Kusswechsel
Motto
ich bin ein ganz, ganz böses Bandenmitglied,
hinüber zu den beiden Kontrahenten. Einer der schlimmen Jungs stach dem Abercrombie&Fitch-Klon mit dem Finger in die Brust und rückte mit dem Gesicht an ihn heran. Der Klon wich zurück. Der Typ von der Gang zückte eine Pistole und hielt sie ihm an den Kopf.
»Kacke«, seufzte Lula.
Ich sah hinter mich und fragte mich, warum der Wachschutz so lange brauchte. Wahrscheinlich passierte das andauernd, und niemand wagte sich auf den Parkplatz, bevor die Polizei eingetroffen war.
Das Mädchen bekam Glupschaugen, ein Reh im Scheinwerferlicht. Die übrigen Gangmitglieder wandten sich ihr zu, drängten sie rückwärts ab, drückten sie gegen Rangers Truck. Noch eine Pistole wurde gezückt. Ein Messer blitzte auf.
Ich drückte den Alarmknopf auf Rangers Fernbedienung, und die Alarmanlage schrillte los.
Alle schreckten zurück.
Die Typen aus dem Geländewagen kletterten in ihr Auto, setzten kurz zurück und rasten dann mit quietschenden Reifen vom Parkplatz.
Ich drückte zweimal kurz hintereinander den Alarmknopf, und die Alarmanlage verstummte. Dann drehte ich mich zu Lula um, und in dem Moment merkte ich, dass Pancek weg war. Wir hatten vergessen, Pancek im Auge zu behalten. Schlimm genug, dass er sich in Luft aufgelöst hatte, viel schlimmer war, dass er auch noch mit den sechzig Dollar teuren Handschellen abgehauen war.
Lula sah sich jetzt auch um. »Findest du das nicht auch total bescheuert, wenn der Kerl einfach so wegrennt?«, sagte sie. »Wenn ich eins nicht ausstehen kann, dann diese hinterfotzigen Kleinkriminellen.«
»Weit kann er nicht gekommen sein. Ich übernehme eine Seite des Parkplatzes, du die andere, und wir treffen uns wieder im Kino.«
In der zweiten Reihe wurde ein Motor angelassen, ein Wagen schoss aus der Parkbucht und röhrte Richtung Ausfahrt. Gerade konnte ich noch einen Blick auf einen blonden Haarschopf hinterm Steuer erhaschen. »Die Suche können wir uns sparen«, sagte Lula. »Aber mit Handschellen am Gelenk zu fahren, stelle ich mir ganz schön schwierig vor. Es wäre besser gewesen, du hättest ihm die Hände auf den Rücken gebunden, wie es Vorschrift ist.«
»Er kam mir nicht sonderlich gefährlich vor. Ich wollte nur nett zu ihm sein.«
»Jetzt siehst du, was du davon hast. Niemals nett sein zu deinen Mitmenschen.«
Ich schloss den Truck auf und stieg ein. »Vielleicht ist er ja so blöd und fährt nach Hause«, sagte ich zu Lula. »Versuchen wir es zuerst bei ihm.«
Wir fuhren von dem Parkplatz runter, und einen halben Häuserblock weiter sah ich schon zwei Wagen der Polizei von Hamilton Township mit Blaulicht schräg am Straßenrand stehen, ein Streifen- und ein Zivilfahrzeug. Sie hatten den Geländewagen gestoppt. Seine Insassen durften die Hände flach auf die Motorhaube stützen und wurden durchsucht.
Ich glitt an den Polizeiwagen vorbei und erkannte Gus Chianni. Er stand etwas abseits und ließ die Beamten ihre Arbeit verrichten. Die Polizisten von Hamilton Township waren zum größten Teil Fremde für mich. Chianni kannte ich, weil er einer von Morellis langjährigen Saufkumpanen war.
Ich hielt an und ließ das Fenster hinuntergleiten. »Was ist los?«, fragte ich Chianni.
»Geschwindigkeitsübertretung«, sagte er und lächelte.
»Wir haben auf deinen Anruf reagiert und sind dabei zufällig auf diesen Geländewagen gestoßen, der mit 130 Sachen durch die Gegend fuhr, wo nur 30 erlaubt sind.«
»Es ist das Auto, das ich gemeldet hatte.«
Sein Lachen wurde breiter. »Das habe ich mir schon gedacht.« Er trat einen Schritt zurück und sah sich Rangers Truck an. »Hast du den geklaut?«
»Nur ausgeliehen.«
»Da freut sich Joe aber, was?«
Alle Bullen kannten Rangers Truck.
»Ich muss los«, sagte ich. Wenn Chianni hier war, konnte Morelli auch nicht weit sein.
Der Kerl in dem weißen Ballonseiden-Jogginganzug drehte den Kopf zur Seite und starrte mich an. Seine Miene zeigte keinen besonderen Ausdruck, nur seine Augen waren wie zwei stille Inseln im Styx, dem Fluss der Unterwelt. Schwarz und bodenlos und beängstigend. Er nickte ganz leicht, als wollte er mir zu verstehen geben, dass er wüsste, wer ich bin. Er löste die rechte Hand von der Motorhaube und machte eine Geste, den Daumen nach oben, den Zeigefinger ausgestreckt, als wolle er mit einer Pistole auf mich schießen.
Peng
formulierten seine Lippen.
Chianni hatte es auch gesehen. »Sei vorsichtig«, sagte er zu mir.
Ich fuhr auf den Highway und
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