Kyria & Reb - Die Rückkehr
musste Abstand von diesem Oberblöker halten. In der Wende versuchte er an ihm vorbeizuziehen. Da traf ein Huf von Roys Außenpferd die Bande. Ein Stück der grünen Holzverkleidung flog ab, überschlug sich in der Luft und raste wie ein Geschoss auf ihn zu. Reb duckte sich, verlor im vollen Galopp genau an der engsten Stelle der Kurve die Kontrolle. Der Wagen schleuderte, die Pferde rasten weiter. Mit einem heftigen Ruck zog er die Leinen über die scharfe Kante des Wagens. Sie rissen, und er sprang. Er hatte das Abrollen oft genug geübt, aber auf der Bahn lag diese Holzplanke, und er landete mit dem Bein darauf. Ein höllischer Schmerz fuhr ihm in den Oberschenkel. Dennoch kroch er mit nachgezogenem Bein zum Mittelpodest. Drei Sanitäter stürzten auf ihn zu, einer sagte: »Holy Shit! Diese verdammte Arena gehört abgerissen. Hey, Junge, du hast einen Nagel im Fleisch, wir müssen dich raustragen.«
»Ihr tragt mich nicht. Zieht das Ding raus, ich gehe selbst.«
»Dann beiß die Zähne zusammen«, sagte der rothaarige Hüne und ergriff die Planke.
Der Schmerz überwältigte ihn fast. Rote Sterne flimmerten vor seinen Augen, aber er merkte, dass der andere Sanitäter ihm einen festen Lederstreifen um das Bein wickelte.
Das Donnern der Hufe hatte aufgehört.
»Was ist los?«
»Aus die Maus. Das Rennen ist zu Ende.«
»Was?«
Der Hüne deutet mit dem Kinn auf die Stelle, wo die Verkleidung abgerissen war. Dort war die Tribüne halb zusammengebrochen, die Zuschauer drängelten sich zu den Ausgängen, andere liefen auf die Bahn, um nicht von den Trümmern begraben zu werden.
»Mann!«
»Du sagst es. Dann geh jetzt raus, Rebell Reb. Deine Leute warten da hinten.«
Mühsam, aber aufrecht hinkte er zum Portal. Auch eine Art Sieg, sagte er sich.
Jetzt würden seine Pferde den Aufenthalt auf den grünen Weiden Irlands bekommen. Und er hoffentlich eine vernünftige Behandlung in einem Heilungshaus.
Aber in vierzehn Tagen musste er wieder fit sein.
Dann begannen die Rennen in NuYu.
FREUNDINNEN
I ch biss mir vor Entsetzen auf die Lippen, als ich Reb stürzen sah. Große Mutter, wie überlebte man das? Die grüne Planke blieb an seinem Bein hängen. Dann richtete sich die Kamera auf die Stelle, aus der sie gerissen worden war. Die Holzbänke der Tribüne sackten mit einem Mal zusammen. Tumult brach aus. Die Pferdeburschen sprangen auf die Bahn, um die Quadrigen anzuhalten. Ein Desaster!
Die Berichterstattung brach ab, man ging zu anderen Meldungen über. Solche Ereignisse in den Reservaten waren kaum eine Minute Sendezeit wert.
Und ich saß hier mit klopfendem Herzen und kalter Angst und verfluchte die Tatsache, dass es keine Möglichkeit gab, Kontakt mit Reb aufzunehmen.
Die medizinische Versorgung in den Reservaten war ein Witz. Ob ich meine Mutter bitten sollte … Aber was konnte sie tun? Alvar benachrichtigen, sicher. Aber der würde es ohnehin erfahren.
War er schwer verletzt?
Ob Cam etwas wusste?
Ich ging in meinem Zimmer auf und ab, ruhelos und von hässlichen Fantasien geplagt.
Ich musste mit jemandem reden. Unbedingt.
Xarina war zu Hause, und auf mein Gejammer sagte sie nur trocken: »Komm her.«
Das war überaus freundlich von ihr, denn ich wusste, dass sie sich auf eine Prüfung vorbereiten musste.
Bisher hatten wir uns immer bei mir getroffen, diesmal nahm ich den kleinen E-Jogger, den meine Mutter mir zur Verfügung gestellt hatte, und fuhr zu dem Häuserblock, in dem Xarina ihre Wohnung hatte. Bis zu ihrer Volljährigkeit hatte sie im Konvent bei ihrer Mutter gelebt, aber vor drei Jahren hatten beide vereinbart, dass sie ihre eigene Unterkunft bewohnen sollte.
Auf dem Weg zu ihr schwand meine panische Angst allmählich. In den Arenen gab es immer medizinisch versiertes Personal. Sein Team würde sich um Reb kümmern. Und die Groupies natürlich auch.
Wenn er sich nur nicht das Genick gebrochen hatte.
Aber das würde er nicht wagen, das stünde ja seiner Karriere im Weg.
Da war schon wieder etwas mehr Wut als Sorge in mir.
Ich fand einen Parkplatz in der Tiefgarage und nahm den Aufzug in den vierten Stock. Xarina öffnete mir, und überrascht sah ich mich in ihrer kleinen Wohnung um.
»Uiii, sind das echte Antiquitäten?«, entfuhr es mir.
»Ja, die stammen noch von meiner Urgroßmutter. Reiner Ikea-Stil aus der Zeit vor der Großen Pandemie. Irre, nicht? Das Regal hier nennt sich Billy, und das ist Klippan, das Sofa. Wir haben die Möbel immer sorgfältig behandelt und renovieren
Weitere Kostenlose Bücher