Kusswechsel
Umhängen und Boots lägen wir genau richtig. Und wir brauchen ein Kennzeichen. So was Ähnliches wie einen Blitzstrahl oder so.«
Pancek stand im Gang und geleitete die Zuschauer zum Ausgang. Lula zog an ihm vorbei, drehte sich um und baute sich hinter ihm auf. Ich blieb ein paar Schritte vor ihm stehen.
Ich begrüßte Pancek mit einem Lächeln. »Harold Pancek?«, fragte ich ihn, als wäre ich eine alte, in der Versenkung verschwundene Freundin.
»Ja«, sagte er. »Wer sind Sie?«
»Stephanie Plum«, sagte ich. »Ich bin Kautionsdetektivin der Kautionsagentur Vinnie Plum.« Und
klick,
klappte eine Handschelle zu.
»He«, sagte er. »Was machen Sie da?«
»Sie sind nicht zu Ihrer Anhörung vor Gericht erschienen. Ich muss Sie leider mitnehmen, damit Sie einen neuen Termin vereinbaren.«
»Ich arbeite gerade.«
»Heute dürfen Sie eine Stunde eher Feierabend machen«, sagte ich.
»Das muss ich meinem Chef sagen.«
Ich legte ihm die zweite Handschelle um und stieß ihn Richtung Tür. »Da sorgen wir schon für, dass Ihr Chef das erfährt.«
»Nein, Moment noch. Wenn ich so darüber nachdenke, will ich gar nicht ins Gefängnis. Das ist mir zu peinlich. Ach, du Schreck, die Leute gucken ja schon alle.«
»Nicht alle«, sagte Lula. »An der Popcorntheke drüben steht zum Beispiel ein Mann, der guckt nicht her.«
»Es ist sowieso alles ein großer Irrtum. Ich war das gar nicht, der den Rosenstrauch vernichtet hat.«
»Dann war es wohl der Phantompisser«, sagte Lula.
»Es war Grizwaldis Hund. Der hat jeden Tag an dem Strauch sein Bein gehoben. Das ist Diskriminierung. Ich werde vor Gericht gestellt und Grizwaldis Hund nicht. Jeder weiß, dass er überall hinpinkelt, aber man lässt es ihm durchgehen, weil er eben ein Hund ist. Das ist ungerecht.«
»Das sehe ich ein«, sagte Lula. »Aber das ist unerheblich. Wir müssen Ihren Fettleib trotzdem ins Gefängnis schaffen.«
Pancek fuhr die Zehenkrallen aus. »Das kommt gar nicht in Frage. Ich gehe nicht ins Gefängnis.«
»Wollen Sie uns eine Szene machen?«, fragte ich ihn.
»Die können Sie haben. Grund genug habe ich.«
»So was hätten die Mutanten niemals geduldet«, sagte Lula. »Die haben sich nichts gefallen lassen.«
Ich gab Pancek einen kräftigen Schubs und lotste ihn durch das Foyer zum Ausgang. Die ganze Zeit über redete ich auf ihn ein und versuchte ihn dazu zu bringen, sich kooperativ zu verhalten. »Sie kommen ja nicht hinter Schloss und Riegel«, sagte ich. »Wir müssen Sie nur bei der Polizeiwache abliefern, damit Sie einen neuen Termin mit dem Gericht vereinbaren können. So ist das Verfahren. Sobald wie möglich kaufen wir Sie mit einer Kaution wieder frei.«
Ich hielt die Tür auf und schubste Pancek nach draußen auf den Parkplatz. Die Autos standen dicht gedrängt in mindestens zehn Reihen unter dem gleißenden Licht der Sicherheitsstrahler. Ich stand in der fünften Reihe von hinten.
Lula und ich führten Pancek an drei Reihen vorbei und blieben dann stehen. In der Spur zwischen den parkenden Autos lauerte ein Geländewagen, Schnauze an Schnauze mit einem silbermetallic Kompaktwagen. Ein Schwarzer in einem weißen Jogginganzug aus Ballonseide in Übergröße stand neben dem Geländewagen und unterhielt sich mit einem Weißen, der von Kopf bis Fuß in Abercrombie&Fitch-Outfit gekleidet war. Beide Männer waren Ende zwanzig. So weit ich das von meinem Platz aus erkennen konnte, saßen in dem silbermetallic Wagen auf dem Rücksitz ein Paar und auf dem Beifahrersitz ein Mädchen.
»Das will ich mir lieber gar nicht ansehen«, sagte Lula.
»Früher musste man sich das Rauschgift noch selbst besorgen, heute kriegst du es frei Haus geliefert.«
Ich rief die Polizei in Hamilton an und sagte, auf dem Parkplatz des Multiplex gäbe es ein Problem. Dann rief ich den Geschäftsführer des Kinos an und sagte ihm, er solle seinen Wachschutz auf den Parkplatz schicken.
Der Kerl in dem Ballonseidenanzug und der andere unterhielten sich weiter. Seidenanzug war gelassen, der Weiße ziemlich aufgeregt. Das Mädchen auf dem Beifahrersitz stieg aus dem Wagen. Ungeduldig.
»Sehr unklug«, sagte Lula. »Die wäre besser nicht ausgestiegen. Das sind Gangmitglieder. Die haben eine Einstellung zu Frauen, dagegen ist Eminems Gefasel reinste Liebeslyrik.«
Drei schwere Jungs in Gangklamotten, alle mit roten Halstüchern, die aus den Hosentaschen hingen, stiegen aus dem Geländewagen aus und begaben sich mit schlurfenden Breitwandschritten, nach dem
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