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L.A. Woman

L.A. Woman

Titel: L.A. Woman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Yardley
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dachte … Himmel, ich dachte, ich könnte dir helfen. Ich weiß nicht, dich retten oder so.“
    „Mich
retten
?“ Judith wusste nicht, warum sie so böse wurde.
    „Keine Ahnung. Ich schätze ich hatte mir vorgestellt, dass ich hierher komme, wir uns küssen, und ich dich dann einfach mit mir nach Atlanta nehme. Aber wenn ich dich so ansehe, erscheint mir das kein durchführbarer Plan zu sein.“ Er seufzte. „Und jetzt, nachdem wir uns unterhalten haben …“
    Eine lange, qualvolle Pause entstand. „Wir haben nur eine Minute gesprochen, Roger“, deutete Judith an. Er konnte keinesfalls ein Problem mit ihrer Stimme haben, oder? Du liebe Güte, die Ironie hier war so dick, dass man sie locker mit einem Messer hätte durchschneiden können. „Was ist das Problem?“
    „Du bist … nun,
kalt
.“
    Sie riss angesichts dieser knallharten Worte die Augen auf. Ihr Entsetzen wurde nur noch größer, als er errötete.
    „Ich will nicht unhöflich sein“, sagte er gedehnt mit dieser quiekenden Stimme. „Ehrlich nicht. Es ist nur – du scheinst viel verletzlicher über das Internet.“
    Sie blinzelte. Sie schien per Datenübertragung
verletzlicher
? „Und wie komme ich dir jetzt vor?“
    „So, als ob du mich schlagen würdest, wenn ich dir zu nahe komme.“
    Sie seufzte. „Das funktioniert wohl nicht, oder?“ fragte sie traurig.
    Er schüttelte den Kopf. „Wir könnten es in Ruhe angehen. Ich bin eine Woche hier … mache etwas Urlaub. Ich habe einen Freund, bei dem ich bleiben kann. Wir könnten einfach mal telefonieren … vielleicht war es ein Fehler, vom Internet direkt in ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht zu gehen. Damit konnten wir nicht umgehen …“
    „Nein, ich glaube, das würde auch nicht funktionieren.“ Okay, sie
wusste
, dass ein paar Stunden Gespräch übers Telefon mit dieser Stimme nicht funktionieren würde. So wahr mir Gott helfe, seine Stimme zerrt schon jetzt an meinen Nerven, dachte sie. „Vielleicht … vielleicht sollten wir einfach beim Internet bleiben.“
    „Vielleicht.“ Er rückte seinen Stuhl näher an sie heran. „Ich habe wirklich geglaubt, dass ich dich liebe, Judith. Nach allem, was du mir erzählt hast, dachte ich, dass wir beide uns lieben.“ Er streichelte ihr Gesicht, und sie konnte es nicht verhindern, dass sie es wegdrehte. „Ich kenne dich gar nicht wirklich, oder? Nicht die echte Judith.“
    Sie schüttelte langsam den Kopf. „Wenn es dich irgendwie tröstet, ich auch nicht.“
    Er seufzte, und seine Traurigkeit hätte ihr bestimmt das Herz gebrochen, wenn es nicht geklungen hätte, als seufzte Minnie Maus. „Gut. Vielleicht sollten wir uns dann eine Weile unterhalten.“
    Sie zuckte die Achseln, und ein tiefer Schmerz durchfuhr sie. Im Augenblick war er ihr engster Freund, und sie wusste nicht, ob sie ihn wirklich verlieren wollte.
    „Ich werde nicht verschwinden“, versicherte er mit unmelodiöser Stimme. „Aber … das hier ist komisch. Ich brauche ein wenig Abstand.“
    Sie nickte.
    „Ich glaube, ich sollte jetzt besser gehen.“
    Sie nickte wieder.
    Zu ihrer Überraschung beugte er sich vor und küsste sie zart mitten auf den Mund. Es prickelte ein wenig. „Es ist wirklich eine Schande“, sagte er nah an ihrem Ohr, und sie bekam eine Gänsehaut, als ob Kreide auf einer Tafel quietschte.
    „Und was für eine!“ murmelte sie.
    Sie beobachtete ihn, wie er ging … sah, wie andere Frauen ihm begehrlich nachblickten. Er verschwand in der Menge.
    Was war das?
    Sie hatte geglaubt, eine große Leidenschaft gefunden zu haben – die Variante
Der englische Patient
eben. Was geblieben war, war eine komplette Farce. Es war lustig, lächerlich, voller Ironie. Sie hatte sich nach Romantik gesehnt, sie sehnte sich noch immer. Sie wollte mehr von ihrem Leben.
    Plötzlich wurde ihr klar: Hier ging es nicht um Roger. Hier ging es um David. Sie stand auf, nahm die Rose aus dem Knopfloch und ließ sie auf dem kalten Metalltisch liegen. Was noch wichtiger war: Es ging um sie.
    Martika hockte mit über dem Bauch gefalteten Händen auf der Couch. Ihr Bauch war schon ein bisschen dick. Um ganz ehrlich zu sein hatte sie seit sie vierundzwanzig war oder so keinen Waschbrettbauch mehr gehabt. Jetzt war sie dreißig, deshalb handelte es sich hier vermutlich eher um Fett, nicht um die Anzeichen einer Schwangerschaft. Noch nicht. Sie hatte kein Recht, hier auf der Couch zu sitzen, Fernsehen zu schauen und ihren Bauch zu tätscheln wie eine werdende Mutter in einer

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