Kyria & Reb - Die Rückkehr
ihn. Er war drei Jahre älter als er, mit einem sauscharfen Verstand gesegnet und von einer beispiellosen Kühle. Nie hatte er ihn aufgeregt oder gar wütend erlebt. Dass er zu den Electi gehörte, hatte er erst erfahren, als er mit Kyria bei ihm aufgetaucht war und sie ihn erkannt hatte. Zwischen den beiden bestand eine Beziehung, die Reb nicht recht zu deuten wusste. Als Ole MacFuga war er um die Junora Kyria wohl herumgeschwänzelt, wie das in diesen Kreisen so üblich war. Als Cam hatte er sie recht nüchtern behandelt – bis auf diesen verdammten Abschiedskuss.
Doch, da war was zwischen den beiden.
Jetzt war sie vermutlich wieder in La Capitale und hatte sich, wenn sie schlau war, mit Cam in Verbindung gesetzt.
Nicht gut.
Reb schaute auf die am Fenster vorbeifliegende Landschaft. Diese Gefühle nervten ihn. Das musste aufhören. Er musste sich auf seine Ziele konzentrieren.
Diese Reise hier war ein Schritt darauf zu. Wagenlenker, siegreich und erfolgreich, das war sein Ziel.
Wenn er sich damit einen Namen gemacht haben würde, konnte man weitersehen. Er konnte in den Reservaten bleiben oder vielleicht sogar als NuYu-Bürger eingegliedert werden. Eine Option, die man nicht leichtfertig ablehnen sollte.
Das Leben, das sein Vater führte, gefiel ihm – also, die Pferdezucht und das Training, weniger seine politischen Aufgaben. Pferdezucht in NuYu, das wäre schon mal etwas.
Kyria hatte Angst vor Pferden, schoss es ihm durch den Kopf.
Kyria spielte keine Rolle in seiner Zukunft. Das musste er ihr klarmachen, wenn er sich versichert hatte, dass es ihr gut ging.
Morgen würde er in Madrid, in dieser riesigen Arena, seine Quadriga durch die Runden jagen. Neuer Boden, andere Lichtverhältnisse, fremde Pferde, Konkurrenten, Trainingskameraden – eine Herausforderung.
Reb lehnte sich zurück, schloss die Augen und stellte sich vor, wie er dem Sieg entgegenfuhr.
MAIES BESUCH
A m Samstag durfte ich wieder Brot verkaufen und achtete peinlich genau darauf, meine Handschuhe zu tragen. Es war viel los, und Sunny, das Kuchenalibi, tauchte etwa alle Viertelstunde mit einem anderen Kunden auf und bekam vor der Tür einen Teil der Beute zugesteckt. Eigentlich hätte er rund wie ein kleiner Buddha sein müssen, aber er war ein mageres Bürschchen mit einem hinreißenden Bettelblick. Weshalb ich die Kuchenstücke großzügig bemaß. Seither zwinkerte er mir manchmal zu, wenn ich seine Begleitung bediente.
Den Nachmittag hatte ich frei und fand auf meinem KomLink die Nachricht, dass Maie mich besuchen wollte. Von ihr hatte ich in den letzten Tagen nichts gehört und war daher gespannt, welche Neuigkeiten sie für mich hatte.
Sie kam um vier, diesmal in ihrer offiziellen Uniform, dunkelrot, sehr chic und sehr resolut wirkte sie. Sie begrüßte mich freundlich, wenn auch zurückhaltend. Sie kam gleich zur Sache.
»Wir sollten unsere Karten offen auf den Tisch legen, Kyria«, sagte sie und setzte sich in den Korbsessel am Fenster. »Sie haben eine ganze Reihe Dinge erfahren, von denen nur wenige Menschen wissen oder die sie wahrhaben wollen. Ich weiß auch viel über das, was sich im Untergrund abspielt – Zustände, die meine Vorgesetzten lieber verschweigen, als sich verantwortlich darum kümmern. Wir können einander helfen, Kyria, gewisse Schmutzecken auszukehren.«
Ich sah sie überrascht an. »Wieso gerade ich?«
Ein kleines Lächeln zuckte über ihr Gesicht. »La Dama Isha ist eine einflussreiche Frau, und ich habe mich lange mit ihr unterhalten. Sie ist nicht nur klug und einsichtig, ihr ist auch daran gelegen, all das, was in unserem Staat in eine falsche Richtung läuft, wieder gerade zu richten.«
»Ja, das hat Alvar auch von ihr behauptet«, meinte ich sinnend. Damals hatte ich mich gewundert, dass er eine so gute Meinung von meiner Mutter als Politikerin hatte. Mir war Politik nie wichtig gewesen, sie hatte mich von diesen Dingen immer ferngehalten. Um mich zu beschützen, sicher. Aber inzwischen war ich in einen Strudel von Machenschaften geraten, die mir ihre Stellung in einem anderen Licht erscheinen ließen. Ja, Maie hatte recht, möglicherweise konnte ich ihr helfen. Aber Cams Warnung, ihn aus dem Spiel zu lassen, machte mich vorsichtig.
»Was können Sie mir sagen?«, fragte ich sie.
»Es gibt eine Gruppe, überwiegend Männer, die den Kontakt zu den Subcults hält. Männer aus der Civitas und auch etliche der Electi. Sie haben sich vor vielen Jahren zusammengefunden und versuchen, die
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