L.A. Woman
irgendwo, um Sex zu haben?“
Sarah zuckte die Achseln. „Vielleicht. Ich weiß es nicht.“
„Sarah, warum bist du ganz alleine hier?“
„Ich brauche dich nicht, um auf mich aufzupassen“, ging sie auf ihn los. „Ich brauche überhaupt niemanden, der auf mich aufpasst. Ich bin eine erwachsene Frau. Um genau zu sein bin ich eine erwachsene Frau, die mal wieder arbeitslos und ohne Beziehung ist, aber
ich kann mich um mich selbst kümmern
!“
Er nickte, wie jemand, der eine Irre beschwichtigen will. „Verstehe. Arbeitslos und ohne Beziehung.“
Sie seufzte.
„Und? Hat dir der Job gefallen, den du verloren hast?“
„Es geht doch nicht darum, einen Job zu mögen!“ Ihr fiel auf, dass sie fast gebrüllt hatte und dass einige Leute sie anstarrten. Sie senkte ihre Stimme ein wenig, und er kam näher, um sie zu verstehen. „Ich meine, ich muss doch in der Lage sein, mein Leben so zu genießen, wie es nun mal ist. Ich habe, ich
hatte
einen Job, durch den ich meine Rechnungen bezahlen konnte, weißt du? Ich habe nicht nach der perfekten Karriere gesucht.“
„Was ist falsch an einer Karriere?“
Sie blinzelte. „Nichts, das weiß ich auch.“
„Nicht schreien, bitte!“
Sarah hätte ihn am liebsten gebissen, so wütend war sie. Jetzt wandte sie den Kopf, um Kit voll anzusehen. „Ich habe gedacht, ich hätte es endlich geschafft. Ich habe versucht, einen Karriereplan zu verfolgen, ich habe mir Fünf-Jahres-Ziele gesteckt, ich habe an meinem Bekanntenkreis gearbeitet, und überhaupt nichts ist daraus geworden. Jetzt versuche ich, einfach Spaß zu haben und zu faulenzen, und auch das hat nicht funktioniert. Wie kann man so viel falsch machen, wenn man gar nicht genau weiß, in welche Richtung man überhaupt gehen will?“
Er grinste. „Manche Leute haben darin ein außergewöhnliches Talent.“
„Ich jedenfalls habe keine Lust mehr. Ich gebe auf.“
„Du willst dir wieder Ziele stecken?“
Tränen stiegen ihr in die Augen, und verlegen schaute sie auf ihren Schoß. „Ich weiß nicht, was ich tun werde, Kit. Ich weiß es einfach nicht.“
Er legte unbeholfen einen Arm um ihre Schultern, doch sie schüttelte ihn ab.
„Hör mal, Sarah, es tut mir Leid …“
„Sag nicht, dass es dir Leid tut!“ zischte sie. „Ich will verdammt noch mal nicht hören, dass es jedem immerzu Leid tut. Du musst das nicht sagen.“
Sie saßen schweigend da. Plötzlich spürte sie, wie ihr Herz schneller schlug. Sie sah Kit an, als hätte sie ihn noch nie zuvor gesehen. „Weißt du, dass du komische Augen hast?“
Er trug dieses halb amüsierte Lächeln im Gesicht. Jetzt sah sie, dass er auch eine kleine Narbe oberhalb der linken Lippe hatte. „Tatsächlich?“ Es kam ihr so vor, als ob er sich in Zeitlupe bewegte.
„Mhm.“ Sie schnappte ihr Glas, trank es halb leer und bemerkte, dass etwas von der Flüssigkeit auf ihr Hemd getropft war. Mit einem Knall stellte sie es auf den Tisch. „Deine Augen sind irgendwie grünbraun mit einem Stich ins Gelbe. Wie bei einer Katze. Oder einer Eidechse.“
„Nett, dass dir das aufgefallen ist“, sagte er, und sie spürte, dass er ihr Haar streichelte. Das ist komisch, dachte sie. „Sarah, Baby, wie viel hast du getrunken?“
„Das ist es ja“, antwortete sie. „Das ist erst mein zweites Getränk … glaube ich.“ Sarah drehte den Kopf, um das Glas anzusehen, und erschrak. Alle auf der Tanzfläche schienen sich in Zeitlupe zu bewegen, genauso die Lichter. Sie starrte hingerissen in den Raum, als müsse sie alles genauer untersuchen. Die Frauen, die sie im Halbdunkel ausmachte, trugen ultrakurze Röcke und Tops mit Spaghettiträgern und sahen aus, als seien sie alle um die zwanzig. Die Männer starrten auf die Röcke und Tops, und der Sabber lief ihnen geradezu aus den Mündern … Oder, nein! Angst lag in ihren Blicken. Warum ist mir das nie zuvor aufgefallen, fragte sie sich. Und den Frauen erging es auch nicht viel besser. Sie hatten einen hungrigen Ausdruck im Gesicht, ständig auf der Suche nach Kontakt, körperlichem, seelischem, egal was. Die Verzweiflung hing in der Luft wie eine Nebelwolke. Sarah hielt die Luft an.
„Sssssss ….“
Sie nahm das Geräusch kaum wahr, sie war viel zu beschäftigt, die Szene zu beobachten. Es war so, als könne sie mit einem Mal durch die Lichter
hindurch
sehen. Und dann kam es ihr so vor, als könne sie den Club im Tageslicht sehen. Die hohe Decke. Es war ein ehemaliger Lagerraum. Und der Boden … zwischen den nackten
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