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Lackschaden

Lackschaden

Titel: Lackschaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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Gutes? Ich hab riesigen Hunger!«, wendet sich Christoph jetzt an mich.
    Ich würde ihn sehr gerne ohne Essen auf sein Zimmer schicken, was aus zwei Gründen aber nicht geht: Er hat kein eigenes Zimmer, und ich wäre dann mit den Dollingers allein – keine schöne Aussicht. Also beschließe ich, gute Miene zu machen. Jedenfalls so lange, bis L&G die Haustür von außen hinter sich zugezogen haben.
    Die drei machen es sich im Wohnzimmer bequem und ich kümmere mich um die Vorspeise. Die Holländerpilze sehen ein wenig seltsam aus. Sie haben irre lange, dünne Stiele und ein kleines dreieckiges Köpfchen. Egal. Ich schneide das meiste vom Stiel ab, um die Pilze optisch ein wenig aufzuwerten und vermische sie mit den fünf kläglichen Champignons. Dann geht’s ab in die Pfanne.
    Gaby scheint schon in Hochstimmung zu sein. Sie lacht und lacht. Worüber, kann ich zum Glück nicht hören. Wie soll ich das bloß aushalten? Ich würde am liebsten nur servieren und mich dann mit aus irgendeinem vorgeschobenen Grund zurückziehen. Migräne, Nierenkolik oder was auch immer. Ich finde, Nierenkolik klingt sehr glaubhaft. Beim Schwindeln muss man richtig dick auftragen.
    Der Lachs kommt in den Ofen und die Erbsen auf den Herd. Ich erledige meine Küchenarbeiten wie ein Automat.
    »Ihr könnt euch an den Tisch setzen, die Vorspeise ist fertig!«, rufe ich wie eine nette kleine Hausfrau in den 50 er Jahren in die fröhliche Runde.
    »Was trinken wir denn dazu?«, ist die erste Frage von Christoph.
    »Das, was du uns holst!«, ist meine knappe Antwort.
    »Rot oder weiß?«, will er von unseren Gästen wissen.
    »Hauptsache vom Besten!«, antwortet Lukas und selbst darüber lacht sich Gaby fast kaputt.
    Christoph erbarmt sich und kümmert sich um die Getränke. »Weißwein hättest du kalt stellen müssen!«, werde ich dann noch öffentlich getadelt. Wenn L&G nachher gehen, können sie Christoph direkt mitnehmen. Die drei scheinen ja glänzend zu harmonieren.
    »Was ist das denn auf dem Salat?«, will mein mäkeliger Mann dann auch noch wissen.
    »Wie sieht es denn aus?«, frage ich pikiert zurück.
    »Ich denke mal, das sind Pilze!«, kommt es von Gaby.
    Die Kandidatin hat 100 Punkte. Unfassbar, welches Wissen sich da auftut. Ganz ohne Telefonjoker oder Publikum.
    »Da hat Gaby recht, es sind Pilze. Champignons und Petits aus Südfrankreich. Eine total seltene Delikatesse«, informiere ich meine Gäste.
    »Kenne ich nicht!«, nörgelt mein Mann.
    Ich weiß sehr genau, was das heißt. Frei übersetzt: Was der Herr Anwalt nicht kennt, isst er nicht.
    »Gib sie mir!«, erspare ich mir eine Debatte. Den Kindern hätte ich das nicht durchgehen lassen. Die müssen wenigstens probieren. Jedenfalls an meinen konsequenten Tagen.
    »Habe ich noch nie von gehört, Petits aus Südfrankreich, aber lecker sind sie«, wundert sich Lukas.
    Tja, da konnte ich den Herrn Feinschmecker mal überraschen. Kein Wunder, dass er noch nie von Petits aus Südfrankreich gehört hat. Ich kann mir auch kaum vorstellen, dass es sie gibt, wo ich sie ja auch gerade erst erfunden habe. Aber »Pilze aus Holland« wäre als Erklärung doch etwas mau gewesen. Gemüse aus Holland hat ja per se nicht den besten Ruf. Gegenden wie die Ukraine und Co. gelten seit Tschernobyl auch nicht als die besten Pilzadressen. Ich weiß auch nicht, wie ich ausgerechnet auf Südfrankreich gekommen bin, und mal ehrlich, ich bin nicht sicher, ob in Frankreich überhaupt Pilze wachsen. Aber wahrscheinlich schon – schließlich haben die ja ein ähnliches Klima wie wir und Trüffel gibt es da auf jeden Fall. Wo feine Trüffel wachsen, wird doch wohl auch noch Platz für den Langstiel Petit sein!
    »Die sind schwer zu kriegen, und mal unter uns – auch nicht ganz billig!«, lege ich noch mal nach.
    Bei »nicht ganz billig«, zuckt Christoph zusammen. Er wird mit den Jahren immer mehr zum Sparbrötchen, eine Eigenschaft, die ich extrem unsexy finde. Gaby hält sich mit Kommentaren zurück.
    »Und wie findest du die Petits?«, frage ich sie.
    »Interessant! Aber du weißt ja, Andrea, ich mag lieber Grand als Petit.«
    Lukas kann sich kaum halten. »So ist sie, meine Gaby!«, schüttelt er sich vor Lachen.
    Habe ich diesen Scherz jetzt etwa richtig verstanden? Sie mag es lieber groß? Denken die etwa an das, woran ich jetzt auch denken muss? Wir reden über Pilze und Lukas bezieht die Bemerkung seiner Frau auf seinen Penis? Was geht nur in diesem Gehirn vor? Wie schrecklich klein ist doch

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