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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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muß ich mich um einen Garderobenständer wickeln, während die Zweibeiner eines ihrer Weibchen – nur mit einem goldenen Apfel bekleidet – neben mich stellen und wild anfangen, die Szene zu holographieren. Es ist eine gräßliche Strafe, die uns da alle getroffen hat. Dazu kommt, daß ich den Apfel zwischen meine Giftzähne nehmen und ihn diesem eingebildeten Affenweibchen verführerisch hinhalten muß! Sonst bekomme ich nicht den versprochenen Frei-Cocktail.
    Was? Du fragst, was wir damals überhaupt gemacht haben? Ich dachte, ich hätte es Dir schon längst erzählt. Eigentlich haben wir eine ruhige Kugel geschoben. Manchmal aus Spaß und verbotenerweise Fahrzeuge und Tiere erschreckt, ein paar Mal etwas Lichtzauber vorgeführt (wenn wir besoffen im Viereck flogen) und ansonsten ein Kind nach dem anderen entführt. Schwups, einfangen ohne daß jemand etwas merkt, mit dem Winzling am Transparentschirm aufsteigen, den offenen Augen und Mündern ihren kleinen Planeten als Murmel zeigen und wieder runter. Selbstverständlich sollten wir danach immer den Hypnostab anwenden, und meistens taten wir es auch. Der Verrückte wollte eben gerade jene unterschwellige Beeinflussung erreichen. Aber manchmal vergaßen wir es einfach, und auf ihren Informationsvervielfältigern standen dicke Zeilen mit erschreckenden Sprüchen, nicht daß es uns gejuckt hätte. Nur aus heutiger Sicht hätte ich eben doch alles anders gemacht, aber mit dem Verrückten kann man ja nicht reden. Statt daß er sich um eine Zeit-Korrektur kümmert (er wäre der einzige, dem so etwas gelingen könnte), läßt er sich hier aus ›gesundheitlichen Gründen‹ nicht mehr blicken. Vielleicht ganz ratsam. Ich habe nur ein Gerücht gehört, aber wenn es stimmen sollte, dann gnade uns der Urknall. Er soll irgendwo versuchen, einige sonderbare neuentdeckte Wesen zu promoten, deren Sinnesorgane aus 13 ineinandergefalteten Möbiusschleifen bestehen. Ich frage mich nur, was für Resultate deren ANTRIEB wohl haben wird?
     
    Originaltitel: »« (»Al-Ru’iah«)
    Copyright © 1987 von Ghassan Homsi
    Aus dem syrischen Arabisch übersetzt von Ahmad Khammas

 
Karl von Wetzky
Die Beschleunigung des Prozesses
     
    Ein plötzlicher Hauch durchdringender Freude, dem jubelnden Schmerz einer Erstgebärenden nicht unähnlich, fuhr durch alle diese Tausende, wie ein herrlicher, unerträglicher süßer Krampf. Sie sahen, sie glaubten nicht ihren Augen, doch es war die Wahrheit, sie waren da.
    Sie haben es geschafft.
    In erschüttertem Weinen warfen sie sich auf die Erde, umarmten sie, bedeckten diese Heilige Erde mit unzählbaren Küssen der reinsten Liebe. Auf dieser Erde schritt Er, hier ist Sein Ort. Ein betäubender Augenblick des Glücks; so lange haben sie auf ihn gewartet, sie waren da, unwiderruflich da.
    Die Stadt, ja diese Stadt.
    Als sie zu einem Marsch, der über vierzig Monate dauern sollte aufbrachen, träumten sie von dieser Stadt. Es war doch die Mitte der Welt, wo die Mauern mit silberner und Türme mit goldener Flamme brennen, wo in der Nacht die Engel zur Erde herabsteigen und die Dächer mit ihren Flügel bedecken; da wohnte und starb Er.
    So sahen sie die Stadt in ihren glühenden Träumen.
    Nach vier Jahren also lag sie vor ihnen. Überhaupt nicht herrlich erbaut, reich konnte man sie auch nicht nennen. Einzige Gebäude, Kuppeln von Moscheen, Finger der Minaretts, das war alles.
    Auf ihrer wundervollen und gefährlichen Reise sahen sie gewaltigere, pompösere und sicher reichere Städte, aber keine konnte sich mit dieser da vergleichen. Denn diese Stadt konnte nur die einzige auf der Welt sein; sie war der allerheiligste geographische Punkt ihres Glaubens; und nur so durfte er sein, nur so mögen sie ihn in ihren Seelen sehen.
    Hier lebte, hier predigte Er. Hier starb Er. Hier kaufte Er durch Seinen Tod die Welt frei, hier war er glorreich aus dem Grabe zum Leben wieder auferstanden. Und sein Grab ist hier bis heute.
    Das Grab des Menschensohnes.
    Sie haben Unvorstellbares für dieses Grab gelitten. Sie wanderten tausende Meilen eines der furchtbarsten Wege der Welt. Sie haben blutige und siegreiche Kämpfe ausgefochten, sie standen Hunger, Durst, Hoffnungslosigkeit und überhaupt Leiden und Drangsale aus, von denen sie dachten, sie würden sie nie überwinden, nie aushalten können.
    Aber sie haben es geschafft.
    Sie haben es geschafft für die Gottesliebe, für die Ewige Erlösung und für Sein Grab. Denn wer Sein Kreuz auf sich nahm und Seinen Weg

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