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Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition)

Titel: Kyria & Reb Bis ans Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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beide ihren fließenden Gewändern zufolge Electi, stellten sich als die Reiseleiter vor, prüften unsere Berechtigungen, wiesen uns unsere Sitze zu, und der Fahrer verstaute unsere Rucksäcke in dem Gepäckraum des Gefährts. Da es ein schöner Tag war und wir stundenlang im Bus sitzen würden, suchten wir draußen auf dem Platz eine Bank und beobachteten das Treiben. Reb und ich hatten – in ungewohnter Eintracht – ausgemacht, möglichst wenig Kontakt mit den Mitreisenden zu pflegen, um nicht ausgefragt zu werden oder irgendeine unbedachte Äußerung zu machen.
    »Die Senora Louise beobachtet uns«, sagte Reb leise. »Ich mag das nicht. Bieten wir ihr ein Schauspiel.«
    »Welcher Art?«
    »Fieser Art«, sagte er mit seinem schiefen Lächeln und legte mir den Arm um die Schultern. »Immerhin geben wir hier das Liebespärchen.«
    Und dann wühlte er sich mit der anderen Hand in meine kurzen Haare, zog mich zu sich und küsste mich.
    Ich wollte mich wehren.
    Ich wollte kratzen und beißen.
    Ich wollte um mich treten.
    Ich wollte… einfach nur noch schnurren …
    Und ich war heilfroh, dass ich saß.
    »Unterlassen Sie das!«, herrschte Senora Louise uns an, und Reb fuhr zurück, als hätte ihn ein Schlag getroffen. »Es ist ungehörig und geschmacklos, sich in der Öffentlichkeit sexuellen Handlungen hinzugeben«, schnauzte sie. »Wenn das noch einmal vorkommt, werde ich Sie von der Reise ausschließen!«
    »Ja, Senora. Entschuldigen Sie, Senora. Es wird nicht mehr vorkommen, Senora«, stammelte Reb.
    »Nein«, krächzte ich. »Das wird nicht mehr passieren. Es war alles meine Schuld. Verzeihen Sie, Senora.«
    »Also gut. Benehmen Sie sich zukünftig! Sie haben ein schlechtes Beispiel geliefert.«
    »Ja, Senora.«
    Sie rauschte ab, um Neuankömmlinge zu begrüßen.
    Ich suchte den Rest meines Verstandes zusammen. Er befand sich in Regionen weit unterhalb meines Gehirns. Wie es schien, war er durch irgendwelche hormonellen Tsunamis weggespült worden.
    »Reb?«
    Meine Stimme gehorchte mir auch noch nicht wieder.
    »Kommt nicht mehr vor. Versprochen!«
    »Äh – aber warum?«
    »Weil wir solche Spielchen nicht mehr treiben müssen, um unsere Glaubwürdigkeit als verliebtes Pärchen zu beweisen. Sie wird nur noch darauf achten, dass wir uns anständig benehmen, und nicht darauf, wie wir uns sonst verhalten oder was wir reden. Und wir werden ab jetzt sehr gehorsam sein, ist das klar, Princess?«
    »Ja.«
    Was immer er damit meinte. Mein Hirn fühlte sich wie aufgeweicht an, während im Rest meines Körpers die ungeheuerlichsten Gefühle tobten. Ich versuchte durch gleichmäßiges tiefes Ein- und Ausatmen meine Fassung wiederzugewinnen.
    Denn wenn Cams Kuss schon wie heiße Schokolade gewesen war – dieser hier eben war heiße Schokolade mit noch heißerem Chili gewesen.
    Wahnsinn.
    Endlich schielte ich zu Reb hin. Der coole Hund wirkte völlig entspannt und gelassen.
    Das allerdings brachte mich dann endgültig auf die Erde zurück.
    Vermutlich hatte er auf diesem Gebiet reichlich Erfahrungen mit seinen Prinzessinnen gesammelt.
    Immerhin hatte die Vorführung den Vorteil, dass wir gemaßregelt und darum leicht bedrückt wirken und uns schuldbewusst auf unsere Sitze verkrümeln konnten, als wir zum Einsteigen gerufen wurden.
    Ich war froh über das Schweigen.
    Reb beschäftigte sich mit seinem KomLink. Offensichtlich wollte er, solange wir noch im Bereich des Netzwerks waren, so viele Nachrichten wie möglich abrufen. Ich fragte ihn nicht, was es an Neuigkeiten gab. Das würde er mir hoffentlich abends in unserem Zimmer erzählen.
    Um mich von den aufwühlenden Gefühlen und Gedanken abzulenken, zog ich mein Lesepad aus der Tasche und versuchte mich in einen hochgelobten Klassiker aus dem letzten Jahrhundert zu versenken. Das Buch war 1975, kurz vor der Großen Pandemie, erschienen und hieß »Der kleine Unterschied und seine großen Folgen«, von Alice Schwarzer. Es war mühselig zu lesen, und nach einer Weile gab ich es auf und sah mich vorsichtig nach unseren Mitreisenden um. Beim Einsteigen hatte ich bemerkt, dass etwa die Hälfte der Reisenden so jung wie wir war, eine achtköpfige Gruppe schien eine Art Studienfahrt zu machen. Drei Familien mit kleinen Kindern hatten sich im hinteren Teil des Busses eingerichtet, ein älteres Paar saß im Gang neben uns, eine Vierergruppe junger Männer schräg vor uns. Von ihnen sah ich nur die Köpfe – seidige Locken, kompliziert geflochtene Zopffrisuren, schimmernder

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