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Labyrinth der Spiegel

Labyrinth der Spiegel

Titel: Labyrinth der Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukianenko Sergej
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raus.
    Egal! Ich werde einen Schnupfen bis ans Ende meiner Tage mit Aspirin behandeln!
    »Vergessen wir die Verletzungen, die wir uns gegenseitig zugefügt haben!«, schlägt Urmann großherzig vor.
    Ich nicke.
    »Ich komme noch einmal auf das Angebot zurück, das ich Ihnen unterbreiten möchte«, wechselt der Direktor von Al Kabar das Thema. »Eine feste Stellung.«
    »Nein.«
    Wir sehen einander in die Augen. Die sollen ja Spiegel der Seele sein. Aber ob unsere virtuellen Körper eine Seele haben?
    »Einige Diver haben eine feste Stellung«, sagt Urmann. »Das heißt ja wohl … dass dergleichen nicht verboten ist?«
    »Das ist es nicht. Aber es gibt einen Unterschied zwischen der Arbeit in einem Vergnügungspark oder einem virtuellen Detektivbüro und der Arbeit für Sie. In zwei, drei Monaten hätten Sie mich identifiziert.«
    »Wäre das so schlimm, Iwan?«
    »Ich bitte Sie! Wir sind die Alchimisten der virtuellen Welt. Zauberer. Und kein König mit etwas Grips wird einen Alchimisten aus einem komfortablen Verlies entlassen. Schließlich soll er ja nicht für den Feind das Schießpulver erfinden.«

    »Schade.« Urmann versucht nicht, mich von meiner Position abzubringen. »Sie haben in vielem Recht, Herr Diver aus Russland. Und Russe sind Sie, das weiß ich genau. Ihre Stimme ist analysiert worden, das ist kein Übersetzungsprogramm.«
    Diesmal bin ich es, der ihn nicht vom Gegenteil zu überzeugen versucht. Wie ausgesprochen freundlich wir doch miteinander plaudern. Wie extrem loyal wir zueinander sind – die reinste Augenweide!
    »Dann möchte ich Ihnen jedoch einen konkreten Auftrag anbieten!«, erklärt Urmann fröhlich. »Eine einfache Sache. Und wir zahlen gut.«
    »Glauben Sie etwa, es sei einfach, den Loser aus dem Labyrinth zu holen?«
    Treffer! Und zwar Volltreffer! Urmann zwinkert nervös, kriegt seine Gefühle jedoch rasch wieder in den Griff, nur das Zucken unter dem linken Auge wird er nicht los. Eins zu null! Nein: fünf zu null für mich!
    »Erklären Sie doch bitte, was Sie damit meinen!«, fordert mich der Herr Direktor unsicher auf.
    »Nach Ihnen.«
    Entweder die bringen mich jetzt um oder sie legen die Karten auf den Tisch.
    Urmann versteht es, einen Schlag wegzustecken. »Einer der Tätigkeitsbereiche unseres Unternehmens ist die demographische Kontrolle Deeptowns.«
    Ich schüttle den Kopf: Verstehe ich nicht …
    »Wir ermitteln die Zahl der Bewohner der virtuellen Welt. Auf einen Mann genau. Aufgeteilt nach Bezirken, Gebäuden oder Räumen im Raum, wie unserem beispielsweise.«

    »Wozu? Und auf welcher gesetzlichen Grundlage?«
    »Das war eine Entscheidung aller Unternehmen, die vor einem Jahr getroffen wurde.« Urmann zuckt die Achseln. »Wenn wir die Auslastung einzelner Server und die täglichen Stoßzeiten kennen, versetzt uns das in die Lage, unsere Arbeit besser zu koordinieren und damit den Zugang zum virtuellen Raum kostengünstiger zu gestalten. AOL ist einer unserer Hauptauftraggeber, kleinere Anbieter haben sich inzwischen ebenfalls angeschlossen.«
    Und was bitte schön soll mir das sagen?
    »Zu diesem Zweck stellen wir die Zahl der ein- und ausgehenden Signale auf den einzelnen Servern fest«, fährt Urmann fort. »Das ist eine sehr simple und zuverlässige Methode. Obendrein eine höchst effiziente. Die Server übermitteln uns die Ein- und Ausgänge alle zwei Minuten. Damit verletzen wir keine individuellen Rechte, kennen dafür aber die Gesamtzahl der Menschen, die sich zu einem bestimmten Zeitpunkt im virtuellen Raum befinden. Wir bespitzeln also niemanden, wir führen lediglich eine Statistik.«
    Ich nicke.
    »Parallel dazu ermitteln wir die Zahl der über die Rechner laufenden User pro Bezirk«, erläutert Urmann weiter. »Damit wissen wir, wie viele Menschen sich in dem einen oder anderen Bereich im Raum befinden. Auch hier werden die Daten alle zwei Minuten erhoben. Zählt man alle aktiven User aus den einzelnen Bezirken zusammen, erhält man eine bereits bekannte Ziffer, nämlich die Gesamtzahl der Menschen in der Tiefe .«

    Ich ahne, worauf er hinauswill. »Die beiden Zahlen stimmen nicht überein?«
    »Richtig. Es befindet sich ein Mensch zu viel im virtuellen Raum. Er läuft über die Rechner und bewegt sich im Cyberspace – aber er ist nie ins Netz gegangen.«
    Urmann steht auf und gibt mit der Hand ein Zeichen, worauf sich über die gesamte Wand ein riesiger Bildschirm aufbaut. Nun erhebe ich mich ebenfalls. Der Monitor zeigt eine Karte Deeptowns und

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