Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich
unterhielten sich.
»Jeb? Das mit Mischa und León. Ich werde das Gefühl nicht los, irgendetwas an der ganzen Sache stimmt nicht.«
Er sah sie überrascht an. »Was meinst du?«
Jenna drängte sich dichter neben ihn und senkte ihre Stimme. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich Mischas Erzählung glaube. Hast du ihn dir mal angesehen?« Jeb schaute sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Sehen seine Verletzungen für dich aus, als hätte er sie sich bei einem Sturz zugezogen?«
»Warum denn nicht?«
»Seine linke Gesichtshälfte ist angeschwollen …«
»Vom Aufprall.«
»Möglicherweise, aber was ist mit seinen Lippen, die sind auf der rechten Seite aufgeplatzt. Entweder er ist auf die linke Seite gefallen oder auf die rechte. Beides geht nicht.«
»Jenna, du steigerst dich da in etwas rein. Das ist die alte Verletzung aus der Schlucht.«
»Okay, aber dann erklär mir auch, wo die aufgerissenen Knöchel an seinen Händen herkommen?«
»Jenna … wir waren nicht dabei.«
Sie schaute ihn eindringlich an. »Vergiss bitte mal für eine Sekunde seine Erklärung zu Leóns Tod. Stell dir vor, du wärst ihm gerade erst begegnet und wüsstest nicht, was geschehen ist. Was für einen Eindruck macht Mischa dann auf dich?«
Jeb sah Mischa lange an, dann seufzte er. »Es sieht aus, als wäre er in einen üblen Kampf geraten.«
»So sehe ich die Sache auch.« Jenna nickte nachdenklich.
»Du willst damit sagen, dass Mischa uns anlügt, dass León vielleicht gar nicht tot ist?«
»Dass er lügt – ja. Ob León tot ist?« Sie zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, aber wenn wir eins und eins zusammenzählen, komme ich auf ein ganz sonderbares Ergebnis.«
»Ich versteh nicht … meinst du etwa, dass …?« Jeb brach ab und warf Jenna einen fragenden Blick zu.
»Überleg doch mal. Mit wem könnte Mischa gekämpft haben? Außer uns ist scheinbar niemand hier und selbst wenn, dann wäre Mischa jetzt tot, und falls er so einen Angriff überlebt haben sollte, könnte er uns die Wahrheit sagen. Nein, ich glaube, Mischa hat mit León gekämpft. Sie haben sich geprügelt. Warum auch immer. Und León hat den Kürzeren gezogen. Wahrscheinlich ist er wirklich tot, erschlagen von Mischa.«
»Jenna, das ist schrecklich, so was zu denken. Vielleicht stimmt alles, was uns Mischa erzählt hat, aber … falls du recht hast …« Jeb seufzte leise. »Was sollen wir jetzt tun?«
»Nichts«, antwortete Jenna. »Wir können nichts tun. Die Zeit läuft uns davon, wir müssen zu den Toren, aber wir müssen Mischa im Auge behalten. Ich traue ihm nicht.«
Als sie aufblickte, entdeckte sie, dass Mischa sie aus einem Augenwinkel musterte.
Wie lange schon beobachtet er uns? Hat er etwas von dem gehört, was wir gesagt haben?
Ein Schauer kroch ihren Rücken hinauf. Sein Blick hatte etwas Lauerndes, Listiges.
Jenna versuchte, seinem Blick standzuhalten, aber schließlich senkte sie doch den Kopf.
D er lange Gang vor ihm ließ ihn aufatmen. Wenigstens war er nicht mehr gefangen und konnte sich fortbewegen. Irgendwohin würde ihn dieser Gang führen. Vielleicht zu Mary.
Er gab sich Mühe, leise zu sein, nicht weil er glaubte, dadurch Mischa überraschen zu können. Es war vielmehr so, dass er selbst nicht von ihm überrascht werden wollte.
Die Zeit verstrich, während er dem Gang folgte. León fühlte seine Schmerzen bei jedem Schritt, aber das war gut so, denn sie hielten ihn wach. Sie verhinderten, dass er seinem Drang nachgab, sich einfach hinzusetzen und einzuschlafen.
Irgendwie war es schon merkwürdig, dass er hier in diesem Labyrinth immer müde war. Seit er im ersten Raum angekommen war, fühlte er diese bleierne Müdigkeit, die ihn unablässig verlockte, die Augen zuzumachen und einzudösen.
Da stimmt etwas nicht mit mir. Nur mit Erschöpfung ist diese ewige Müdigkeit nicht zu erklären. In den anderen Welten war ich auch Strapazen ausgesetzt, habe mich aber niemals so schlapp gefühlt.
León vermutete, dass er womöglich jetzt den Preis für die Energie zahlte, die er in den letzten Tagen für das bloße Überleben aufgebracht hatte.
Seine Gedanken wanderten zu den anderen. Ob Jeb, Jenna und Mary schon die Tore entdeckt und durchschritten hatten? Oder vielleicht sogar Mischa? Letztendlich war es egal, ob Mischa ihm vielleicht sogar hier in dem Gang auflauerte, denn wenn er die Portale nicht bald fand, war alles egal. Er fühlte, dass er langsam zu müde wurde, um sich darüber noch Gedanken zu machen.
Nur einen Schritt
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