Kyria & Reb - Die Rückkehr
wieder einmal einen neuen Risikofaktor entdeckt, und man beabsichtigte eine Aufklärungskampagne zu starten. Ich suchte ein anderes Programm und blieb bei einer farbenprächtigen Show hängen. Nein, nicht Show, sondern das Vorprogramm eines Wagenrennens.
Früher hätte ich mich nicht dafür interessiert – Sport war Männersache, meist barbarisch, gewalttätig und roh. Inzwischen aber hatte sich meine Einstellung gewandelt. Ich hatte Alvar terHag kennengelernt, einst einer der berühmtesten Wagenlenker NuYus. Pferde hatte ich auch kennengelernt. Und ich hatte Alvar und Reb mit ihnen arbeiten sehen. Es war faszinierend, und deshalb wollte ich mir jetzt auch das Quadriga-Rennen anschauen. Es fand in der offenen Arena in Madrid statt, und eben gerade fuhren die sieben Gespanne ein, um langsam eine Runde um das Podest in der Mitte der ovalen Bahn zu ziehen. Die Namen, die der Sprecher nannte, sagten mir nichts, aber jeder Wagen und sein Lenker trugen eine andere Farbe und auffällige Symbole. Ich fasste an den Anhänger, der unter meiner Tunika hing, und zog ihn hervor. Auch er war einst ein Abzeichen auf einem Rennwagen gewesen: das von Alvar. Einen Augenblick lang betrachtete ich es und dachte mit wehem Herzen an Reb, der es mir zum Abschied gegeben hatte. Dann widmete ich mich wieder dem Geschehen in der Arena.
Sonne ließ das Fell der Pferde schimmern – schöne Tiere, kraftvoll und stark, gewandt und schnell. Ein Gespann war vollkommen weiß, sein Lenker trug Dunkelblau, der Wagen ebenfalls dunkelblau, darauf eine silberne Rose als Emblem. Ein anderer, ganz in flammendem Rot, hatte vier schwarze Pferde angespannt. Die übrigen Gespanne waren braun oder gemischt in den Farben. Das Publikum applaudierte jedem, der einfuhr, und winkte mit den Wimpeln ihrer Favoriten. Die Musik klang aus, die Wagen stellten sich an der Startlinie auf. Die schwarzen Pferde tänzelten, alle anderen standen ruhig. Eine Gruppe weiß gekleideter Männer und Frauen nahm auf dem Podest in der Mitte Aufstellung, ich fragte mich kurz, was ihre Aufgabe sein mochte. Doch schon ertönte eine Fanfare, in der Loge am Kopfende der Bahn ließ eine Priesterin ein goldenes Tuch fallen, und die Pferde stürmten los.
Musik donnerte aufpeitschend, Sand stob unter den Hufen hervor, die Zuschauer skandierten wilde Parolen, die ich nicht verstand. Doch das Rennen selbst fesselte mich. Die Wagen fegten um die nördliche Säule, führend das weiße Gespann. Ein Fahrer mit gelbem Wagen folgte, überholte auf der Geraden, fiel in der südlichen Wende zurück. Der Lenker des violetten Wagens hatte Probleme, seine Braunen aufeinander abzustimmen. Er touchierte die Bande, wurde abgedrängt, fiel zurück. Vier Männer, offensichtlich Pferdeburschen, sprangen vom Podest, warfen sich in die Leitzügel und brachten die Pferde aus der Arena. Für diesen Mann war das Rennen gelaufen. Die anderen zogen weiter ihre Runden, noch immer führte die silberne Rose, jetzt dicht gefolgt von dem roten Wagen. Victorious Victor, so nannte der Kommentator ihn. Auf seinem Wagen prangte ein flammendes Kreuz in Gold. Ein grünes Gespann drängte in der nördlichen Wende an ihm vorbei, auf der Geraden holte Victor auf, kam nah, gefährlich nah an das Gespann – ich hielt den Atem an. Die Kurve war zu eng für beide. Und schon passierte es. Der Grüne verlor den Halt, stürzte von seinem Wagen und wurde von seinen Pferden über den Boden geschleift. Die Hufe seines Verfolgers donnerten über ihn hinweg. Die anderen Wagenlenker wichen aus. Als sie vorüber waren, sprangen weitere Männer vom Podest, einige fingen die Pferde ein, weitere hoben den Verletzten von der Bahn. Die Kamera zoomte ihn heran. Wie grauenvoll – Blut, zerschlagene Glieder, der Kopf eine zerstörte Masse. Jemand zog eine grüne Decke über ihn. Der Kommentator berichtete knapp, dass der Mann verloren war.
Das Rennen ging weiter – nur fünf Wagen rasten um die Arena, drei Runden noch, sagte die Anzeige. Kalter Schauder fuhr mir über den Rücken. Es war barbarisch, gewalttätig und grausam. Und dennoch konnte ich nicht wegsehen. Weiterhin führte das weiße Gespann, der Lenker beherrschte seine Pferde mit offensichtlicher Meisterschaft. Und doch setzte Victor wieder zum Angriff an. Auch er hatte seine Rösser im Griff, ohne Zweifel. Und er liebte das Risiko. In der südlichen Wende schnitt er knapp das weiße Gespann, der Lenker schaffte es, ihm in letzter Sekunde auszuweichen, fiel zurück. Das Publikum schrie
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