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Kutath die sterbende Sonne

Titel: Kutath die sterbende Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J.Cherryh
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Bronze; Figuren aus korrodiertem Metall und Gold; ein kleines geschnitztes Dus und ein leuchtender ovaler Behälter, so groß wie ein Kind: zusammen waren dies die Pana , die Mysterien, die er betrachtete, die nie ein Kel'en jemals betrachten sollte. Er streckte eine fast taube Hand aus, sammelte die kleinsten Gegenstände auf, die kalt und trostlos waren, und steckte sie vor der Brust in die Gewänder. Die Schachtel reichte er Merin, dessen Hände unwillig waren, sie zu empfangen. Zuletzt griff er nach dem schimmernden Ovoid, zog es unter rieselndem Staub und herabfallendem Verputz an sich. Für seine Größe war es unglaublich schwer, ließ ihn taumeln, schlug gegen einen Ständer und löste eine Kaskade von Verputz und Fragmenten aus. Hlil stolperte rückwärts bis an die Grenzen seines Gleichgewichts und gegen Desais helfende Hände, die ihn packten und nach draußen weiterzogen, während hinter ihnen Staub herauswallte; sie alle fielen zu Boden, geschüttelt vom Poltern einstürzenden Mauerwerks. Es hörte auf.
    »Sir?« rief Taz' Stimme.
    »Uns geht es gut genug«, antwortete Hlil, hielt das Pan'en an sich, beugte sich darüber, obwohl aus dem Ovoid heraus Kälte in seine Knochen zu strömen schien. Andere Hände halfen ihm beim Aufstehen mit dem Gegenstand: das Licht von der Tür zeigte einen Balken aus Staub und darin die schattenwerfenden Gestalten von Taz und Ras. Hlil schleppte seine Last zum Eingang, an ihnen vorbei und hinaus in das Licht und den Sturm, kniete nieder und legte das Pan'en und die anderen Dinge oben auf die Treppe. Merin fügte die altertümliche Schachtel hinzu, streifte den Schleier ab, um die Heiligen Dinge damit zu schützen... desgleichen taten Hlil und Ras und Desai. Hlil blickte auf, in die Gesichter der anderen, die erstarrt waren vor Schreck über das, was sie in Händen hielten. Er ließ den Blick von einem zum anderen schweifen, verspürte ein kaltes Gefühl der Absonderung – denn Kel'ein, die ein Pan'en angefaßt hatten, starben: so lautete das Gesetz. Oder wenn sie am Leben blieben, waren sie fortan immer dadurch gekennzeichnet: Pan'ai-khan , irgend etwas zwischen Heiligem und Verfluchtem.
    »Ich habe Erlaß«, sagte er. »Ich gebe ihn euch.«
    Sie kauerten sich nieder, drängten sich zusammen, er und die anderen, beschützten das Heilige, als wäre es etwas Lebendiges und Zerbrechliches, das sterbliches Fleisch zwischen sich und den Elementen haben wollte.
    Taz, der Junge, war nicht bei ihnen.
    »Taz – alles klar mit dir?« schrie Hlil in die Dunkelheit.
    »Ich erhalte das Feuer«, sagte der Junge. »Kel Zweiter, der Staub ist sehr dicht, aber es kommt kein neuer mehr.«
    »Die Götter beschützen uns«, brummte Hlil, sich dessen bewußt, worauf seine Hände ruhten, was ihn mit seiner Kälte verbrannte. »Halte es nur noch für eine kleine Weile in Gang.«
    * * *
    Duncan blieb stehen, wo ihm ein glattgeschliffener Sandsteinkamm für einen Moment Schutz vor dem Wind bot, schlang die Arme um den dicken Nacken des Dus und senkte den Kopf aus der Gewalt der Windböen. Er hustete gequält; der Kopf schmerzte, und die Sinne waren vernebelt. Der Sturm schien den Sauerstoff von ihm wegzusaugen. Er schraubte die Kappe von der Feldflasche und spülte sich den Mund, denn die Schleimhäute waren so trocken, daß sie sich wie Papier anfühlten... nur eine Kappe voll schluckte er hinunter. Für einen Moment blieb er, wo er war, bis sein Kopf aufhörte, sich zu drehen, und seine Lunge aufhörte zu schmerzen; dann fand er die moralische Kraft, wieder aufzustehen und weiterzugehen.
    Es gab einen hellen Fleck in der Welt, der die Sonne war; in den schlimmsten Böen war sie das einzig sichtbare Zeichen. In den Momenten der Blindheit führte ihn das Dus.
    Dann wuchs etwas anderes in die Wirklichkeit hinein, hohe baumähnliche Schatten, mit dicht am Stamm anliegenden Ästen, worüber sie sich wie hagere Riesen weiterhin gerade erhoben. Er ging darauf zu, verzehrt vom Verlangen nach dem süßen Fruchtfleisch, das seine Schmerzen und seinen Durst besser stillen konnte als Wasser. Das Dus marschierte schwerfällig neben ihm einher, beeilte sich willig; und die Schatten nahmen vor dem Bernsteinhintergrund des Himmels und der Erde mehr und mehr Substanz an.
    Tot. Keine lebenden Pflanzen, sondern bleiche und verdörrte Fasern tauchten vor ihm auf, mit losgerissenen, im Wind wehenden Strängen, ein geisterhafter Wald aus toten Stämmen. Er griff nach den wehenden Strängen, zog das Av'tlen , um den

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