Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)
muss doch etwas geschehen!«
»Es ist okay, Rose«, sagte ich. »Wir haben bereits mit der Polizei gesprochen.«
»Warum hast du mich nicht angerufen, Dan?«
»Ich wollte dich nicht beunruhigen«, erwiderte er. Ich lächelte ihm aufmunternd zu.
Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber Dan stand auf.
» Es reicht, Mom«, sagte er. Roses Miene verriet mir, dass sie eine solche Behandlung nicht gewohnt war, schon gar nicht von ihrem Sohn. »Wir müssen jetzt wirklich schlafen.«
Rose erkannte, dass sie fürs Erste verloren hatte, und fuhr sich mit der Hand durch ihr dauergewelltes Haar. »Ich mache das Gästezimmer fertig.«
»Nicht nötig, Mom«, meinte Dan. »Rhoda kann in meinem Zimmer wohnen.«
Unter der dicken Schicht Make-up verfärbte sich ihre Haut knallrot. »Ich glaube wirklich nicht ...«
»Ich möchte Ihnen keine Umstände bereiten«, unterbrach ich sie mit meiner liebenswürdigsten Stimme. Sie warf mir einen zutiefst misstrauischen Blick zu. Mir war klar, dass Rose nicht dumm war und ich mich vor ihr in Acht nehmen musste. Aber eine bessere Geschichte als diese war mir so kurzfristig nicht eingefallen. Und die Wahrheit hätten wir ihr wohl schlecht erzählen können. Das hätte uns direkt in die Klapse gebracht.
»Wo sind Ihre Sachen?«, fragte sie mich. »Ihr Gepäck. Haben Sie denn nicht in einem Hotel gewohnt?«
Scheiße. Das war das Problem beim Lügen. Ich hatte nicht genug Zeit gehabt, alles gründlich zu durchdenken.
»Komm, Rhoda«, sagte Dan und nahm meine Hand. »Gehen wir.«
Ohne ein weiteres Wort zu seiner Mutter führte Dan mich die Treppe hinauf in sein Zimmer. Obwohl ich in dem Moment alles für eine Dusche gegeben hätte, ließen wir uns ohne weitere Umstände auf sein Bett fallen. Innerhalb von Sekunden waren wir beide eingeschlafen.
Ich tippe die Wortkombination ›braun+einkaufszentrum+alternative+realität‹ bei Google ein, aber ein schneller Blick über die Suchergebnisse fördert keine Links zutage, die ich nicht schon gesehen habe. Mist. Nicht mal auf den abgefahrensten Verschwörungs-Websites finden sich irgendwelche Theorien, die auch nur ansatzweise das erklären, was Dan und ich erlebt haben.
Der Nikotinmief in der Luft wird allmählich unerträglich. Ich schnappe mir die Schachtel mit den türkischen Zigaretten und gehe hinaus.
Im Flur begegne ich Florence. Verbissen besprüht sie die Fenster mit Scheibenreiniger und wischt das Glas mit grimmiger Entschlossenheit ab.
»Alles klar, Florence?«, frage ich.
»Ja«, bellt sie und funkelt mich an. Ich lächle zurück. Ich mag Florence. Sie ist ein mürrischer alter Dampfkessel, brodelnd vor Feindseligkeit, aber bei ihr weiß ich wenigstens, woran ich bin.
Ich spaziere in den Garten hinter dem Haus. Die Rattenhunde schiebe ich mit dem Fuß zurück, als sie mir zu folgen versuchen. Ich zünde mir eine an und setze mich auf die Verandatreppe.
Ich brauche einen Plan. Ich muss mir überlegen, was ich als Nächstes tun will. Bei Dan kann ich nicht viel länger bleiben. Und ich habe keine Ahnung, ob Zinzi noch meine Sachen hat oder sie längst rausgeschmissen oder verkauft hat oder was auch immer. Das einzig Positive, das ich der momentanen Situation abgewinnen kann, ist die Tatsache, dass ich absolut kein Bedürfnis verspüre, mir eine Nase Koks reinzuziehen. Nicht einmal der Gedanke an einen Joint übt irgendeinen Reiz auf mich aus.
Ich drücke die Kippe aus und gehe ins Haus, gerade als Rose zur Haustür hereinplatzt. Verdammt. Wenn ich gewusst hätte, dass sie zurück ist, wäre ich in Dans Zimmer geblieben.
»Oh, Sie sind es, Rhoda«, sagt sie und müht sich vergeblich, ein erfreutes Gesicht zu machen. »Wie geht es Ihnen heute Morgen?«
»Gut, vielen Dank«, antworte ich.
»Haben Sie schon etwas gegessen?«
»Ja, danke«, lüge ich. Mein Verlangen nach Nahrung hat den gleichen Weg genommen wie mein Verlangen nach Drogen.
Sie zögert, hin- und hergerissen zwischen Höflichkeit und ihrer offensichtlichen Abneigung gegen mich. Es ist das erste Mal, dass wir allein sind; normalerweise dient Dan als Puffer für unsere gegenseitige Antipathie.
»Leisten Sie mir auf einen Kaffee Gesellschaft?«, fragt sie schließlich.
»Das wäre sehr nett, vielen Dank.«
Sie nickt höflich. Sie hat die Grundierung ihres Make-ups zu dick aufgetragen, die Falten um ihren Mund werden dadurch betont. Aber sie weiß, wie man sich kleidet.
»Florence!«, ruft sie. »Bitte bringen Sie uns eine Kanne Kaffee in den Salon.«
Ich
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