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Labyrinth der Spiegel

Labyrinth der Spiegel

Titel: Labyrinth der Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukianenko Sergej
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Acht-Sieben-Sieben-Drei-Acht.«
    »Wird erledigt.«
    Wir fahren los, die Straßen fliegen an uns vorbei. Ich bitte Vika, den kernigen Revolvermann gegen den schlichten Iwan Zarewitsch auszutauschen. Schon in der nächsten Sekunde erblicke ich im Rückspiegel den weißgewandeten Helden.
    Bilder, Bilder, nichts als Bilder. Der Deep-Explorer leitet mich von Server zu Server weiter, um mich mit Al Kabar zu verbinden, mich also an der Haarbrücke mit dem Ifrit, der da Wache hält, abzuliefern. Es sind Bilder, mehr nicht. Die Tiefe kann nicht über einen eigenen Verstand verfügen!
    Die Hand ins Feuer legen würde ich allerdings nicht dafür.

01
    Die Wüste empfängt mich mit heißem Atem, der Ifrit mit ohrenbetäubendem Gebrüll.
    »Du wagst es, noch einmal hierherzukommen, Dieb der Diebe?«
    Was für ein Programm! Sogar mit Gedächtnis!
    Der Ifrit reißt nacheinander die steinernen Füße hoch und macht erst einen Schritt, dann noch einen. Die Haarbrücke spannt sich und stöhnt, birst jedoch vorerst nicht. Das ist neu! Die Programmierer von Al Kabar müssen ihrer Sicherheitssoftware in den letzten Tagen Flexibilität spendiert haben!
    »Stopp!«, schreie ich und nehme beide Arme hoch. »Ich will zu Friedrich Urmann! Ich bin nicht in deiner Macht!«
    Die gigantische Faust zittert über meinem Kopf. Zwischen den Fingern knistern Funken.
    »Es wurde ein unbekanntes Virus festgestellt«, flüstert Windows Home alarmiert. »Achtung! Ich starte web!«
    Über den Raum legt sich ein zarter Schleier. Das Antiviren-Programm web macht sich daran, einen Teil der eingehenden Daten abzuschneiden, um meinen Rechner
gegen das Virus zu schützen. Das ist zwar keine ideale Verteidigung, denn ein gutes Virus wird sich auch jetzt noch in meinen Kanal zwängen. Trotzdem halte ich Vika nicht auf, da sie sonst in Panik gerät – sofern dieses Wort bei einem PC angemessen ist. Die Figur des Ifrits verschwimmt, verliert ihre klaren Konturen.
    »Wer bist du?«, brüllt das Monster. Auch die Stimme klingt verzerrt.
    »Ein Diver!«, schreie ich zurück. Was soll ich mich jetzt noch um konspiratives Verhalten scheren?
    »Warte!«, befiehlt der Ifrit. Die Funken an seinen Händen verlöschen, worauf Vika web umgehend schließt.
    Mir bleibt nichts anderes übrig als zu warten. Das Monster rührt sich nicht, nur seine Augen blitzen immer wieder auf, während sie mich mit festem, fast körperlich spürbarem Blick gefangen halten. Beim letzten Mal hatte Al Kabar noch nicht alle Geschütze aufgefahren, sondern es bei einer Mausefalle belassen, in der tiefen Gewissheit, ich würde nicht daraus entkommen. Doch nachdem die Entwickler deswegen scharf zurechtgewiesen worden sind, dürften sie jetzt vermutlich alles aufbieten, was ihre Fantasie je hervorgebracht hat, darunter sicher auch ein paar Produkte, die nicht nur mich oder Maniac, sondern auch die Antiviren-Koryphäe Losinski in Angst und Schrecken versetzen würden. Zu allem Überfluss fallen mir natürlich auch noch die Märchen von jenen Viren ein, die sogar die Hardware beschädigen.
    »Du kannst rüber!«, entscheidet das Monster.
    Ich betrete die Haarbrücke.
    Tiefe, Tiefe …

    Diesmal begnügen sie sich nicht mit zwei Karikaturen von Security-Typen, sondern stellen eine ganze Horde mit Waffen in der Hand zu meinem Empfang ab. Wenn die mich beim letzten Mal eskortiert hätten, dann hätte ich diese Datei von einem Megabyte nie wegschleppen können.
    Die Wachen geleiten mich eisig schweigend durch die Straßen. Ich rechne damit, dass sie mich in die Laube von neulich bringen, doch die lässt unsere Prozession links liegen.
    Stattdessen steuern wir auf einen finsteren grauen Kasten zu.
    Wollen die mich einknasten, oder was? Haben die vergessen, dass sie uns Divern nichts anhaben können? Dass sie uns zwar hindern können, Daten zu klauen – uns aber nicht im virtuellen Raum einsperren können?
    Ein Teil der Security-Fuzzis bleibt am Tor stehen, vier Mann geleiten mich ins Innere der Kasematten. Zwei vor mir, zwei hinter mir, mit blanken Schwertern. Die wollen meiner Kiste ein Virus verpassen! Wem schon mal die Festplatte abgeschmiert ist, wird meine Ängste verstehen. In einer unspektakulären und zudem fast unrentablen Operation habe ich mir mal ein echt liebliches Virus eingefangen, das meine FAT-Zone und die GPT in einen gut gemixten Cocktail verwandelt hat. Maniac hat einen ganzen Tag daran gesessen, die Reste meiner Daten aus dem abgenippelten PC zu bergen. Er hat sogar mehr oder weniger

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