Kyria & Reb - Die Rückkehr
Schultern. »Bonnie ist die Tochter eines Electi und einer Bürgerlichen. Ihr Vater hat die Electi verlassen. Und damit ist ihr der Zugang zum Tempel verwehrt.«
»Zum Tempel ja, aber sie hätte Laienpriesterin werden können.«
»Sie möchte aber in den Konvent. Und das ist nur den Electi erlaubt.«
»Deshalb wollte Bonnie mich töten? Das ist irre!«
»Sie ist irre. Jetzt befindet sie sich in ärztlicher Obhut.«
»Warum hat man das nicht früher entdeckt?«
»Psychische Erkrankungen brauchen einen Auslöser. Aber Sie haben recht. Es gibt da einige unglaubwürdige Aussagen, denen ich nachgehen werde. Sie können mir helfen, mir ein Bild von ihr zu machen. Sie ist – neben ihrem irrationalem Neid – bei Verstand, und irgendwas sagt mir, dass sich noch mehr dahinter verbirgt.« Damit legte sie die Pistole auf den Tisch. »Besser, Sie tragen sie weiter bei sich. Ole MacFuga sieht übrigens von einer Anzeige ab.«
»Ich wollte ihn nicht treffen«, murmelte ich bedrückt.
»So sagte er. Aber ich schlage vor, Sie kommen in den nächsten Tagen für ein paar Stunden auf den Schießstand, damit Sie zukünftig nicht diejenigen außer Gefecht setzen, die Ihnen helfen wollen.«
»Guter Vorschlag.«
»Und jetzt erzählen Sie mir alles, was Sie über Bonnie wissen«, sagte Maie und schaltete das Aufnahmegerät ein.
Ich sammelte mich und berichtete, so weit ich mich erinnern konnte, von der Beziehung zu meiner Duenna, die seit meinem sechzehnten Lebensjahr meine ständige Begleiterin gewesen war. Dabei fiel mir etwas auf, worüber ich noch nie nachgedacht hatte.
»Maie, woher bekommt man Digitalis?«
»Auf Rezept, sofern man ein Herzleiden hat. Interessantes Detail. Ich gehe dem nach.«
»Was war in der Spritze?«
»Ein extrem schnell wirkendes Gift. Angeblich hat sie es aus der Hausapotheke ihrer Tante genommen und geglaubt, es sei ein Schlafmittel.«
»Ach nee. Wollte sie mich betäuben?«
»Das behauptet sie. Aber ich glaube, sie wollte Sie umbringen.«
»Wo hat sie sich eigentlich in den vergangenen Wochen aufgehalten? Meiner Mutter hat sie erzählt, sie sei zu ihren Eltern zurückgegangen.«
»Sie war, so weit wir es nachvollziehen können, seit jenem Tag bei ihrer Tante, Tamar Doreada, hier in La Capitale.«
»Und hat mich, als Novizin verkleidet, verfolgt.«
Ich berichtete von dem Tag, als ich von Ma Dama Isha zur Bäckerei zurückgekehrt war und die verschleierte Frau bemerkt hatte.
»Und zwei Abende später wurde Xarina überfallen. Maie, versuchen Sie aus Junor Logan herauszubekommen, ob Bonnie ihn dazu angestiftet hat. Ich vermute, da gibt es einen Zusammenhang.«
Maie nickte und markierte die Aussagen. »Sie muss erfahren haben, dass Sie aus dem Reservat zurückgekommen sind. Wir waren nicht vorsichtig genug.«
»Sie war die Vertraute meiner Mutter. Und sie lauscht gerne.«
»Ich gehe auch dem nach. Kyria, wenn Ihnen noch irgendetwas einfällt, geben Sie mir umgehend Bescheid.«
»Ja, sicher. Was ist mit Sunny?«
»MyFrouw Carita sorgt für sein Begräbnis.« Und dann huschte ein kleines Schmunzeln über Maies Gesicht. »Ihre Tochter Xarina hat uns ganz schön an der Nase herumgeführt.«
»Verraten Sie sie nicht.«
»Nein, natürlich nicht.«
Nachdem die Amazone gegangen war, widmete ich mich wieder meinem Zorn auf Reb. Aber die beißende Wut war verflogen, und nur eine dumpfe Traurigkeit blieb in meinem Herzen.
Die nächsten Tage waren wieder ausgefüllt mit Terminen. Meistens absolvierte ich meine Aufgaben lächelnd, anmutig und so, als ob ich innerlich abgeschaltet wäre. Nur bei Sunnys Beerdigung war mein Herz beteiligt. Die Hochmutter hatte dafür gesorgt, dass er im Friedwald unter einer alten Buche seine letzte Ruhe finden sollte, und ich legte zu diesem Zweck erstmals wieder mein Festgewand an. Übertrieben, würden viele sagen, doch der kleine Junge hatte sein Leben für mich gegeben. Ich wollte ihn ehren.
Ich war nicht die Einzige in großem Staat. Auch Xarina hatte ihr lichtblaues Gewand mit den eingewebten Wappen angelegt. Auf unseren Schmuck aber hatten wir beide verzichtet. MyFrouw Carita führte mit ihren Priesterinnen die Trauerprozession an, schweigend diesmal, ohne Blumen und Tanz. Eine zierliche Novizin trug die silberne Urne. Xarina und ich folgten ihr. Und uns wiederum folgten unzählige Neugierige. Einschließlich Delbert mit seinem Kamerateam.
Schließlich bildeten alle um den ausgewählten Baum einen Kreis. MyFrouw sprach in ruhigen, schönen Worten über
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