Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)
mir zu verstehen geben, dass ich mächtig in der Scheiße stecke. Ich weiß, dass ich sofort zu ihrer Wohnung gehen sollte. Aber will ich mich wirklich schon mit einer extrem wütenden Zinzi auseinandersetzen? Bestimmt nicht. Was ist, wenn sie mich fertigmacht und ich zusammenbreche? Ich könnte ja schließlich unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden.
Aber das ist Schwachsinn, und das weiß ich auch.
Das Einzige, woran ich leide, ist die übliche Rhoda-Unsicherheit, und wenn mich irgendeine verzögerte Schockreaktion oder so was erfasst hat, dann sind die Auswirkungen bis jetzt noch nicht bemerkbar. Wenn überhaupt, ist meine vorherrschende Gefühlsregung Langeweile.
Tatsächlich hat sich unsere Rückkehr als totale Antiklimax erwiesen. Selbst die ersten Minuten, nachdem wir durch diese Tür traten und wieder in der echten Highgate Mall standen, verliefen enttäuschend unspektakulär.
Man hätte meinen können, dass wir aus Freude über unsere glückliche Errettung wild herumtanzen, vor Erleichterung fast ohnmächtig werden, die Steinfliesen küssen und vor Glück weinen. Das wäre eine normale Reaktion gewesen. Aber wir haben nichts dergleichen getan. Tatsächlich standen wir einige Minuten lang nur stumpfsinnig vor einem Laden für teure Haushaltswaren herum und ignorierten die Blicke der Käufer und der Angestellten hinter dem Schaufenster. Schließlich stieß ich Dan in die Seite und fragte: »Glaubst du, das ist ein Trick?«
»Keine Ahnung«, antwortete er.
»Glaubst du, wir sind wirklich zurück? «
Er zuckte die Schultern.
»Es fühlt sich nicht ... richtig an«, versuchte ich meine Gefühle unbeholfen in Worte zu kleiden. Denn das ›reale Leben‹ sah so ... anders aus. Nicht ganz so, wie ich es in Erinnerung hatte. Die Leute schienen irgendwie grauer zu sein, weniger materiell, als ob man sie durch eine beschlagene Glasscheibe betrachtet. Trübe, nichtssagend, alltäglich. Aber ich hielt das für die Nachwirkungen von Erschöpfung und Stress.
»Was jetzt?«, fragte ich.
»Lass uns nach Hause gehen.«
»Ich habe kein Zuhause.«
»Doch, hast du«, sagte er.
Und dann nahm er mich bei der Hand und führte mich zum Ausgang.
So einfach und profan lief das ab.
Glücklicherweise lagen seine Wagenschlüssel noch dort, wo er sie fallen gelassen hatte, als ich ihn vor Ewigkeiten auf dem Parkdeck anpöbelte – hinter dem linken Vorderrad. Wortlos stiegen wir ein und fuhren davon, als hätten wir nur den Nachmittag hier verbracht, um ein Paar neue Schuhe zu kaufen oder die Preise im iMac-Shop zu vergleichen.
Natürlich lief es nicht ganz so glatt, als wir bei Dan zu Hause ankamen.
Ich war nicht schockiert, dass Dan noch bei seiner Mutter wohnt – das hatte ich erwartet. Was mich von den Socken haute, war das Haus selbst – eine zweistöckige Pseudovilla, umgeben von Stacheldraht, elektrischen Toren und einem Landschaftsgarten. Ich hätte Dan eher in die Kategorie ›weiße Unterschicht‹ eingestuft.
Wir hatten kaum den Motor abgestellt, als Rose zur Haustür herausgestürzt kam, lauthals kreischend. Sie brach sich fast die Knöchel, als sie auf ihren hochhackigen Schuhen heranstolperte.
»Daniel!«, rief sie und warf ihm die Arme um den Hals. »Wo bist du gewesen?« Sie trat einen Schritt zurück, um ihn zu mustern. Er sah richtig übel aus, aber zumindest versteckten seine Haare die Wunde in seinem Nacken. »Ich habe schon die Polizei angerufen, aber sie haben sich geweigert, mich ernst zu nehmen. Was hast du nur gemacht? «
»Mom«, erwiderte er erschöpft, »es geht mir gut. Das ist Rhoda.«
Bis zu diesem Moment hatte Rose nur Augen für ihren Sohn gehabt. Eine kurze, unbehagliche Pause entstand, während sie die ganze Schönheit meines ruinierten Make-ups und, natürlich, meine Hautfarbe registrierte.
»Rhoda wird eine Weile bei mir bleiben«, sagte Dan.
Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, das Gesicht starr vor Entsetzen, aber da legten die beiden rattengroßen Hunde los, tanzten um mich herum und schnappten nach meinen Knöcheln.
»Lulu! Clarissa! Aus!«, rief sie. »Tut mir leid. Sie mögen keine Fremden.«
Ich wusste, was sie eigentlich meinte: Sie mochten keine dunkelhäutigen Fremden. Aber ich lächelte freundlich. »Ist schon gut ...«, meinte ich, aber Rose ignorierte mich.
Sie wandte sich Dan zu. »Wo bist du gewesen?«
»Ich erklär’s dir später, Mom.«
»Bist du verletzt?« Sie griff nach seinem Arm, aber er schüttelte sie ab.
Ich setzte meinen
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