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L.A. Woman

L.A. Woman

Titel: L.A. Woman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Yardley
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gekritzelt und das Ganze dann noch mal in Druckbuchstaben geschrieben hatte. Diesen Zettel behielt sie als Lesehilfe und konnte nun vieles von dem dechiffrieren, was er schrieb. In der zweiten Woche gab er ihr argwöhnisch die Erlaubnis, einen hübschen in Leder gebundenen Terminkalender zu erstehen (er hatte auf burgunderrot bestanden, schwarz wäre so langweilig), und es gelang ihr, kleine Aufgaben-Listen und monatliche Überblicke anzulegen. Richard wurde blass, als er einen Blick darauf warf, deswegen beschloss sie, ihm einfach jeden Morgen zu erzählen, was er zu tun hatte. Er wiederum übereichte Sarah verschiedene Zettel, auf denen er vermerkt hatte, was er wem versprochen hatte und wann was fällig war. Dafür brauchte sie normalerweise eine halbe Stunde. Zwar versuchte sie, die Arbeit ein wenig hinauszuzögern, indem sie jede Eintragung durch einen Schluck Kaffee unterbrach. Inzwischen trank sie schon jedes Mal zwei volle Tassen, während sie seine Post-It-Notizen übertrug, und bereits um neun Uhr fünfzehn hatte sie die Aufgaben-Liste für den Tag vervollständigt.
    Das Büro, in dem sie saß, war sehr hübsch: Schwerer Holztisch, moderner PC mit einem großen Bildschirm und DVD-ROM (sie wäre also in der Lage, Spielfilme anzusehen, aber das erschien ihr doch etwas zu auffällig) und ein schwarzes Telefon, das aussah wie aus einem Science-Fiction-Film.
    Auf beiden Seiten standen große Bücherregale, dazu gab es einen passenden Aktenschrank und eine Anrichte, beide leer. Richard hatte all die von seiner ehemaligen Assistentin farblich sortierten Akten einfach in eine Kiste geworfen und im Keller verstaut. Eine ebenfalls leere Pinnwand hing an der Wand, und durch das große Fenster hinter ihr fiel Sarahs Blick auf den nierenförmigen Pool.
    Außerdem gab es einen großen, runden, in Bronze eingefassten Spiegel, in dem sie sich selbst dabei beobachten konnte, wenn sie wie jetzt ihre Koffeinsucht befriedigte. Sie starrte in den Spiegel und betrachtete sich. Ihr Haar wurde regelmäßig von Joey in Form gehalten, ihr Makeup war dezent und geschmackvoll, und ihre Kleidung das Beste, was sie sich in den Boutiquen, die Pink ihr empfahl, leisten konnte. Sie wollte ja nicht unbescheiden wirken, aber sie sah wirklich toll aus. Sie lächelte ihrem Spiegelbild mit ihren himbeerroten Lippen zu und verzog sie dann zu einem grotesken Schmollmund. Auch wenn sie in der Männerwelt versagte, so sah sie dabei doch wenigstens gut aus. Das Problem war, dass sie nicht genau wusste, was sie eigentlich falsch machte. Sie versuchte ein verführerisches Lächeln. „Hallo“, flüsterte sie. „Mein Name ist … nein. Ich bin Sarah.
Ich
bin Sarah. Nein, nein, das klingt dumm. Hmm … Ich bin
Sarah
. Sahrah. S’rah.“ Wenn sie doch nur nicht wie eine Comicfigur klingen würde.
    Sie baute sich vor den Spiegel auf. Selbst ihr Chef schien sich nicht recht im Klaren darüber zu sein, dass sie existierte. Sie lief an ihm vorbei, wenn sie zum Mittagessen oder nach Hause ging, ansonsten hörte sie nur gelegentlich das Klicken seiner Tastatur, meistens aber war er gar nicht zu Hause. Sie starrte ihren Oberkörper und ihr Gesicht an, legte dann den Kopf ein wenig zur Seite. „Ich bin Sarah. Kommst du oft hierher?“ Sie lauschte ihren eigenen Worten.
Viel
zu albern. „Ich bin Sarah.“ Sie lächelte. Okay, das war zum Gähnen. „Dies ist Sarah. Und du bist?“ Sie lachte. Jetzt klang sie wie Martika. Das würde niemals funktionieren. Sie schielte. „Hi, mein Name ist Sarah, und ich bin behindert. Möchtest du vielleicht etwas an den HfL spenden? An den Hilfsfond für Liebesbehinderte? Du könntest auch als Freiwilliger eine Patenschaft übernehmen und jemanden wie mich betreuen und mein eintöniges, aber gut gekleidetes Leben ein wenig aufregender machen.“ Sie schlug die Hände vors Gesicht. „Oh verdammt. Ich verliere den Verstand!“
    „Aber es ist sehr unterhaltsam.“ Das war Richards Stimme. Sarah schielte durch ihre Finger hindurch und fühlte, wie sie knallrot wurde. Langsam ließ sie die Hände sinken.
    „Äh, hallo“, murmelte sie. „Wie lange stehen Sie da schon?“
    Er starrte sie an, als ob sie zwei Köpfe hätte, aber er lächelte ein wenig.
    „Junge, Junge. War das für Sie genauso peinlich wie für mich?“ fragte sie mit einem unsicheren Lächeln.
    „Ehrlich gesagt fand ich ihren letzten Versuch den besten. Zumindest glaube ich nicht, dass das schon mal jemand vor Ihnen versucht hat. Sie sollten allerdings noch

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