Labyrinth der Puppen: Thriller (German Edition)
besten und vornehmsten englischen Akzent auf. »Es ist alles meine Schuld, Mrs. ...?«
»Nennen Sie mich Rose«, erwiderte sie mechanisch. »Was meinen Sie damit, es ist Ihre Schuld?«
Ich holte tief Luft. »Dan hat mir das Leben gerettet.«
Rose fiel die Kinnlade herunter und sogar die Hunde stellten ihr hysterisches Herumhopsen ein. »Was?«
»Es ist eine lange Geschichte.«
»Nur zu«, meinte sie und hielt meinen Blick fest.
»Mom!«, jammerte Dan wie ein kleiner Junge. »Kann das nicht bis morgen warten? Ich brauche dringend etwas Schlaf.«
»Dan«, sagte ich spitz. »Deine Mutter verdient eine Erklärung.«
Dan starrte mich überrascht an. Diese Seite von mir kannte er noch nicht: die wohlerzogene Rhoda, wortgewandt, charmant und nur Blödsinn labernd.
Geringfügig besänftigt führte Rose uns ins Wohnzimmer.
Dan und ich ließen uns aufs Sofa sinken. Rose setzte sich mit steifem Rücken uns gegenüber.
»Also?« Ihr Blick schweifte immer wieder über meinen Körper, über meine nackten Füße, das Kleid, die Haar-Extensions. Es war offensichtlich, dass sie nicht wusste, was sie von mir halten sollte.
Ich begriff, dass ich jetzt meine ganze Gerissenheit brauchte, um diese Sache durchzustehen, aber Erschöpfung und Desorientierung forderten allmählich ihren Tribut. Zum Glück gehört das Lügen zu den wenigen Sachen, in denen ich wirklich richtig gut bin.
»Ich mache hier Urlaub«, begann ich. »Ich komme aus England, wie Sie an meinem Akzent zweifellos bereits erkannt haben.« Ich strahlte sie an, aber sie starrte ausdruckslos zurück. »Jedenfalls kam ich in dieses Einkaufszentrum, in dem Dan arbeitet, und habe meinen Mietwagen im Parkhaus geparkt. Ich stieg gerade aus, als diese beiden Männer wie aus dem Nichts kamen und mir ein Messer an die Kehle hielten.«
»Nein!«, keuchte Rose.
»Leider ja.« Ich gestattete meiner Stimme ein leichtes Zittern. Dan starrte mich mit blankem Erstaunen an.
»Sie nahmen meine Tasche, mit dem Pass und allem.«
Roses Blick wanderte zu der Tasche neben meinen Füßen.
»Meine andere Tasche.« Verdammt. »Und dann kam Dan. Er begriff sofort, was vor sich ging, und kam mir zu Hilfe.«
Rose stieß einen leisen Schrei aus und fuhr sich mit der Hand an die Kehle. Die Rattenhunde winselten im Chor. »Daniel! Du hättest erstochen werden können!«
»Ich schulde Dan mein Leben, Rose. Es sah aus, als hätten diese Männer ... Dinge mit mir vorgehabt.«
»Und das ist alles im Einkaufszentrum passiert? In Highgate?«, fragte sie, die Stimme heiser vor Entsetzen. »Wann? Um welche Zeit?«
»Ziemlich spät. So gegen 21 Uhr rum, oder, Dan?«
Er war noch immer zu fassungslos, um zu antworten.
»Abscheulich«, sagte Rose.
Ich nickte. »Ich hatte Todesangst. Ich weiß nicht, was mir zugestoßen wäre, hätte Dan nicht geholfen.« Langsam fing die Geschichte an, mir Spaß zu machen.
»Aber du warst fast zwei Tage weg!«, sagte Rose zu Dan.
Dan und ich wechselten einen Blick. Nur zwei Tage? Wie zum Teufel ...
»Daniel! Wo bist du die ganze Zeit gewesen?«
»Das ist es ja, Mom«, sagte Dan. »Wir ...«
»Nachdem Dan mir zu Hilfe gekommen war, schleppten sie uns in den Keller und sperrten uns in einen Lagerraum«, sprang ich ihm wild improvisierend bei. »Und wir haben es gerade erst geschafft, uns von dort zu befreien.« Ich hielt ihrem Blick stand. Es war mir völlig egal, ob sie mir glaubte oder nicht. »Ein Wachmann hat uns rausgelassen.«
»Aber ... zwei Tage?«
»Ja«, hauchte ich.
»Gott sei Dank haben sie euch nicht ...«
»Umgebracht?«, fragte ich. »Das haben wir Dan zu verdanken. Er hat sie davon überzeugt, es nicht zu tun.«
»Daniel? Stimmt das?«
Das musste ich Dan lassen: Er zögerte keine Sekunde. »Natürlich.«
»Aber du musst halb verhungert sein! Daniel, soll ich dir etwas zu essen machen?«
»Nicht nötig, Mom.« Er kramte in meiner Tasche, holte eine Schachtel Zigaretten heraus und steckte sich eine an.
»Daniel!«, quiekte Rose voller Entsetzen. »Was machst du da?« Sie stand auf. »Ich rufe die Polizei.«
»Es ist doch nur eine Zigarette, Mom.«
Ich konnte mir das Prusten nicht verkneifen. Rose funkelte mich an.
»Ich will dir nichts vormachen, Daniel. Ich bin zutiefst enttäuscht, dass du ... du ...« Die Frau war nicht mal in der Lage, das Wort ›rauchen‹ auszusprechen. »Aber die Polizei muss doch von deinem ... Martyrium erfahren!«
»Mom«, beruhigte Dan sie. »Es ist alles in Ordnung.«
»Aber das ... das ist ein ... Es
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