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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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dahinschlenderten. Das Abenteuer lag gleich um die Ecke. »Du warst ihr Tor in unsere Welt. Du brauchst nicht mehr an Selbstmord zu denken.«
    »Selbstmord?« Selbstmord? Du liebe Güte, ja! Wie hatte ich diesen Drang vergessen, mit allem Schluß zu machen? Er war so überwältigend gewesen …
    Und der junge Soldat, der sich an seinem Bettlaken aufgeknüpft hatte und ganz langsam, ganz lautlos gestorben war? Um das Tor zu schließen?
    Plötzlich war es wichtig für mich. Vor uns lag der Amtssitz des Premierministers. Um mich Fragen und Wortfetzen, das Klicken von Fotoapparaten, eine Menschenmenge, die nach vorn deutete und gegen die Seilabsperrungen drängte. Von hinten würde der Lieferwagen kommen und noch mehr Leute mit Waffen bringen. Es würde Tote geben – keine tausend Jahre Leben für die Getroffenen! Und ich wußte, daß es irgendwo in meinem Gehirn einen Grund für diese Panik gab. Ich versuchte die Bilder und Laute ringsum wegzuschieben und mein Gedächtnis zu durchforschen.
    »Wissen Sie auch, daß Sie letzte Nacht etwas Entsetzliches geschrieben haben, Mister McCoy?«
    Ich wußte es.
    Ich packte Johns am Arm und riß ihn herum. »Hör zu, Mann! Hör mir zu! Wir müssen die Sache stoppen, wir müssen weg von hier. Wir sind …«
    In diesem Moment traf sie mich. Die Gedankenexplosion! Sie jagte heiß durch meinen Körper, suchte sich Wege nach außen. Verbrannte mich, ließ mich erstarren, vernichtete jedes Atom, das ich war. Und ich spürte das Wesen, das in meinem Innern saß, das an mir zerrte, mich zusammenpreßte. Erkannte es, dachte seine Gedanken. Versuchte seiner Wut zu entfliehen. Kannte es, wie es mich kannte.
    Dann war der Schmerz wie nie gewesen, und ich lag auf dem Pflaster, und Johns bahnte sich rücksichtslos einen Weg durch die Menge, zielte, schoß. Zwei Männer hatten den Eingang von Nummer Zehn erstürmt. Sie standen in drohender Haltung da, zu ihren Füßen Tote in blauen Uniformen. Männer rannten auf den leergefegten Platz vor dem Regierungssitz; einige ließen sich auf die Knie fallen und hoben ihre schweren Waffen. Der Lieferwagen, von Schüssen durchlöchert, lehnte schief am Randstein. Die Hecktüren standen weit offen. O’Neill wankte mit einer schweren Kiste vorbei. Elefanten verschwanden durch das Portal von Nummer Zehn.
    Menschen fielen zu Boden. Kinder schrien. Das häßliche Rattern von Maschinengewehren.
    Ganz nach Plan. Ich war nicht Soldat genug gewesen, um diesen Plan zu entwerfen. Und nicht Mann genug, um Fragen zu stellen.
    Ich rappelte mich auf und rannte los, fort von Whitehall.
     
    In Heathrow hörte ich die Meldung, daß der Regierungssitz von einem militärisch geschulten Terroristen-Kommando überfallen worden war. Die Täter hatten sich im Innern verschanzt und alle Kabinettsmitglieder in ihre Gewalt gebracht. Ich mußte in Orly zehn Stunden auf meinen Flug nach Tripolis warten. In dieser Zeit sah ich den Fernsehauftritt des Premierministers. Er setzte die Welt mit knappen Worten davon in Kenntnis, daß eine Gesandtengruppe aus den Tiefen des Raums eingetroffen sei, um in Großbritannien das große Ereignis der Begegnung zu feiern. Beiläufig erwähnte er den bedauerlichen Tod von einigen tapferen Sicherheitsbeamten, die aufgrund einer bedauerlichen Kommunikationspanne leider versucht hatten, sich unseren Brüdern von den Sternen mit Waffengewalt entgegenzustellen.
    Es reichte, wenn ein winziger Prozentsatz der Londoner Bevölkerung den Ruf der Fremden vernahm, und in der Menschenmenge rund um Whitehall gab es immer genug Betrunkene, die ihr Inneres weit öffneten. In Kürze würde Eins mit seinen Gefährten erscheinen. Diesmal für immer.
    Diesmal bekamen sie ihren Prozentsatz.
    Ich hatte in Orly und auf dem Flug nach Tripolis viel Zeit zum Nachdenken. Ich versuchte mich damit zu trösten, daß ich nichts hätte verhindern können. Zwei war ein grausames Geschöpf gewesen – und dumm obendrein. Er konnte nicht widerstehen, mich mit seiner Waffe einzuschüchtern, obwohl er wissen mußte, daß ein so enger Kontakt Spuren seiner Denkweise und seines Charakters in meinem Innern hinterlassen würden. Die Eindrücke waren nicht so tief, daß ich sie sofort identifizieren konnte, aber mit der Zeit bahnten sie sich einen Weg durch mein Unterbewußtsein. All die Lügen über friedliche Botschafter, über das Geschenk des Fortschritts, über die Beeinflussung ihrer Opfer.
    Und die Wahrheit über die Riesenhorden auf ihrer Heimatwelt, die dem Kontakt

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