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Labyrinth der Spiegel

Labyrinth der Spiegel

Titel: Labyrinth der Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukianenko Sergej
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sogar nur mit einem Schlagring getötet werden. Theoretisch. Wenn man den einzigen hyperempfindlichen Punkt seines Körpers kennt.
    Aber bisher habe ich noch nie von einem solchen Wunder gehört.
    Ich nehme das Gewehr von der Schulter und gebe es dem Loser. Der nimmt die Waffe irgendwie völlig geistesabwesend an sich.

    Mir bleibt der Granatwerfer, in dem noch vier Granaten stecken. Aber wir würden jetzt ja versuchen, unsere Munition aufzustocken.
    »Wie heißt du?«, frage ich.
    Keine Antwort.
    Zum Teufel auch, dann bleibst du eben der Loser.
     
    Disneyland ist wirklich faszinierend. Keine Ahnung, ob es einem realen Vergnügungspark nachempfunden oder der Fantasie eines Game-Designers entsprungen ist. Doch die Monster in einem Riesenrad, die mit Feuerkugeln werfen, als wären es Schneebälle, sind bestimmt das Produkt einer kranken Fantasie. Der Anblick ist so spektakulär, dass ich ein paar Minuten zuschaue, bevor ich eine Rakete in die Achse des Riesenrads jage. Eine Explosion – und das Ding kippt langsam zur Seite weg. Die Bruchstücke fliegen zwanzig Meter weit.
    Aus den Augenwinkeln heraus schiele ich zum Loser hinüber, um zu sehen, ob er diesen Anblick zu würdigen weiß.
    Nicht ein Fünkchen Anerkennung.
    »Gehen wir«, verlange ich. Allmählich gewöhne ich mich an meinen wortkargen Begleiter.
    Wir kommen an den Wasserattraktionen vorbei. Nur dass in den Becken kein Wasser ist, sondern Blut. In einigen der mechanischen Boote, die über die purpurrote Fläche gleiten, sitzen Skelette, andere sind leer. Bei jeder Bewegung ist ein widerliches, feines Quietschen zu hören, schließlich ist das Getriebe nicht für diese Art Flüssigkeit gedacht.

    Ekelhaft.
    Es folgt eine ganze Familie von Mutanten, zwei Erwachsene und drei Kinder in bunten Kleidchen, die picknicken. Über einem kleinen Gaskocher braten sie einen Unterschenkel, der in einem Lederstiefel steckt. Ich opfere eine weitere Rakete.
    Sie unternehmen nicht mal den Versuch zu fliehen. Das sind keine Kampfmonster, die sind nur gemacht, um dir Alpträume zu bescheren.
    Denjenigen, der sich das alles ausgedacht hat, würde ich gern mal treffen. Um ihm eins in die Fresse zu geben. Und zwar nicht im virtuellen Raum.
    »Wir haben es nicht mehr weit«, versichere ich dem Loser. »Du hältst dich gut.«
    Er nickt, anscheinend dankbar. Warum sind die Diver des Labyrinths an dieser Aufgabe gescheitert? Der Loser kooperiert doch hervorragend.
    Gemeinsam wehren wir die Attacke einer ganzen Herde kleiner Flugmonster ab. Der Loser schießt selten, aber präzise. Sobald die ledernen Flügel zerfetzt werden, knallen die plumpen Körper zu Boden und platzen.
    »Gehen wir weiter«, sage ich.
    Erst bei einem riesigen Betonfeld, über das langsam bunte kleine Autos kriechen, bleiben wir stecken.
    In einem der Autos sitzt ein Junge. Ein kleiner, schwarzer Junge. Er fuhrwerkt mit dem Lenkrad herum, um drei Mutanten auszuweichen, die ihn mit meckerndem Gelächter über den Platz jagen. Als der Kleine am Zaun vorbeifährt, wirft er uns einen vor Angst wahnsinnigen Blick zu.

    Der Loser legt das Gewehr an.
    »Der Junge ist kein Spieler«, erkläre ich ihm müde. »Das gehört zum Programm. Hier kannst du Bonuspunkte sammeln. Wenn du den Jungen rettest und an einen sicheren Ort bringst, kriegst du eine Waffe oder eine Rüstung. Komm weiter, wir haben keine Zeit zu verlieren.«
    Aber der Loser hat die Verbindung zur Realität offenbar gründlich verloren. Er ballert los. Drei Schuss, drei Mutanten. Sie versuchen zwar, sich zu wehren, indem sie Feuerkugeln auf uns werfen, aber der Loser schießt schneller und genauer.
    Auf das Geknalle hin kriecht von irgendwoher eine Riesenspinne heraus und überzieht uns mit Salven aus einem MG, das ihr direkt aus der Visage herauswächst. Jetzt muss ich doch eingreifen. Ich jage ihr zwei Raketen haargenau unter den Unterkiefer. Sofort breitet sich Stille aus, nur der Junge weint, als er aus dem Auto klettert und sich auf den Boden hockt.
    »Kommt mit!«, befehle ich. Wir brauchen den Jungen jetzt nur noch in einen Unterschlupf zu bringen, und schon können wir die ehrlich verdiente Ausrüstung einkassieren.
    Wir setzen über die durch die MG-Salve zerstörte Umzäunung und gehen zu dem Jungen. Ich bleibe etwas zurück, um mit dem Fuß in den Resten der Spinne zu stochern, denn ich frage mich, ob ihr Maschinengewehr den Angriff überstanden hat.
    Schleim, Chitin und Eisenbrocken, aber nichts, was wir gebrauchen könnten.

    Der Loser kommt

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