keinen Job«, entgegnete Milton. »Ich hatte einen Nervenzusammenbruch und habe mein Haus angezündet, und der Arzt, der mich behandelt, hat mir geraten, mal eine Weile kürzerzutreten.«
»Sie haben Ihr Haus in Brand gesetzt?«
»Eigentlich war es gar nicht mehr mein Haus. Es gehörte der Bank, und ganz unter uns: Ich glaube, die waren froh, dass ich es abgefackelt habe. Die Bankleute waren echt nett zu mir, als ich in der Nervenklinik war. Mein Patientenbetreuer hat mir gesagt, ich sollte aus dem Haus meiner Mutter lieber wieder ausziehen. Deswegen will ich heiraten. Ich habe gehört, Sie hätten eine eigene Wohnung.«
Mein Vater hob den Kopf, die Gabel auf halbem Weg zum Mund. »Du lieber Gott«, sagte er
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