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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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früheren (und noch lebenden) Berührungspersonen wurstelten irgendwo im Astronomie- oder Raumfahrtbereich herum. Unter den wenigen Ausnahmen befanden sich nur noch Heißluftballonflieger, Bergsteiger ohne Sauerstoffflaschen und jede Menge Antenneninstallateure – die geplante Aszendentiation des Verrückten hatte tatsächlich funktioniert! Das neue Schlagwort dort unten lautete Innovation und die Cleversten übten sich in einem Sport, rückwärts über den eigenen Schatten zu springen.
    Unsere Topfbesatzung war sich einig: keiner wollte eine wildgewordene Meute gierender Raumschiffe auf den Fersen haben, deren Insassen von dem einzigen Gefühl beseelt sind, endlich den ›lieben Onkel‹ zu packen, der sie damals so stark beeindruckt hatte – egal, ob bewußt oder unbewußt. Und so verdrückten wir uns und verkauften unseren Viersitzer für eine Handvoll kosmischen Staub – den wir sorgfältig auf unsere Spur streuten.
    Der Verrückte! Ich war und bin eigentlich noch immer der Meinung, man solle jeder Art ihren Planeten lassen und nur außerordentlich geeigneten Rassen den ANTRIEB übergeben. Wenn sich eine Art (seien es nun intelligente Abkömmlinge von Fliegen, Fnords oder sonstwas) auf ihrem Weg selbst in die Luft jagt, so ist das zwar bedauerlich, aber ein Beweis für die Richtigkeit meiner Überzeugung! Eine Art, die den ANTRIEB erhält, ist demgegenüber nicht einmal mehr vorlaut, geschweige denn streitsüchtig. Vorher bekommt sie den Antrieb eben nicht – Dreiundzwanzigstes Gesetz der Zentralsonne, Abschnitt 5, Paragraph Sechssechssechs, Fußnote 17. Und nun glaubte der Verrückte (und bezahlte uns sogar dafür!), daß ein Wesen mit ausgerechnet zehn Tastorganen die Möglichkeit habe, von alleine auf den ANTRIEB zu kommen – also durften diese Beulenschädel sich einfach nicht wegsprengen – also mußten wir unsere versteckte Wühlarbeit machen.
    Ich meine, man kann sich an fast alles gewöhnen. Aber über einen stark reparaturbedürftigen und dazu bis an die Zähne bewaffneten Globus zu fetzen, ständig auf der Hut vor Abfangjägern, UFOlogen und Fotojournalisten – das ist schon so eine Sache für sich! Eben nicht gerade der beste Platz, um einen erholsamen Urlaub zu genießen. Und dann noch täglich dieselbe langweilige Routine, jeden ›Morgen‹ den gleichen erbauenden Holovortrag des Chef:
    »Wenn ihr nur ein Promille der Heranwachsenden trefft, wird keiner etwas merken. Und keiner auf die Idee kommen, die Hypnosperren zu durchbrechen. Aber wenn erst einmal 10 oder gar 20 Prozent die Vision bekommen haben … – ha, dann kann sie keiner mehr aufhalten! In jedem Ort, in jeder Familie sogar, wird es mindestens einen ›Verrückten‹ geben, der von Reisen zu ihrem Mond oder ihrer Sonne träumt. Dann … ja! Dann werden sie es sich an ihren wunderbaren ›Fingern‹ ablesen können, wie sie dorthin kommen! Oh, großer Dezi – hilf mir, hilf uns, hilf dem Kosmos! Damit wir ihnen helfen können. Denn sie können es schaffen … sie werden es schaffen! Das Universum wird ihnen offenstehen und sie werden …«
    Und weiter in diesem Stil, endlos, ohne Atempause. Kein Wunder, daß wir ihn den Verrückten nannten.
    Wir wußten übrigens nicht, wen oder was er mit dem ›großen Dezi‹ meinte, vielleicht hatte er auch nur Potenzstörungen. Wie die Sache allerdings heute aussieht, so scheint es, als ob wir ihn mit Recht verfluchen und verwünschen. Es gibt im ganzen Kosmos keinen Winkel mehr, den die Ex-Eingeborenen mit ihren eigenen, sagenhaft einfachen ANTRIEBEN nicht aufstöbern, keine Kneipe ist mehr vor ihren gaffenden Pulks sicher. Nicht einmal die abgekautesten Pulsare lassen sie in Ruhe. Selbst dort wimmelt es inzwischen von ›Hamburger-Buden‹, Bierzelten und Sexshops für interstellaren Verkehr. Dazu kommt, daß sie sich arrogant und aufmüpfig über alle anderen stellen und es per Korruption sogar geschafft haben, daß allen guten Geistern zum Trotz ein Humanoide den jüngsten galaktischen Schönheitswettbewerb gewonnen hat! Und seitdem sie mich entdeckt haben, ist das Leben noch einmal so schlimm geworden. Gut, es werden zwar keine Boykotts mehr ausgesprochen und die terranischen Übersetzungscomputer haben sogar eine Bezeichnung in der Ameisen-Rassen-Sprache für ›Demokratie‹ gefunden; aber jedesmal wenn so ein voller Tourismusteppich aus dem Stülpraum im normalen Dasein auftaucht, kommt mir das Grausen. Sie finden mich überall, egal unter welchen Barschemel ich mich verkrieche. Dann

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