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Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich

Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich

Titel: Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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vorgelesen.
    Auf der Wand war inzwischen ein Bild erschienen, das seinen Vater in jungen Jahren zeigte. In tadellos sitzender Uniform hatte er die flache Hand zum militärischen Gruß an die Stirn gelegt. Orden prangten auf seiner Brust. Dann erlosch das Bild und machte Platz für den Countdown.
    11:26
11:25
11:24
    Die Zeit lief ihm davon. Mischa drehte sich um seine eigene Achse. Wo waren die Zahlen? Sie waren verschwunden.
    Und dann erklang ein Alarmton.
    Mischa fluchte. Inzwischen wusste er, was das bedeutete. Gleich würden die Wände herunterfahren. Dann musste er wieder mit León rechnen. Er müsste mit allem rechnen.
    Ich werde es ihm so schwer wie möglich machen.

A ls die Wände im Boden versanken, war León bereit. Er entdeckte Mischa sofort. Vielleicht fünfzig Meter entfernt stand er da und glotzte in seine Richtung.
    Er sieht erbärmlich aus. Was habe ich nur getan?
    Selbst auf diese Distanz erkannte León, wie schlimm er den anderen zugerichtet hatte.
    Das ehemals kantige Gesicht war angeschwollen und verwandelte Mischa in ein Monster. Getrocknetes Blut hatte eine Spur von der gebrochenen Nase bis zum Halsansatz hinterlassen.
    Ein Auge war zugeschwollen, gab Mischas Gesicht etwas Trauriges. Der ganze Anblick war eine einzige Anklage.
    León wollte den Arm heben, Mischa seine friedlichen Absichten anzeigen, aber der blonde Junge drehte sich steif um und hastete humpelnd davon. Der Abstand vergrößerte sich.
    »Mischa!«, brüllte León. Vielmehr dachte er, dass er seinen Namen rief, aber es war nichts zu hören. Noch einmal schrie er den Namen des anderen. Nichts zu hören. Kein Laut.
    Bin ich plötzlich taub geworden?
    Er kam sich vor wie eine Figur aus einem Stummfilm.
    Haben mich Mischas Schläge so verletzt, dass meine Trommelfelle geplatzt sind?
    Nein, das konnte nicht sein. Den Warnton vor dem Verschwinden der Wände hatte er ja auch vernommen. Versuchshalber schnippte er mit den Fingern. Klar und deutlich war das Geräusch zu hören.
    Er schrie erneut.
    Ich bin stumm.
    León tastete nach seinem Hals, befühlte seinen Adamsapfel. Alles schien okay zu sein. Keine Verletzung, keine Schmerzen an dieser Stelle. Soweit er sich erinnern konnte, hatte ihn Mischa da auch nicht erwischt. Zum Glück, denn ein einziger, gezielter Stoß gegen den Kehlkopf konnte tödlich sein. Warum zum Teufel kann ich meine Stimme plötzlich nicht mehr hören?
    Mischa!
    Er blickte zu dem blonden Jungen, der inzwischen weitere dreißig Meter zwischen sich und León gebracht hatte.
    Verdammte Scheiße, bleib doch stehen! Ich will dir nichts tun.
    Unbeirrt hastete Mischa humpelnd weiter. Er machte dabei kleine Hüpfer, so als wäre sein rechtes Bein steif.
    Ich brauche deine Hilfe, wenn die verdammten Wände wieder hochfahren.
    León nahm die Verfolgung auf. Schon der erste Schritt jagte einen flammenden Schmerz von seinen Fußsohlen bis in seinen Schädel.
    Kleine rote Punkte begannen hinter seinen Augen zu tanzen und für einen kurzen Moment verlor er Mischa aus dem Blick. Kurz darauf sah er ihn wieder. Der Abstand hatte sich kaum verringert. León schob die Schmerzen beiseite und versuchte, schneller zu laufen. Endlich schien es so, als käme er Mischa näher, der gerade einen Blick über die Schulter warf.
    León rief erneut, aber seine Stimme blieb stumm und er begann, wild mit den Händen zu fuchteln. Daraufhin beschleunigte der andere und der gerade verringerte Abstand vergrößerte sich wieder.
    León war klar, dass er für Mischa so aussah, als wäre er ein wütender Irrer, der ihm nachjagte und ihm mit dem Tod drohte.
    Wenn ich ihm zurufen könnte, dass ich nicht vorhabe, ihn noch mal zusammenzuschlagen.
    Aber dieser Gedanke war Zeitverschwendung. Er konnte es nicht, fertig, aus, basta. Also musste er versuchen, Mischa einzuholen. León beschleunigte sein Tempo. Ächzend, schnaufend und alle paar Meter Blut ausspuckend rannte er Mischa hinterher.
    Noch vierzig Meter.
    Dann nur noch dreißig.
    Mischa drehte sich erneut um. Sein Gesicht war angstverzerrt, das eine, nicht zugeschwollene Auge weit aufgerissen. Er blieb stehen. Mit hängenden Armen erwartete er León.
    Leóns Herz machte einen Jubelschrei. Gleich würde er bei Mischa sein, ihn um Verzeihung bitten, sich um seine Verletzungen kümmern. Wenn er hier etwas gelernt hatte, dann dass er kein Einzelkämpfer und kein herzloser Idiot war. Und falls er Mary je wiedersehen würde, dann wollte er ihr ohne schlechtes Gewissen ins Gesicht sehen können. Er konnte

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