Labyrinth 02 - Das Labyrinth jagt dich
Metallstimme erwachte zum Leben. Unnatürlich laut drang sie zu ihnen herab, ließ die Erde erzittern.
»Hier spricht die Polizei. Gehen Sie in ihre Häuser. Verschließen Sie Fenster und Türen. Verhalten Sie sich ruhig. Oberbürgermeister Mendez hat den Notstand ausgerufen. Bis auf Weiteres gelten Sonderregelungen. Es herrscht Ausgangssperre. Dies ist die letzte Warnung.«
Als die Durchsage endete, stieg der Hubschrauber weiter auf. Anscheinend wollte der Pilot sich einen besseren Überblick verschaffen, aber dann erklangen Schüsse, die klackernde Geräusche auf der metallenen Außenhaut hervorriefen. Der Helikopter drehte sofort ab und verschwand in der Nachtschwärze des Himmels.
Weitere Schüsse fielen. Irgendjemand kreischte auf. Die ersten Menschen drängten vom Platz. Dann noch mehr Schüsse. Noch mehr Schreie. Die Menge geriet in Panik und niemand wusste, von welcher Seite eigentlich Gefahr drohte.
Die Menschen versuchten, sich zu retten, aber nirgends war freier Raum, alle Wege durch die Menschenmassen versperrt. Schmerzensschreie lagen in der Luft, heizten die Situation unter den Protestierenden noch an, schürten Panik und Angst.
»Wir müssen hier weg«, brüllte León gegen den Lärm an. »Los jetzt, in diesem Getümmel fallen wir nicht weiter auf. Niemand wird sich um uns kümmern.« Mal wieder rannten sie um ihr Leben, weg von der Menge, dem Chaos, auf dem schnellsten Weg, den ihnen der Stern wies.
Und dann sahen sie es. Wie eine schwarze, sich bewegende Welle kam die Menschenmasse auf sie zugerannt, alle versuchten gleichzeitig, aus dem Park zu fliehen. Die Leute waren in Panik, trampelten sich gegenseitig nieder und stießen einander beiseite. Jeder war mit sich selbst beschäftigt, die Menge kopflos geworden. Über allem lagen das Gebrüll der fassungslosen Angst und die Schreie der Verletzten.
León zog Mary mit sich und er sah, dass auch Jenna Jeb am Arm packte. Gemeinsam jagten sie auf das nächste Gebäude zu, das nicht in Flammen stand.
Dann erklangen plötzlich Schüsse in unmittelbarer Nähe. Reifen quietschten. Während die Menschen im Park versuchten, ihr Leben zu retten, rasten offene Autos mit Gangmitgliedern auf den Platz heran und schossen in die Menge.
León erkannte sofort die Situation. Nicht weit von ihnen entfernt jagte ein Wagen vorbei und er blickte auf tätowierte Gesichter, die wie scheußliche Masken wirkten. Diese Gesichter waren komplett tätowiert und ihre Bilder ähnelten den Bildern auf seinem Gesicht und Körper. Die Männer in den Autos feuerten ohne Unterlass und es dauerte einen Moment, bis León begriff, dass sie es nicht willkürlich taten, sondern gezielt auf junge Männer einer anderen Gang schossen, die sich zwischen den Fliehenden befanden.
Die Jungs in der Menge, es sind die gleichen Typen wie heute Nachmittag, als ich das Haus verlassen habe. Ihre Schädel sind nur auf einer Seite tätowiert.
Hier fand ein Krieg statt und eine Gang versuchte, die Massendemonstration zu nutzen, um alte Rechnungen zu begleichen. Die Angreifer – ihre Tattoos … wieder einmal drängten sich Bilder in Leóns Erinnerung hoch, aber dafür war jetzt keine Zeit, sie mussten hier so schnell wie möglich weg.
Die angreifende Gang kannte kein Erbarmen. Ihre Fahrzeuge schlugen rücksichtslos Gassen in die Menge. Wo Menschen nicht rasch genug ausweichen konnten, wurden sie von den Autos gerammt.
León blickte zu Mary, die sich verkrampft an seinem Arm festhielt. Jeb schien immer noch etwas wacklig auf den Beinen zu sein, denn er wankte hin und her. Jenna hatte die Lippen zusammengepresst.
»Wir müssen sofort von hier verschwinden«, brüllte León gegen den Lärm an. Er deutete die Straße hinunter. »Folgt mir einfach.«
Er packte Marys Hand und zog sie mit sich. Jenna folgte mit Jeb. So schnell es ging, rannten sie am Häuserblock entlang. Um sie herum waren unzählige Menschen. Die Gesichter in Panik verzerrt, mit aufgerissenen Augen und Mündern versuchten sie ebenfalls zu fliehen. Doch der Feind war hinter ihnen. Reifen quietschten auf und weitere Schüsse fielen. León schrie die anderen an, nicht nachzulassen, weiterzulaufen.
Durch immer neue Seitengassen versuchten sie, dem nächtlichen Aufruhr zu entkommen, die Richtung war egal. Hauptsache sie wurden nicht in einen Kampf hineingezogen, der nicht ihrer war und den sie nicht verstanden.
Neben sich hörte er Mary keuchen und er ahnte, dass sie nicht mehr lange durchhalten würde. Jeb schien es sogar noch
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