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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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als sich die Entfernung zum Heimatplaneten auf einige Millionen Kilometer verkleinert hatte, keiner der großen künstlichen Satelliten zu bemerken, die gegen Ende des 20. Jahrhunderts den größten Stolz der Menschheit dargestellt hatten. Anscheinend erforderte das gegenwärtige Niveau der Technik nicht den Bau von Stützpunkten für kosmische Flüge. Es war kaum anzunehmen, daß auf der Erde geologische Kräfte am Werk gewesen waren. Die Ostsee, das Mittelmeer und das Schwarze Meer waren verschwunden, und an ihrer Stelle konnte man bei starker Vergrößerung ein feines Netz von Kanälen und künstlichen Seen erblicken. Einst gelbe Wüstenbereiche waren jetzt von Grün bedeckt.
    Und doch …
    Im Bild des Heimatplaneten lag etwas Beunruhigendes … Mia machte darauf aufmerksam. Unbeweglich in ihrer Koje liegend blickte sie auf den Bildschirm, auf dem die Sichel der Erde in bläulichem Glanz schimmerte. Als die Ausmaße dieser Sichel den Rahmen des Bildschirms sprengten, konnte man auf der beleuchteten Seite des Planeten in den Zwischenräumen der Wolken die dunklen Flecken der großen Städte wahrnehmen. Solche Städte waren wohl hundertfach dazugekommen! Und doch … In dem Augenblick, da sie im Schatten versanken, suchte man vergeblich den Glanz der nächtlichen Lichter. Undurchdringliche Dunkelheit bedeckte die Kontinente.
     
    Die erste Tonverbindung und schließlich den ersten Bildempfang gab es erst gegen Ende der Reise. Aus dem Lautsprecher strömten jedoch nicht die Worte der erwarteten Begrüßung. Eine trockene Instruktion bezüglich der letzten Phase des Fluges, ein Befehl zur Umstellung des automatischen Piloten auf Fernsteuerung, und das war alles. Die Sätze, die mit matter farbloser Stimme gesprochen wurden, hatten eine bizarre, sehr zusammengedrängte, wenn auch richtige Syntax.
    »So spricht doch kein Mensch, das ist ein Automat«, bemerkte Helia. Damals stieg in Rost erstmals der Verdacht auf. Auf dem Fernsehschirm war keine Menschenseele zu sehen. Das einige Male wiederholte Bild zeigte den Verlauf ihrer zukünftigen Landung. In der letzten Flugphase sollte das Schiff auf der Erde von sechs Maschinen unterstützt werden, die an flache Teller erinnerten. Obwohl die Ausmaße dieser Teller, die keinerlei Anzeichen von Fenstern oder Beobachtungskuppeln zeigten, riesig waren, war zu bezweifeln, daß sie von Menschen bemannt waren. Natürlich mußte man, da der zukünftige Verlauf der Ereignisse gezeigt wurde, mit gestellten Aufnahmen und Simulationen arbeiten, doch machte das Bild den Eindruck einer Realität, die unmittelbar von der Kamera eingefangen wurde.
    Schließlich kam aus dem Lautsprecher die lakonische Frage: »Warum nicht alle?«
    Sie verstanden nicht, worum es ging. Auf ihre Fragen erfolgte lange Zeit keine Antwort.
    »Warum nur drei?« drangen endlich die Worte aus dem Lautsprecher, und auf dem Bildschirm erschien der Ausschnitt eines alten Films, der die letzten Augenblicke vor dem Start der »Helios« zeigte. Sie sahen wieder die Gesichter der toten Gefährten. Ein unbekannter Sprecher verlas mit monotoner Stimme die Liste der Namen und Funktionen.
    Warum fragte man sie nicht auf eindeutige und einfache Art, was mit den anderen Teilnehmern der Expedition geschehen war? Die Kargheit der Worte, die bis zum Absurden ging, dann wieder der Rückgriff auf völlig überflüssige Anschauungsmittel, die vielleicht bei der Verständigung mit Vertretern anderer Zivilisationen angebracht waren, doch nicht bei Menschen untereinander.
    Helia zeigte kurz die tragische Geschichte der Expedition. Als sie den kritischen Zustand Mias und Rosts erwähnte, wurde die Verbindung unterbrochen.
    An diesem Tag empfingen sie keine Sendung mehr. Sie verloren sich in Vermutungen. Ihnen fiel eine relativ einfache Lösung des Rätsels ein, doch lehnten sie sie voller Angst ab und suchten starrsinnig nach einer anderen, und sei es eine, die sich auf künstliche und irreale Hypothesen stützte.
    Nur nicht das!
     
    Rost konnte in dieser Nacht nicht einschlafen. Er hatte quälende Alptraumbilder einer Erde vor Augen, auf der es keinen Menschen mehr gab … eine ferne fremde und schreckliche Erde.
    Am Morgen hielten es seine Nerven nicht mehr aus. Mühsam schleppte er sich in die Radiozentrale und rief die Erde.
    Nach einer langen Wartezeit meldete sich die Kontrollfrequenz.
    »Was wollt ihr?«
    Drei kalte, abweisende Wörter.
    Rost dämpfte das Zittern seiner Lippen und fragte ohne Umschweife:
    »Mit wem spreche ich? Mit

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