Kyria & Reb - Die Rückkehr
dich mit der Pistole vertraut.«
Ich lernte also, wie diese kleine Waffe geladen wurde, wie sie zu handhaben war und was sie bewirkte. Die Projektile enthielten ein Betäubungsmittel, das zur unmittelbaren Lähmung führte, die etwa eine halbe Stunde anhielt.
»Jetzt hast du mir Angst gemacht, Cam«, sagte ich, nachdem ich sie in meiner Tasche verstaut hatte.
»Das ist gut so. Das erhöht die Aufmerksamkeit. Aber – Angst ist nicht Panik. Bisher wissen nur wenige, dass du hier bist und was du herausgefunden hast. Sei einfach weiter vorsichtig.«
Ein Schimmel kam neugierig näher und stupste Cams Hüfte an. Er kraulte das Pferd zwischen den Ohren. Er wirkte völlig entspannt und gelassen. Ein seltsamer Mensch, der offensichtlich ein geheimes, gefahrvolles Leben führte und dennoch Spaß an diesen Wettkämpfen fand.
»Wann fährst du ein Rennen?«, wollte ich wissen und strich dem Tier ebenfalls über die Nase. Es biss mich nicht.
»Willst du zuschauen?«
»Ich finde Gefallen an euch harten Männern.«
Ein zweites Pferd drängte seinen Kopf an Cam.
»So, so. Dann komm am Freitag. Ich lass dir ein paar Plätze reservieren. Nimm Freunde mit.«
»Ich habe keine.«
Cam grinste. »Freitag schon. Wie ich erfahren habe, wird der Reservatbürger Reb terHag am Freitag in La Capitale erwartet.«
Ich wäre fast vom Gatter gefallen. Gerade eben noch konnte ich mich festhalten.
»So, so«, entfuhr es mir. »Und was will er hier?«
»Keine Ahnung, seine Botschaft war sehr kurz.«
Und er hatte mir nichts ausrichten lassen. Das versetzte mir einen Stich. Andererseits – die Kommunikation mit den Reservaten war schwierig. Selbst von Hazel hatte ich bisher nur einige wenige Worte erhalten.
»Die beiden Nerds, die den Anschlag geplant haben, sind inzwischen auch hier«, wechselte ich das Thema.
»Dann wird La Dama Isha vermutlich bald die Verdächtigungen von sich weisen können.«
Drei Männer schlenderten zu den Wohnhäusern, eine kleine Schar junger Frauen folgte ihnen hüftschwenkend. Es schien, dass die männlichen Bewohner des Arenabereichs eine ungeheure Anziehungskraft auf sie ausübten. Cam folgte ihnen mit seinen Blicken.
»Auch etwas, was die Junora nicht wusste, stimmt’s?«, murmelte er.
»Sie haben die Mädchen mit ihren Blicken ausgezogen.«
»Mhm. Diejenigen, die hier leben, haben nie die dämpfenden Medikamente bekommen. Sie sind stolz auf ihre Männlichkeit. Aber sie leben hier nur unter Männern. Manche Frauen sind gerne bereit, sie … zu unterhalten.«
»Nette Formulierung. Obwohl sie gewaltbereit, brutal und rücksichtslos sind, so wie einst, als sie die Macht an sich gerissen haben, richtig?«
»Sie sind abenteuerlustig, risikobereit und tollkühn. Sonst würden sie nicht an diesen Wettkämpfen teilnehmen.«
Ich betrachtete ihn, wie er so gelassen neben mir saß. »Du hast auch nie dieses Zeug genommen.«
»Meine Eltern hielten nichts davon. Meine Mutter hat mir immer die Wahl gelassen, nachdem sie gemerkt hatte, dass ich mich einigermaßen benehmen konnte.« Wieder lächelte er. »Ich habe schon als Kind gewusst, wie man das versteckt, was man kann. Als ich zwölf war, kam allerdings jemand dahinter, dass ich nicht so dumm war, wie ich tat. Er gab mir eine Chance. Seither bin ich der Mann mit den zwei Gesichtern. Was aber, Kyria, nur sehr, sehr wenige wissen.«
»Ist das nicht manchmal anstrengend?«
»Nicht besonders. Ich bin es gewöhnt. Die Electi halten mich für einen Trottel, der seine Zeit bei den Stallburschen vertrödelt. Demnächst werden sie mich als Wagenlenker bewundern.«
»Du bist ekelhaft selbstsicher. Cam, bei diesen Rennen passieren grauenvolle Unfälle.«
»Madrid – du hast es gesehen?«
»Ja. Der Mann, der unter die Hufe kam.«
Cam nickte. »Es war ein Foul. Das sollte nicht vorkommen. Wir trainieren nicht nur, die Pferde zu führen, sondern auch die Leinen zu kappen und aus dem fahrenden Wagen zu springen.«
»Ja, das hat vorhin einer gemacht. Ich dachte, es sei ein Unfall.«
»Wer war das?«
»Jemand mit einem blauen Wagen.«
»Furious Fritz. Klar, der demoliert fast jedes Mal seinen Wagen. Aber verletzt hat er sich noch nie.«
»Warum haben die Fahrer so eigenartige Namen?«
»Die verdient man sich, Kyria. Wer in ein paar wichtigen Rennen gesiegt hat, der erhält ihn entweder von seinen Leuten oder von den Fans. Ich bin noch Ole Mac, gewonnen habe ich noch keinen Wettkampf. Mal sehen, was sie sich irgendwann für mich ausdenken.«
»Camouflage«,
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