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Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition)

Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition)

Titel: Lacrima Nigra (Phobos) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schuck
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durchzuckte sein rechtes Knie.
    Als ihn sein Bewusstsein wieder erfasste, erkannte er die dicken Arbeitsschuhe des Arbeiters, der vor ihm stand, seinen Mantel gefasst hatte und ihn aus dem runden Kanalloch zu ziehen versuchte, in das er gefallen wäre, wenn er nicht mit dem Oberkörper auf dem gegenüberliegenden Rand aufgeprallt wäre.
    Schmerzwelle um Schmerzwelle überrollte ihn. Diese Löcher! Der Kanaldeckel war fort und trotz emsigen Suchens wurde er nicht mehr gefunden. Nach einiger Zeit bauten die beiden Arbeiter die Absperrung wieder auf und fuhren davon, einen anderen passenden Kanaldeckel aufzutreiben.
    Sie hinterließen Elko ihre Telefonnummer, wegen der Versicherung. Was konnten sie auch mehr machen? Elko allein wusste, dass sie niemals so viele Deckel finden konnten, wie es Löcher gab.
    Und nun war das Glas fort. Nur dass es nicht mit ihm vor seinem Verschwinden kommuniziert hatte so wie Mela. Gläser können nicht reden, Menschen schon. Irgendetwas war da gestern zwischen ihm und Mela geschehen. Aber auch dieses Geschehen war in einem tiefen Loch verschwunden.
    Sein Schweiß klebte Elko das Hemd an die Haut. Elko gegenüber hing ein Wafer an der Wand. Hinter Glas, elegant gerahmt. Ein Geschenk seiner Firma. Ein silberner Deckel von der Größe eines Bierdeckels. Nur teurer. Viel teurer. Und flacher, viel flacher. So flach, dass ein Haar mit seiner elastischen Dicke dagegen wie ein Ast gewirkt hätte.
    Seine Firma hatte Elko diesen hübschen Wafer geschenkt, weil er so gut gearbeitet hatte. Er erinnerte ein bisschen an eine CD. Aus Wafern werden Chips gemacht. Chips sind Speicherelemente in Computern. Auf ihnen laufen Informationen wie Ameisen über ihren Bau. Wohlgemerkt: Über . Ameisen bauen sich Gänge und klettern auch in ihren Bau.
    Die Informationen des Chips aber balancieren nur an seiner Oberfläche und dringen nicht ein. Ihre Arbeit funktioniert also rein zweidimensional. Tritt die dritte Dimension auf, geschieht ein Unglück. Die Information verschwindet auf Nimmerwiedersehen. Sie verschwindet in einem Loch.
    Genau dieses aber geschah immer wieder. Und das wurde allmählich teuer. Denn Informationen sind teuer. Manche sind sogar unwiederbringlich. Also setzte man einen Spezialisten ein. Dieser Spezialist war Elko. Schnell hatte er herausgefunden, dass die Informationen nicht etwa dort verschwanden, wo man es erwarten konnte, nämlich dort, wo der Wafer etwaige Schäden hatte. Nein, sie verschwanden an Stellen, wo selbst das Elektronenmikroskop kein Loch feststellen konnte. Sie verschwanden irgendwo zwischen den Siliziumkristallen, wie der Kanaldeckel in der Straße und das Glas in dem Tisch. Und grinsend fügte Elko jetzt hinzu: Wie Mela. Aber Mela konnte ihm mitteilen, dass sie verschwinden wollte und wohin. Es war überhaupt vorhersehbar gewesen, dass Mela verschwand. Ihr Verschwinden(Elko dachte jetzt ganz scharf nach)entsprach durchaus der Beziehung zwischen ihnen beiden. Entsprach also das Verschwinden der Informationen vom Wafer der Beziehung zwischen der Information und dem Siliziumkristall? Entsprach das Verschwinden des Kanaldeckels etwa seiner eigenen Beziehung zu seiner Arbeitsstelle oder der Kanalarbeiter zu ihrer Arbeitsstelle?
    Hatte er also gewollt , dass der Deckel verschwand?
    Elko fror es jetzt etwas im Magen. Denn ihm fiel ein, dass er Sprudelwasser eigentlich auch nicht mochte. Was war das für eine rätselhafte Energie, die sein Wille da heraufbeschworen hatte?
    Elko humpelte in die kleine Küche, um ein neues Glas zu holen. Auf dem Herd kochte noch immer das Wasser, in dem eigentlich die Dose mit der Suppe hätte schwimmen müssen. Aber Elko sah mit einem Blick, dass die Dosensuppe verschwunden war.
    Wahrscheinlich mag ich in Wirklichkeit auch keine Dosensuppen, mutmaßte Elko, während er den Topf anstarrte, in dem das Wasser völlig nutzlos kochte.
    Elko nahm sich ein neues Glas aus dem Schrank. Leichtes Kichern stieg in ihm hoch. Verrücktes Kichern. Diese Löcher! Und wenn nun die Löcher gar nicht in den Molekülgittern waren, wenn sie tatsächlich weder in der Straße, noch im Tisch noch im Topf entstanden, sondern einzig und allein in seinem Gehirn? Da stand er mit dem Glas in der Hand und erinnerte sich. Im Schrank standen noch fünf Gläser, das sechste hielt er in Hand, das siebte hatte Mela in einem Wutanfall vor zwei Monaten an die Wand geworfen und zerbrochen. Das achte war eben vom Wohnzimmertisch verschwunden. Langsam beruhigte Elko sich wieder. Der Drang

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